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Waldbrände: Die Klimapolitik hat das Klima nachhaltig ruiniert

Lesezeit: 6 min
20.08.2022 09:30
In den vergangenen Wochen wurden in Europa und weltweit hunderttausende Hektar Wald durch Brände vernichtet. Und zwar endgültig. Die fatale Kombination von grüner Ideologie und politischem Aktionismus hat unsere Wälder unrettbar ruiniert.
Waldbrände: Die Klimapolitik hat das Klima nachhaltig ruiniert
Der Wald, wie wir ihn kennen, ist nicht mehr zu retten. (Foto: dpa)
Foto: Joao Henriques

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Die Bäume waren nicht mehr in der Lage, die Hitze und die Trockenheit zu bewältigen und erwiesen sich als leichter Raub der Flammen. Mit den traditionellen Baumsorten ist eine Aufforstung der durch verheerende Brände verloren gegangene Fläche kaum möglich, weil auch die neuen Pflanzungen nicht überleben können. Nur die Pflanzung von hitzeresistenten Bäumen sichert die Wiederherstellung des Waldes.

Bevor das Ziel erreicht werden kann, vergehen Jahrzehnte, weil Bäume nicht über Nacht wachsen. Auch findet die Neuorientierung nicht flächendeckend statt, sondern in Einzelprojekten, sodass sich ein noch längerer Zeithorizont öffnet. Die derzeit zu beobachtende Reaktion ist vielfach ein hilfloser Hinweis auf den nun einmal gegebenen Klimawandel und die Feststellung, dass man mit der bereits eingetretenen Katastrophe und weiteren Waldbränden heuer und in Zukunft wird leben müssen.

Fatale Kombination von grüner Ideologie und politischem Aktionismus

Kaum zur Kenntnis genommen wird die Tatsache, dass die Vernichtung der Wälder eine Konsequenz der inkompetenten Klimapolitik ist, die seit Jahrzehnten betrieben wird. Seit den Achtzigerjahren machen Fachleute aus den verschiedensten Wissensgebieten auf die entscheidende Rolle der Bäume für die Sicherung des Klimas, des Wasserhaushalts und nicht zuletzt für die Speicherung von CO2 aufmerksam. Statt also vor nunmehr vierzig Jahren mit einer umfassenden Aufforstung zu beginnen, die heute schon Früchte zeigen würde, stolperte die Politik in zwei einander ergänzende Irrwege.

  • Die Grünen entwickelten eine Ideologie, die an Religionen erinnert. Der Mensch sei der Verursacher des Klimawandels, die aktuelle Lebensweise mit Autos, Flugzeugen und anderem technischem Komfort führe in den Untergang, also sei der Mensch der Sünder und müsse sich ändern. Die Geschichte ist reich an Versuchen, den Menschen zu ändern. Alle sind kläglich gescheitert, haben aber über lange Strecken für große Belastungen gesorgt, bevor man sich von den Ideologen verabschieden konnte.
    • Als Autor von Artikeln, die für Aufforstungen plädieren, bekommt man entlarvende Zuschriften: Man möge derartige Kommentare unterlassen, weil sich dann der Mensch nicht ändern würde. Das ist die Einstellung der grünen Ideologen zu „Bruder Baum“.
  • Die traditionellen Parteien nahmen lange den Klimawandel nicht zur Kenntnis und gerieten nach und nach in einen lächerlichen Aktionismus. Man werde dieses oder jenes, und zwar bis zum Jahre x, nein, schon früher, bereits bis zum Jahre w tun. Das „man werde“ konzentrierte sich auf den CO2-Ausstoß und so entstand der Eindruck, man müsse nur den CO2-Ausstoß reduzieren und schon wären alle Klimaprobleme gelöst. Die zahllosen anderen Faktoren, die das Klima mitbestimmen, vom Treibhausgas Methan über die Rolle der Sonne bis zur Wirkung der Meeresströmungen und anderen Treibern, werden ausgeblendet. Es geht nur um CO2. Diese Botschaft dominiert auch heute.
    • Die Absurdität fällt den Akteuren nicht auf: Weil in zwanzig Jahren kein Benzin-Auto mehr auf den Straßen fahren darf, hören heute die Waldbrände, die Starkregen und die Überschwemmungen auf?! Weil bis zum Ende des Jahrhunderts die Klimaerwärmung um drohende 4 Grad gestoppt sein soll, weicht die aktuelle Hitze einer kühlenden Frische?!

Die fatale Kombination von grüner Ideologie und traditioneller Politik der großen Reden und kleinen Handlungen hat bewirkt, dass nun vierzig Jahre versäumt wurden. In dieser Zeit wäre die Rolle des Waldes als Garant eines funktionieren Klimas auszubauen gewesen.

Der Ruf nach Mischwald wurde nicht gehört

In diesen Jahrzehnten hätte man sogar jahrtausendealte Klimasünden korrigieren können: Im gesamten Mittelmeerraum wurde im Altertum der Wald als wichtigste Energiequelle ausgebeutet. Eine genutzte Fläche nach der anderen wurde aufgegeben, man wechselte einfach zum nächsten Forst. Bis heute sind die Schäden nicht behoben. Die in der antiken Literatur geschilderten, milden Klimabedingungen sind nicht mehr nachvollziehbar. Als Demonstrationsbeispiel sei auf die kahle Insel Zypern verwiesen, wo jeder Baum als Heizmaterial für die Kupfergewinnung verwendet wurde.

Statt alte, lange wirkende Fehler zu korrigieren, wurden in der jüngsten Vergangenheit neue gemacht. Die generelle Aussage, es wurde zu wenig Aufforstung betrieben, greift zu kurz. Die Liste der Versäumnisse ist lang.

  • Die Widerstandskraft und ökologische Leistungsfähigkeit eines Waldes leidet bei einer Monokultur. Der Mischwald sollte also dominieren. Das ist oft nicht der Fall. Die Bewirtschaftung eines beispielsweise reinen Fichtenwalds ist naturgemäß leichter. Dies gilt für viele Betriebe.
    • In einigen Zonen, vor allem in Nordeuropa, wurde eine weitergehende Praxis entwickelt: Die Bäume werden in Reihen gepflanzt, in genau bemessenen Abständen, damit die Maschinen leichter den Schnitt besorgen können. Auf diese Weise ist zwar das größte kommerzielle Ergebnis zu erzielen, es entsteht aber kein Wald, der eine Klimafunktion ausüben könnte. Auch kann sich kein Waldboden entwickeln, der für die zahllosen Insekten und Kleintiere notwendiger Lebensraum ist.
  • In der aktuellen Situation reicht ein Wechsel zum traditionellen Mischwald nicht mehr aus, dafür ist es mittlerweile zu spät. Auch die besser für die Hitze gerüsteten Bäume wie die Buche und die Esche sind den nun gegebenen Temperaturen nicht mehr gewachsen. Viele Eschen wurden zudem durch einen Pilz vernichtet.
  • Die Lösung, die auch schon in einigen Forstbetrieben getestet wird, besteht in der Mischung mit Bäumen, die sich in Hitzeregionen bewährt haben. Besondere Beachtung verdient in diesem Zusammenhang die Silberlinde, die in Südosteuropa stark verbreitet ist und sich bei der in bescheidenem Umfang betriebenen Aufforstung der im Altertum vernichteten Wälder bewährt.
    • Wälder sind Gemeinschaften, die Bäume praktizieren einen regen Austausch über die Wurzeln und bilden gleichsam Genossenschaften. Schon aus diesem Grund kann nicht jede beliebige Baumart importiert werden, jede neue Sorte muss auch angenommen werden.
    • Entscheidend ist zudem, ob die Insekten und die sonstige Fauna ausreichend Nahrung und Quartier finden. All dies dürfte bei der Silberlinde der Fall sein, da Südosteuropa eine nahe gelegene Zone ist.
    • Die Silberlinde kann kein Allheilmittel sein. Man wird mit großer Offenheit alle sich bietenden Möglichkeiten nützen müssen. Für Optimismus sorgt der Umstand, dass eine vor kurzem erfolgte, mit Flugzeugen durchgeführte Erfassung der Sahara ein erstaunliches Ergebnis gebracht hat: Die Fotos und Filme zeigen einen reichen Baumbestand in der Wüste. Man wird vermutlich nicht einfach Sahara-Bäume in Deutschland oder Österreich einsetzen können, aber festzuhalten ist: Bäume können auch bei extremer Hitze und Trockenheit überleben, die Sahara-Bäume empfehlen sich als Lehrmeister.

Konstruktive Auseinandersetzungen mit den Thema Wald scheitern meist an dem Hinweis, dass die Wachstumszeit eines Baumes hundert Jahre beträgt. Da schalten Politiker ab, die nur die kommenden vier oder fünf Jahre bis zur nächsten Wahl interessieren. Aber auch Wirtschaftstreibende und Private werden von dieser Dimension überfordert. Forstleute betonen gerne die langen Perioden, die das Besondere der Forstwirtschaft unterstreichen, und merken nicht, dass sie damit das Engagement für ihren so lebenswichtigen Bereich sabotieren.

Wald ist lohnendes Ziel für EU-Milliarden

Es geht nicht nur um das Einpflanzen von Baumsetzlingen und das Abwarten des nachfolgenden Jahrhunderts. Zur Debatte steht jetzt das Auffinden von hitzeresistenten Sorten und die Durchmischung mit bestehenden Forsten, um diese widerstandsfähiger zu machen. Da kann der Import von Jungbäumen helfen, die zwar nicht in Kürze ausgewachsen sein werden, aber schon bald die Qualität der Bestände verbessern sollten. Auch die aufwändige und kostspielige Beschaffung älterer Bäume muss als Alternative gesehen werden. Kurzum, es gilt flexibel die vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen und das scheinbar unbewegliche Gebilde Forst in eine neue Richtung zu lenken. Dann wird man nicht morgen und nicht übermorgen, aber in Kürze positive Effekte erzielen. Genau, wie man schon in den Achtzigerjahren auf die Warnungen der Klimaexperten hätte reagieren sollen und heute, vierzig Jahre später, nicht vor einer Katastrophe stünde. Eine neue Forstwirtschaft würde auch eine großzügige Förderung durch die öffentliche Hand rechtfertigen.

Die Baumbestände oder besser die Gefährdung der Baumbestände sollte nicht nur aus der Sicht des Forsts betrachtet werden. Die Aufgabe tausender landwirtschaftlicher Betriebe führt dazu, dass viele Flächen nicht bewirtschaftet werden und von Büschen bedeckt werden. Letztlich entsteht eine Art Wald, man spricht auch vom „Zuwalden“. Dieses Phänomen bedeutet eine weitere Fehlentwicklung. Der Umstand, dass die Landwirtschaft durch die hohe Produktivität in Europa weniger Flächen benötigt, ergibt – ergäbe – eine willkommene Gelegenheit um den Wald zu erweitern.

Allerdings ist dies nicht möglich, wenn da und dort ein Flecken verwildert. Notwendig wäre eine koordiniert vorgenommene Flächenwidmung, die auf regionaler Ebene von den Betrieben in Zusammenarbeit mit den Agrargenossenschaften und den Behörden beschlossen und umgesetzt wird. In der Praxis ist eine derartige Politik schwer umzusetzen, wie die Erfahrungen mit den seit dem 19. Jahrhundert vorgenommenen Flurbereinigungen auf der Basis von Flurverfassungsgesetzen zeigen. Um die Neuordnung einer Region zu erreichen müssen Grundeigentümer bereit sein, eigene Gründe gegen andere zu tauschen, Zweckwidmungen zu akzeptieren und möglicherweise nicht immer nur Vorteile zu erzielen. In der Vergangenheit ging es mehr um die Zusammenlegung von Ackerflächen. Dies wäre auch heute ein Thema, doch sollte eine Neuordnung vor allem dafür sorgen, dass aufgegebene Flächen nicht ungenützt bleiben, sondern ein Forst entsteht, der allen nützt.

Hilfreich wäre eine Neuorientierung der EU-Agrar- und Regionalpolitik. Beide Bereiche gemeinsam haben ein Jahresbudget in der Größenordnung von 90 bis 100 Milliarden Euro. Im Agrarbereich zeigt die Aufgabe von abertausenden Betrieben das Versagen der Gemeinsamen Agrarpolitik GAP, in der Regionalpolitik wird mit der Gießkanne das große Budget auf zahlreiche Mini-Projekte verteilt, die noch dazu im Rahmen komplizierter Bürokratien mit lokalen Stellen kofinanziert werden. Hingegen sollte eine gut dotierte Aktion zur Förderung von neuen Wäldern die persönlichen Eitelkeiten und Begehrlichkeiten in den Hintergrund drängen und in so mancher Region eine sinnvolle Neuordnung begünstigen.

Wie wird die Zukunft aussehen? Leider anders. Weitere Klimakonferenzen werden nichts bewirken, die Raumordnungen bleiben Raum-Unordnungen, die Wälder werden weiter brennen, die Starkregen weiter fallen und die Temperaturen steigen.

                                                                            ***

Ronald Barazon war viele Jahre Chefredakteur der Salzburger Nachrichten. Er ist einer der angesehensten Wirtschaftsjournalisten in Europa und heute Chefredakteur der Zeitschrift „Der Volkswirt“ sowie Moderator beim ORF.


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