Politik

Insider: EU bringt Sanktionen gegen Ungarn auf den Weg

Die Spannungen zwischen der EU und Ungarn nehmen zu.
05.04.2022 15:44
Aktualisiert: 05.04.2022 15:44
Lesezeit: 2 min
Insider: EU bringt Sanktionen gegen Ungarn auf den Weg
Die von der Europäischen Kommission zur Verfügung gestellte Aufnahme zeigt Ursula von der Leyen (r), künftige Präsidentin der Europäischen Kommission, und Viktor Orban, Ministerpräsident von Ungarn im Berlaymont, dem Sitz der Europäischen Kommission. (Foto: dpa) Foto: Jennifer Jacquemart

Zwei Tage nach seiner faktischen Wiederwahl steht dem ungarischen Premier Viktor Orbán wieder Streit mit der Europäischen Union ins Haus. Die EU werde noch am Dienstag Disziplinarmaßnahmen gegen Ungarn auf den Weg bringen, sagten zwei mit der Sache vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Das Vorhaben könne dazu führen, dass Finanzmittel für Orbáns Regierung eingefroren werden.

Orbáns nationalkonservative Fidesz-Partei hatte am Sonntag die Parlamentswahlen mit überraschend großem Vorsprung gewonnen. Orbán steht damit vor seiner vierten Amtszeit. Die EU liegt seit Jahren in vielen Fragen mit Orbán über kreuz. So hat sie im Streit über Demokratie-Standards bereits Gelder für Ungarn eingefroren.

Zum erneuten Wahlsieg des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán meint die „Neue Zürcher Zeitung“ am Dienstag:

„Die vom Oppositionsbündnis angeprangerten Missstände wie die drückende Inflation, Armut, ein desolates Gesundheitswesen und vor allem die Korruption in Orbáns Umfeld nannten viele Ungarn als drängende Sorgen. Der russische Überfall auf die Ukraine änderte jedoch alles. Orbán präsentierte sich als einzigen Garanten für Sicherheit und Stabilität, gerade wegen seiner guten Beziehungen zu Moskau. Alle anderen Themen rückten darum in den Hintergrund.

Nach der krachenden Niederlage ist die Gefahr groß, dass die Opposition wieder in ihre Einzelteile zerfällt. Auf weite Sicht ist nicht erkennbar, wer die Macht Orbáns und seiner Partei dereinst brechen könnte. (...) Das zeigt, dass Orbán dank seinem politischen Talent und den von ihm geschaffenen Strukturen weitgehend selber bestimmen kann, wie lange er noch die Geschicke Ungarns lenken will. Er ist mit dem Sieg vom Sonntag stärker denn je und wird dies seine Gegner im In- und Ausland spüren lassen. Brüssel sollte sich darauf einstellen. Die Debatten um Rechtsstaatlichkeit, Fördermittel oder Sanktionen gegen Russland werden wohl noch schwieriger werden.“

Die „FAZ“ berichtet:

„In Ungarn hat eine konservativ und national ausgerichtete Partei abermals eine klare Parlamentsmehrheit errungen. Das ist anzuerkennen, auch von jenen, die sich in oder für Ungarn eine andere Regierung gewünscht hatten. (...) Der Wahlsieg vom Sonntag hat aber einen schweren Makel, an dem man ebenso wenig vorbeikommt. Er ist unter sehr unfairen Bedingungen zustande gekommen. Orbán und seine Leute haben sich der staatlichen Ressourcen und Machtmittel dazu bedient, die Opposition kleinzuhalten und die eigene Kampagne zu verstärken. (...) Dagegen gibt es von außen keine Zwangsmittel, auch nicht innerhalb der EU. (...) Wohl aber gibt es inzwischen einen Hebel gegen einen weiteren Missstand, nämlich die grassierende Korruption, die nicht zuletzt aus EU-Geld genährt wird.“

Die polnische Zeitung „Rzeczpospolita“ kommentierte am Dienstag den erneuten Wahlsieg des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán:

„Die Ungarn wählten beinahe an dem gleichen Tag, an dem die grauenerregenden Bilder aus Butscha um die Welt gingen. Man kann dies als Symbol werten und gleichzeitig als Prognose. Es ist symbolisch, dass sie der eigenen, antiukrainischen und Putin unterstützenden Propaganda glaubten. Das Ergebnis der Wahl zeigt die Richtigkeit der bekannten These, dass das System Orbán wie eine große Bank ist - zu groß, um es auf demokratische Weise zu stürzen. Es zeigt auch, dass wir innerhalb des Westens, der derzeit geeint ist wie noch nie, eine undemokratische, korrupte und illiberale Enklave haben.

Orbáns Äußerung am Wahlabend, wonach man es Brüssel gezeigt habe, deutet darauf hin, dass der Führer des ungarischen Volks seine Strategie einer ,Öffnung nach Osten‘ fortsetzen wird. Nur befindet er sich damit vollkommen isoliert im geeinten Westen. Und die Ungarn, die ihm vertrauen, in ihm einen Befreier des Volkes und einen wahren Messias sehen, stehen mal wieder auf der falschen Seite der Geschichte - so, wie dies schon öfter bei ihnen der Fall war.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trotz US-Verboten finden chinesische Tech-Giganten Wege, um im KI-Rennen zu bleiben
14.06.2025

Die USA wollen Chinas Aufstieg im KI-Sektor durch Exportverbote für High-End-Chips stoppen. Doch Konzerne wie Tencent und Baidu zeigen,...

DWN
Technologie
Technologie Einsatz von Tasern: Diskussion um „Aufrüstung“ der Polizei
14.06.2025

Taser gelten als umstritten, nun will Innenminister Alexander Dobrindt damit die Bundespolizei ausrüsten. Kritik kommt von Niedersachsens...

DWN
Finanzen
Finanzen Dividendenstrategie: Für wen sie sich im Aktiendepot lohnen kann
14.06.2025

Mit einer Dividendenstrategie setzen Anleger auf regelmäßige Erträge durch Aktien. Doch Ist eine Dividendenstrategie sinnvoll, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Krisenmodus in der Industrie: Autohersteller weichen Chinas Regeln aus
14.06.2025

Weil China den Export kritischer Magnetstoffe drastisch beschränkt, geraten weltweite Lieferketten ins Wanken. Autohersteller suchen eilig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft H&M baut Milliardenhandel mit Secondhand-Mode aus
14.06.2025

H&M will das Image der Wegwerfmode abschütteln – mit gebrauchten Designerstücken mitten im Flagshipstore. Wird ausgerechnet Fast...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Atomkraftgegner fordern Ende der Uran-Geschäfte mit Kreml
14.06.2025

Atomkraftgegner wenden sich an die Bundesregierung: Sie fordern einen Stopp russischer Uranlieferungen nach Lingen. Auch die hybride Gefahr...

DWN
Finanzen
Finanzen Teuer Wohnen in Deutschland: Rund jeder Siebte zahlt mehr als halben Monatslohn für Miete
14.06.2025

Nach der Mietzahlung ist bei manchen nicht mehr viel übrig für den Rest des Monats, zeigt eine Studie. Jedoch haben viele Menschen auch...

DWN
Technologie
Technologie Autoren fragen, ob ihre Werke für künstliche Intelligenz genutzt werden können – eine unmögliche Mission?
14.06.2025

Ein Ex-Spitzenmanager von Meta warnt: Wenn KI-Unternehmen vor jedem Training urheberrechtlich geschützte Werke lizenzieren müssten,...