Finanzen

US-Banken verlieren Einlagen in Rekordhöhe

Lesezeit: 2 min
14.09.2022 11:34  Aktualisiert: 14.09.2022 11:34
Die Einlagen bei den US-Banken sind im zweiten Quartal um 370 Milliarden Dollar gefallen, so stark wie niemals zuvor. Die Straffung der Fed belastet das Bankensystem.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Einlagen bei US-Banken sind im zweiten Quartal zum ersten Mal seit 2018 zurückgegangen, und zwar um einen neuen Rekordwert von 370 Milliarden Dollar. Nach Angaben der Federal Deposit Insurance fielen die Einlagen zum 30. Juni auf 19,563 Billionen Dollar, gegenüber 19,932 Billionen Dollar zum 31. März.

Der massive Abfluss ist vorerst kein Problem für die amerikanischen Banken, die derzeit auf weit mehr Einlagen sitzen, als sie benötigen. Denn in den zwei Jahren des Kampfes gegen Corona sind die Einlagen aufgrund der Konjunkturprogramme um etwa 5 Billionen Dollar angestiegen.

Nun wird durch eine Reihe von Zinserhöhungen der Federal Reserve ein Teil dieses Geldes aus dem System abgezogen. Denn infolge der höheren Zinsen sinkt die Nachfrage nach Krediten und die Nachfrage nach wieder höher verzinsten Staatsanleihen steigt.

Als die Federal Reserve in diesem Jahr begann, ihren Leitzins zu erhöhen, hofften die Banken, dass einige Kunden ihr Geld in höher verzinste Anlagen wie Staatsanleihen verlagern. Doch die Fed hat die Zinsen überraschend schnell erhöht, und der Rückgang der Einlagen ist nun entsprechend stark.

Die Abflüsse von Einlagen werden nun die Debatte darüber anheizen, wie sich die Maßnahmen der US-Notenbank zur Verringerung der Geldmenge und zur Verlangsamung der Inflation in einem mit Liquidität überfluteten Bankensystem auswirken werden.

Die Konjunkturprogramme während der Pandemie haben die Höhe der Reserven, die die Geschäftsbanken bei der Fed halten, fast verdreifacht. Die Fed will diese Reserven reduzieren, aber nur bis zu einer bestimmten Grenze, welche die Märkte weiterhin liquide und funktionsfähig hält.

Einige Analysten erwarten, dass der Rückgang der Kundeneinlagen die Banken dazu veranlassen wird, weniger Reserven bei der Fed zu halten. Wie schnell dies geschieht, wird unter anderem Auswirkungen darauf haben, wann die Notenbank die Straffung beendet und wie groß ihre Bilanz letztendlich sein wird.

Erschwert werden die Prognosen zur Entwicklung der Bankreserven durch ein 2,2 Billionen Dollar schweres Programm der Federal Reserve Bank of New York namens "Reverse Repurchase Agreements Operations" (Umgekehrte Rückkaufvereinbarungen).

Dabei nimmt die Notenbank von interessierten Investoren - größtenteils sind dies Geldmarktfonds - Einlagen an und gibt im Gegenzug Staatsanleihen aus. Die Federal Rerserve zahlt den Investoren derzeit immerhin 2,3 Prozent Zinsen auf dieses bei ihr angelegte Geld.

Die Reverse Repos begannen im April letzten Jahres massiv in die Höhe zu schnellen. Denn die Geldmarktfonds, die seit Anfang letzten Jahres ebenfalls mit Geld überschwemmt worden waren, benötigten Wertpapiere zum Kauf, sodass die Fed einsprang und verzinste Reverse Repurchase Agreements anbot.

Viele Analysten dachten, dass das Geld zuerst aus der Reverse-Repo-Fazilität abfließen würde. Bislang ist jedoch das Gegenteil eingetreten, und die Einlagen bei den US-Banken sind zurückgegangen, was wiederum deren Einlagen bei der Fed schneller als erwartet verringert hat.

Daher glauben einige Ökonomen, dass die Fed ihre geldpolitische Straffung schon Anfang nächsten Jahres einstellen könnte. "Bei den Reserven sind wir viel näher am Boden, als es Konsens ist", zitiert das Wall Street Journal Mike Cloherty, Leiter der Zinsstrategie bei der Schweizer Investmentbank UBS.

Bill Nelson, Chefvolkswirt des Bank Policy Institute und ehemaliger Fed-Beauftragter für die Geldversorgung, ist weiter der Ansicht, dass das Reverse-Repo-Programm im nächsten Jahr wahrscheinlich zurückgehen wird, was der Fed eine fortgesetzte Straffung ermöglichen würde.

Aber auch Nelson räumt ein, dass die Chancen sich verschieben könnten. "Es besteht definitiv die Möglichkeit, dass wir einen schnellen Abfluss von Einlagen erleben", sagte er. In der Folge müsste die Fed ihre derzeit mit Härte betriebene geldpolitische Straffung beenden.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Entmilitarisierte Zone entlang der Front? Erste Pläne zur Umsetzung von Trumps Wahlkampf-Versprechen
07.11.2024

Donald Trump hat die Wahl mit einer klaren Mehrheit gewonnen. Nun beginnen Vorbereitungen für die Machtübernahme. Die Demokraten hingegen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ampel-Aus: Wirtschaft fordert Steuersenkungen und das Lockern der Schuldenbremse
07.11.2024

Stabilität, Verlässlichkeit, Vertrauen – all dies bot die Ampel-Regierung in den vergangenen Wochen nicht. Stattdessen gab es Zoff und...

DWN
Politik
Politik Nato-Generalsekretär Mark Rutte erwartet neue Geld-Debatte mit Donald Trump
07.11.2024

Der Streit um Verteidigungsausgaben brachte die Nato in der ersten Amtszeit von Trump zeitweise an den Rand des Abgrunds. Wird es nun noch...

DWN
Politik
Politik Kollateralschaden? Gesundheitsminister Lauterbach sorgt sich um seine Krankenhausreform
07.11.2024

Die Ampel-Koalition ist am Ende. Was wird nun aus noch laufenden Vorhaben? Der Gesundheitsminister will eine Großoperation trotz allem ins...

DWN
Politik
Politik Exportnation Deutschland im Tief: Das Land ist schlicht "nicht wettbewerbsfähig"
07.11.2024

Drohende US-Zölle und eine Bundesregierung auf Abruf: Schwere Zeiten für die deutsche Wirtschaft. Die jüngsten Konjunkturdaten machen...

DWN
Politik
Politik Ampel-Aus: Was dann? Wie geht's jetzt weiter?
07.11.2024

Wann finden die Neuwahlen statt? Das ist die drängende Frage, die Deutschland beschäftigt. Gestern kam es mit einem Paukenschlag zum...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Förderbank des Bundes: KfW vergibt weniger Fördermilliarden und macht mehr Gewinn
07.11.2024

Das Geschäft der Förderbank normalisiert sich nach mehreren Krisenjahren zusehends. Dennoch verdient die KfW Bankengruppe gut.

DWN
Politik
Politik Welche Projekte Kanzler Scholz bis Jahresende noch durchbringen will
07.11.2024

Die FDP geht raus aus der Regierung. Der Kanzler und die Minister von SPD und Grünen bleiben. Das macht es schwierig, wichtige Pläne noch...