Unternehmen

Deutsches Handwerk erwartet schlechtere Geschäfte

Die Geschäftslage im deutschen Handwerk wird schwächer. Die Betriebe kreiden der Politik eine zu geringe Wertschätzung für die berufliche Ausbildung an.
01.03.2023 16:15
Aktualisiert: 01.03.2023 16:15
Lesezeit: 2 min

Das deutsche Handwerk spürt die Konjunkturflaute in Deutschland. "Wir sind immer noch in der Krise. Sie wird uns auch begleiten", sagte Generalsekretär Holger Schwannecke vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) am Mittwoch in München. Die Folgen der Corona-Krise und des Ukraine-Kriegs träfen auch das Handwerk und schwächten hier deutlich die Geschäftsentwicklung der Betriebe. So stiegen die Kosten durch höhere Energiepreise auch 2023. Zudem seien die Materialpreise immer noch deutlich höher als vor der Virus-Pandemie und die Lieferketten funktionierten noch nicht wieder richtig. Der Optimismus habe sich spürbar abgeschwächt.

Die Nachfrage sei in den vergangenen Monaten zurückgegangen, so Schwannecke. "Mehr als ein Drittel der Betriebe geht davon aus, dass sich die eigene geschäftliche Situation im ersten Halbjahr 2023 verschlechtern wird." Die Baukonjunktur sei eingeknickt, die Energiekosten stiegen weiter, die Lieferketten blieben angespannt. "Die nächsten Monate bleiben schwierig", sagte Schwannecke.

Am 8. März wird in München die Internationale Handwerksmesse eröffnet. Zum Auftakt diskutieren Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der neue Handwerkspräsident Jörg Dittrich, der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und der bayerische Handwerkspräsident Franz Xaver Peteranderl über mögliche Wege aus der Krise. Am 10. März wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum traditionellen "Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft" mit den großen Wirtschaftsverbänden BDI, BDA, DIHK und ZDH auf der Handwerksmesse erwartet.

Das Handwerk kreidet der Politik eine zu geringe Wertschätzung für die berufliche Ausbildung an. Der fehlende Nachwuchs sei die größte Herausforderung, sagte Schwannecke. Schon heute fehlten 250 000 Handwerker, 19 000 Lehrstellen seien unbesetzt. Das liege nicht nur an der demografischen Entwicklung, sondern auch an der Bildungspolitik: Akademische und berufliche Ausbildung müssten als gleichwertig anerkannt werden auch an Gymnasien müsse die Berufsausbildung zu einem festen Teil der Berufsorientierung gemacht werden, forderten Schwannecke und Peteranderl. Ohne Handwerk werde auch die Klimawende nicht gelingen.

IG-Metall-Vorstandsmitglied Ralf Kutzner sagte in Frankfurt: "Mit der Energie- und Mobilitätswende droht der Fachkräftemangel im Handwerk noch weiter zuzunehmen." Der Fachkräftemangel und die Suche nach qualifiziertem Nachwuchs sei weiter die größte Herausforderung. "Schon heute fehlen uns mindestens 250.000 Handwerkerinnen und Handwerker - Tendenz steigend." Ende 2022 habe man rund 19.000 Ausbildungsplätze nicht besetzen können, und in den kommenden fünf Jahren stünden etwa 125.000 Betriebsnachfolgen an.

Doch viele Probleme seien hausgemacht: Die Tarifbindung sei gering, das Lohngefälle hoch und die Arbeitszeiten seien oft überlang. So kehrten zwei von drei Ausgebildeten dem Handwerk den Rücken und wanderten in andere Branchen ab. Die Politik müsse für eine bessere Ausstattung von Berufsschulen, günstiges Azubi-Wohnen, Ausbau des Aufstiegs-BAföGs und kostenlose Weiter- oder Meisterausbildungen sorgen.

Es bleibe aber noch ein "deutliches Stück Optimismus", dass sich die Lage in der zweiten Jahreshälfte stabilisiere, sagte Schwannecke. Zudem sei die gute Nachricht ohnehin, dass die akute Krisenbedrohung der Betriebe nichts an den langfristig positiven Aussichten für das Handwerk und seine Beschäftigten ändere. Zum deutschen Handwerk zählen eine Million Betriebe mit fast 5,6 Millionen Selbstständigen und Beschäftigten sowie 360 000 Lehrlingen. (dpa-AFX, Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs: Zinssignale aus Japan belasten Stimmung am Kryptomarkt – wie es weitergeht
07.12.2025

Der Bitcoin-Kurs steht erneut im Mittelpunkt der Marktdebatten, da globale Zinssignale und eine wachsende Verunsicherung unter Anlegern die...

DWN
Technologie
Technologie Social Media im Umbruch: KI verdrängt persönliche Beiträge immer mehr
07.12.2025

Die sozialen Netzwerke verändern sich rasant, während persönliche Beiträge seltener werden und KI-Inhalte die Feeds bestimmen. Welche...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Weshalb selbst starke Zahlen ein strukturelles Problem nicht lösen
07.12.2025

Die Nvidia-Aktie glänzt mit beeindruckenden Ergebnissen, doch Anleger übersehen oft ein zentrales Risiko. Die enorme Größe des Konzerns...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mautkosten in Europa steigen: Wie sich Speditionen jetzt Wettbewerbsvorteile sichern
07.12.2025

Trotz wachsender Belastungen im europäischen Transportsektor zeigt sich immer deutlicher, dass Mautgebühren weit mehr sind als ein...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachten mit kleinerem Budget: Viele Menschen müssen bei Weihnachtsgeschenken sparen
07.12.2025

Weihnachten rückt näher, doch viele Haushalte kalkulieren strenger als je zuvor. Eine neue Umfrage zeigt, wie stark Preissteigerungen die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft OpenAI-Bilanz: Deloitte prüft Milliardenpläne und Michael Burry entfacht Debatte
07.12.2025

OpenAIs rasanter Aufstieg und die enormen Investitionspläne des Unternehmens rücken die Transparenz der OpenAI-Bilanz in den Mittelpunkt....

DWN
Politik
Politik Elektromobilitätssteuer Großbritannien: Wie London die E-Auto-Revolution abbremst
07.12.2025

Großbritannien setzt mit einer kilometerbasierten Abgabe ein hartes Signal an alle E-Autofahrer und stellt die finanzielle Logik der...

DWN
Politik
Politik Russlands Desinformationskampagnen: Wie Europa gegen Putins Trolle kämpft
06.12.2025

Europe wird zunehmend Ziel digitaler Einflussoperationen, die gesellschaftliche Stabilität, politische Prozesse und wirtschaftliche...