Finanzen

Deutschland: Nachfrage nach Baufinanzierung bricht ein

Das Neugeschäft deutscher Banken für Baufinanzierung liegt auf dem niedrigsten Stand seit 2014.
13.11.2022 06:00
Lesezeit: 2 min
Deutschland: Nachfrage nach Baufinanzierung bricht ein
Für viele Menschen ist der Kauf einer Immobilie nicht mehr finanzierbar. (Foto: dpa) Foto: Julian Stratenschulte

Die Nachfrage nach Baufinanzierung ist wegen rasant steigender Zinsen, hohen Baupreisen und der Rekordinflation weiter gefallen und macht sich inzwischen auch im Neugeschäft deutscher Banken stark bemerkbar. Für viele Menschen ist der Kauf einer Immobile jetzt nicht mehr finanzierbar.

Neue Daten der Beratungsfirma Barkow Consulting zeigen, dass das Neugeschäft deutscher Banken mit Immobiliendarlehen, die an Privathaushalte und Selbstständige vergeben wurden, im September um 28 Prozent verglichen mit dem Monat davor, eingebrochen ist.

Mit einem Volumen von 16,1 Milliarden Euro lag das Neugeschäft auf dem niedrigsten Stand seit 2014, so die Analyse, die sich auf Zahlen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bundesbank bezieht.

Zu berücksichtigen bei den Zahlen sei, dass das von der EZB und der Bundesbank ausgewiesene Neugeschäft aus Verlängerungen oder Neuverhandlungen bereits bestehender Finanzierungen und auch aus erstmals abgeschlossenen Krediten besteht, so Barkow Consulting.

Rasant höhere Zinsen

Schon in den vergangenen Monaten ist das Neugeschäft mit Baufinanzierungen wegen den stark ansteigenden Zinsen zurückgegangen.

Seit Jahresbeginn haben sich die Zinsen für zehnjährige Immobilienkredite auf rund vier Prozent mehr als vervierfacht. „So einen Zinsanstieg gab es noch nie,“ sagte Barkow Consulting Berater Peter Barkow. Hinzu kommt, dass Banken wegen der hohen Inflation Anträge auf Immobilienkredite strenger prüfen. Die EZB hat den Leitzins im letzten Monat um 0,75 Punkte auf 2 Prozent angehoben - der höchste Stand seit über zehn Jahren.

Bei der Nachfrage nach Immobilienkrediten hat dieses Spuren hinterlassen. Laut Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC erreichte das Neugeschäft bei Wohnungsbaukrediten deutscher Banken an Privathaushalte im März noch ein Allzeithoch von 32 Milliarden Euro, fiel aber in den folgenden Monaten auf 18,5 Milliarden Euro.

Baufinanzierungen: großes Geschäft für Banken

Für deutsche Banken ist Baufinanzierungen ein wichtiges Geschäft. Private Immobiliendarlehen bilden mit rund 40 Prozent den größten Anteil in ihrem Kreditbuch, schreibt Barkow. Nach Jahren des Booms lag der Bestand im September bei 1555 Milliarden Euro.

Der Rückgang bei den Baufinanzierungen macht den Banken Sorgen, so der Spiegel. Bankdirektoren sagen, die Nachfrage sei von einem Tag auf den anderen eingebrochen und viele Projekte im Planungsstadium werden storniert. Der Vizechef der Deutschen Bank, Karl von Rohr, geht davon aus, „dass das Immobiliengeschäft branchenweit nicht nur kurzfristig, sondern auf mittlere Sicht schwächer ausfallen wird“.

Die Bauzinsen sind nicht direkt von EZB-Zinsentscheidungen abhängig, sondern orientieren sich an der Verzinsung von Bundesanleihen. Für maßgebliche deutsche Anleihen mit einer Laufzeit müssen derzeit etwa 2,15 Prozent bezahlt werden - vor zwölf Monaten waren es noch minus 0,2 Prozent. Schon vor den Zinserhöhungen der Notenbank waren die Bauzinsen gestiegen.

Hohe Zinsen sind vor allem schlecht für diejenigen, die ein neues Darlehen brauchen oder die sich um eine Anschlussfinanzierung für einen Immobilienkredit bemühen. Bei laufenden Hypothekenkrediten ändert sich für Kunden nichts an der Zinshöhe.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Vera von Lieres

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
15.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzielles Notfallpaket: So sichern Sie Ihr Vermögen in Krisenzeiten
15.11.2025

In Zeiten wachsender Unsicherheiten rückt neben Notvorräten und Fluchtplänen auch die finanzielle Absicherung in den Fokus. Marek...

DWN
Politik
Politik Für einen Kampfjet braucht es 400 Kilogramm seltene Erden: Europa im Wettbewerb mit China und den USA
15.11.2025

Seltene Erden sind zu einem entscheidenden Faktor in globalen Machtspielen geworden und beeinflussen Industrie, Verteidigung und Hightech....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klassengesellschaft 2.0 – Warum Demokratie ohne soziale Gleichheit zerbricht
15.11.2025

In Deutschland redet kaum jemand über Klassen – als wäre soziale Herkunft heute keine Machtfrage mehr. Doch die Soziologin Prof. Nicole...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzblasen 2025: Wo der nächste große Crash drohen könnte
15.11.2025

An den Finanzmärkten steigt die Nervosität. Künstliche Intelligenz treibt Bewertungen auf Rekordhöhen, Staaten verschulden sich wie nie...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienpreise: Boom zu Neuverträgen – eine Prognose
15.11.2025

Laut ifo sind Neuverträge in Großstädten um 48 Prozent teurer als Bestandsverträge. Das, so Experten, ist nicht nur ein Problem für...

DWN
Finanzen
Finanzen So profitiert Trumps Familie im Kryptosektor: CZ-Deals bringen Milliarden
14.11.2025

Der Fall um Čangpeng Žao und die Trump Familie wirft ein Schlaglicht auf die Verknüpfung von Kryptowährungen, Finanzströmen und...