Bundeskanzler Olaf Scholz hat die sofortige Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien gefordert. «Die vor zwei Jahren fest zugesagten Beitrittsverhandlungen müssen jetzt beginnen. Ich werde mich jedenfalls dafür stark machen», sagte der SPD-Politiker am Samstag nach einem Gespräch mit Nordmazedoniens Regierungschef Dimitar Kovacevski in Skopje. «Mein Wunsch: Es soll jetzt klappen.»
Er bekräftigte, dass es Deutschland ernst meine mit der Integration der Staaten des westlichen Balkans in die Europäische Union. «Das gilt ganz besonders für Nordmazedonien. Die EU steht besonders gegenüber Nordmazedonien im Wort, das alle Voraussetzungen für den Beginn der Beitrittsverhandlungen erfüllt hat.» Scholz würdigte die «politische Kraft», die eine Verständigung des Landes mit Griechenland möglich gemacht habe. «Deshalb sollte uns der Rest der Aufgaben auch noch gelingen.»
Vor knapp 20 Jahren sei den sechs Ländern des westlichen Balkans der EU-Beitritt in Aussicht gestellt worden. Man habe «als Europäische Union hier auch eine Verpflichtung, die Glaubwürdigkeit unserer eigenen Versprechungen umzusetzen und zu realisieren», sagte der Kanzler.
Kovacevski machte deutlich, dass sich sein Land vom EU-Gipfel am 23. und 24. Juni eine Bestätigung für den Beginn der Beitrittsverhandlungen erhoffe. «Wir erwarten uns einen Schritt, den wir verdient haben.» Nordmazedonien habe große Anstrengungen unternommen und Verwaltung und Justiz reformiert. «Der Besuch von Bundeskanzler Scholz ist ein starkes Signal dafür, dass Berlin anerkennt, dass wir die Kriterien für den Beginn von Beitrittsverhandlungen erfüllen.»
Auch Scholz erkannte an, dass die Bürger und die Regierung des Landes «sehr hart gearbeitet» hätten, um den Weg für Beitrittsverhandlungen frei zu machen. Nun sollte für diese Anstrengungen die Ernte anstehen. Scholz ermunterte das Land, den eingeschlagenen Reformweg weiter zu gehen. Zugleich würdigte er, dass Nordmazedonien die EU-Positionen und Sanktionen gegenüber Russland voll mittrage. «Das ist ein weiterer Beleg dafür, wie fest Nordmazedonien auf dem Grund europäischer Werte steht und auch bereit ist, dafür einzustehen.»
Nordmazedonien ist seit 17 Jahren EU-Beitrittskandidat. Im Juli 2020 gab die EU-Kommission im Prinzip grünes Licht für konkrete Verhandlungen. Diese werden aber von Bulgarien wegen eines Streits um Geschichtsschreibung und Rechte der bulgarischen Minderheit in Nordmazedonien blockiert.
Kovacevski sagte in der Pressekonferenz mit Scholz dazu: «Wir sehen, es gibt politische Turbulenzen in Bulgarien, wir haben darauf keinen Einfluss, wir können das nicht kommentieren oder interpretieren.» Es sei aber augenscheinlich, dass diese Frage im Nachbarland zu einer innenpolitischen Frage geworden sei und «oft einseitig instrumentalisiert und politisiert» werde.
Zugleich seien aber die Außenministerien beider Länder in einem Gesprächsprozess, um die Hindernisse für die Aufnahme von EU-Beitrittsgesprächen auszuräumen. «Wenn es dabei zu einer für beide Seiten akzeptablen Lösung kommt, wird dies in einem gemeinsamen Dokument festgehalten», sagte der Regierungschef. «Derzeit gibt es aber ein derartiges gemeinsames Dokument nicht.»
Bulgarien beharrt auf Veto gegen EU-Gespräche mit Nordmazedonien
Bulgarien beharrt auf seine Vorbedingungen für einen Beginn von Beitrittsgesprächen der Europäischen Union mit Nordmazedonien. Dafür müsste durch die EU garantiert werden, dass die in Nordmazedonien lebenden Bulgaren in die Verfassung aufgenommen werden, damit ihre Rechte eingehalten würden, sagte der bulgarische Regierungschef Kiril Petkow am Samstag in Sofia nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Scholz.
Scholz warb auch in Sofia für die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien. Er zeigte aber auch Verständnis für die Schwierigkeiten der Kompromisssuche. «Diese Dinge können nicht verordnete werden, sie müssen gemeinsam zustande gebracht werden», sagte er. «Ich denke, es gibt Chancen für Fortschritte.» Scholz rief dazu auf, die historischen Differenzen zu überwinden.
«Die EU muss Teil der Garantie sein, damit wir Schritte vorwärts machen können», so Petkow. Er verlangte auch, dass ein bilateralen Freundschaftsvertrag aus dem Jahr 2017 eingehalten und ein bulgarisches Rahmendokument von 2019 berücksichtigt werden müsse. «Die EU muss Teil der Garantie sein, damit wir Schritte vorwärts machen können», betonte der bulgarische Regierungschef.