Politik

Karlsruhe erlaubt Schuldenaufnahme durch die EU

Das Bundesverfassungsgericht hat Beschwerden gegen die deutsche Beteiligung an der ersten großen Schuldenaufnahme durch die EU zurückgewiesen.
06.12.2022 12:00
Aktualisiert: 06.12.2022 12:00
Lesezeit: 1 min
Karlsruhe erlaubt Schuldenaufnahme durch die EU
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts am Dienstag in Karlsruhe. (Foto: dpa) Foto: Uli Deck

Deutschland darf sich nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts am milliardenschweren Corona-Aufbaufonds der EU beteiligen. Der Zweite Senat des höchsten deutschen Gerichts wies am Dienstag in Karlsruhe zwei Verfassungsbeschwerden gegen jenes Gesetz zurück, mit dem der Bundestag im vergangenen Jahr einer deutschen Beteiligung zustimmte.

Das Aufbauprogramm mit dem Namen „Next Generation EU“ soll den EU-Staaten helfen, nach der Pandemie wieder auf die Beine zu kommen. Dafür macht die EU-Kommission erstmals im großen Stil Schulden. Es geht um ein Volumen von 750 Milliarden Euro zu Preisen von 2018. Berücksichtigt man die Inflation, sind das inzwischen mehr als 800 Milliarden Euro. Einen Teil des Geldes bekommen die Länder als Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen, den Rest als Darlehen. Ende 2058 sollen die Schulden spätestens beglichen sein.

Die größten Summen gehen an besonders hart getroffene Länder wie Italien und Spanien. Deutschland rechnete mit Zuschüssen von fast 26 Milliarden Euro netto. Das Geld soll etwa in Wasserstoff-Forschung, klimafreundliche Mobilität und ein digitaleres Bildungssystem fließen. Wiederum ist Deutschland laut Bundesrechnungshof mit voraussichtlich rund 65 Milliarden Euro größter Nettozahler. Die Behörde hatte von einer „Zäsur für die europäische Finanzarchitektur“ gesprochen und vor Risiken für den Bundeshaushalt gewarnt.

Die Kläger, darunter ein Bündnis um AfD-Gründer Bernd Lucke, argumentierten ähnlich: Sie befürchten, dass am Ende womöglich Deutschland die Rechnung allein begleichen muss, sollten Staaten ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen. Es drohe über Jahrzehnte ein unkalkulierbarer Schuldensog. Außerdem habe das Programm keine Grundlage in den europäischen Verträgen.

Die Bundesregierung hatte die gemeinsame Schuldenaufnahme für den Wiederaufbaufonds in der mündlichen Verhandlung vor einigen Monaten verteidigt. Ein entschlossenes gemeinsames Handeln der Mitgliedstaaten sei in der damaligen Situation - im vom Lockdown geprägten Frühjahr 2020 - notwendig gewesen.

Die Verfassungsrichter hatten im April 2021 die deutsche Beteiligung im Eilverfahren ermöglicht. Denn ein Stopp hätte dem Gericht zufolge wirtschaftlich und politisch viel Schaden angerichtet. Allerdings räumten sie ein, dass die Möglichkeit eines Verfassungsverstoßes durchaus im Raum stand. Das wurde nun im Hauptverfahren geprüft. (dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Technologie
Technologie Shein und Temu im Visier der EU-Kommission
05.02.2025

Die EU-Kommission will gegen den massenhaften Import billiger Produkte von Plattformen wie Shein und Temu vorgehen. Im Fokus stehen...

DWN
Panorama
Panorama Elf Tote in Schweden: Was ist passiert?
05.02.2025

Nach einer Schießerei an einer Erwachsenenbildungseinrichtung in Schweden bleiben viele Fragen offen. Mindestens elf Menschen starben,...

DWN
Politik
Politik Mehrheit bei Migrationsvotum durch AfD: Für mehr als die Hälfte der Deutschen kein Problem
05.02.2025

Bei den Demonstrationen gegen Merz und die AfD war viel Empörung zu spüren. Doch diese Proteste spiegeln nur die Meinung einer – wenn...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rüstungskonzern KNDS übernimmt Alstom-Werk in Görlitz und sichert Arbeitsplätze
05.02.2025

Der Rüstungskonzern KNDS übernimmt das Alstom-Werk in Görlitz. In einer feierlichen Zeremonie unterzeichneten die Unternehmen eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Investments 2025: „Gold ist der beste Maßstab für den Wert von Bitcoin, den wir haben“
05.02.2025

Bitcoin-ETFs, politische Entscheidungen und die Goldkorrelation bestimmen die Spielregeln für Bitcoin 2025. Was das für Anleger bedeutet,...

DWN
Immobilien
Immobilien Mehr KfW-Fördermilliarden - auch durch Heizungsgesetz
05.02.2025

Bei der politisch umstrittenen Förderung klimafreundlicher Heizungen verzeichnet die staatliche KfW seit Jahresende 2024 einen merklichen...

DWN
Politik
Politik Viererrunde bei RTL: Scholz, Merz, Weidel und Habeck im TV-Schlagabtausch
05.02.2025

Die klassische TV-Schlacht zwischen zwei Kanzlerkandidaten gerät in die Kritik. RTL reagiert und lädt Scholz, Merz, Weidel und Habeck zu...

DWN
Panorama
Panorama USA wollen Gazastreifen übernehmen
05.02.2025

Donald Trump will den Gazastreifen übernehmen und wirtschaftlich entwickeln. Dafür soll das vom Krieg gezeichnete Gebiet erst geräumt...