Politik

Regierungskrise? Koalitionsausschuss ohne Ergebnisse vertagt

Innerhalb der Regierungskoalition herrschen Spannungen, die auch nach 20 Stunden Verhandlungen nicht gelöst wurden.
27.03.2023 12:00
Aktualisiert: 27.03.2023 12:41
Lesezeit: 2 min

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat ihr Spitzengespräch am Montag vorerst unterbrochen. Das Treffen soll am Dienstag fortgesetzt werden, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Zuvor hatte der Fernsehsender Welt über die Unterbrechung berichtet.

Die Beratungen hatten am frühen Sonntagabend im Kanzleramt begonnen. Vor dem Spitzentreffen zeigte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) optimistisch, dass es konkrete Ergebnisse geben würde.

Die Beteiligten seien "in vertrauensvollen und konstruktiven Gesprächen weit vorangekommen", teilten die Parteien am Montagnachmittag mit. Wegen der deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen in Rotterdam sei die Sitzung aber unterbrochen worden. "Die Gespräche des Koalitionsausschusses werden daher morgen Vormittag fortgesetzt." Zu den Regierungskonsultationen sollten neben Scholz mehrere Minister reisen, die auch beim Koalitionsausschuss mit am Tisch saßen.

Die Spitzen der Ampel-Koalition wollten im Berliner Kanzleramt eine lange Liste von Streitpunkten abarbeiten. Dazu zählen die Zukunft des Autobahnbaus, der Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen und die Finanzierung der geplanten Kindergrundsicherung.

Monatelang hatte die Koalition gestritten ob nur Bahnstrecken und Brücken schneller gebaut werden sollen oder auch Autobahnen. Letzteres wollte die FDP. Ihr Argument: Der Güterverkehr auf der Straße werde deutlich zunehmen, Staus müssten verhindert werden. Die Grünen lehnten einen schnelleren Ausbau von Autobahnen kategorisch ab. Sie forderten stattdessen, die bundeseigene Bahn deutlich zu stärken.

Die Grünen wollten vor allem Anstrengungen für mehr Klimaschutz im Verkehr und hatten Druck auf Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) gemacht. Er schulde seit vielen Monaten ein Sofortprogramm mit ausreichend Maßnahmen, die den CO2-Ausstoß im Verkehr dauerhaft senkten. Die FDP lehnt Vorschläge wie ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen und den Abbau bestimmter Subventionen bislang kategorisch ab. Stattdessen pocht sie darauf, dass in der EU auch nach 2035 noch Verbrenner zugelassen werden dürfen, die mit Ökostrom erzeugte künstliche Kraftstoffe tanken.

In den vergangenen Wochen war der Ton in der Koalition deutlich rauer geworden. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) hatte sogar einen Vertrauensbruch moniert, weil ein Gesetzentwurf zum Austausch von Öl- und Gasheizungen aus seinem Haus an die Medien durchgestochen wurde.

FDP-Politiker mahnten vor dem Koalitionsausschuss wiederholt Disziplin beim Geldausgeben an - vor allem mit Blick auf den nun ausstehenden Bundeshaushalt für 2024. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte vor dem Gipfel: "Alle Koalitionsparteien müssen die aktuellen finanzpolitischen Realitäten anerkennen. Dazu zählt die Einhaltung der Schuldenbremse und eine Priorisierung der Staatsausgaben."

Dem Koalitionsausschuss gehören die Partei- und Fraktionschefs der drei Ampel-Parteien sowie der Kanzler und mehrere Minister an - insgesamt fast 20 Politiker. Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP darauf verständigt, dass das Gremium monatlich zusammenkommt, "um grundsätzliche und aktuelle politische Fragen miteinander zu diskutieren und die weitere Arbeitsplanung miteinander abzustimmen". In der Praxis tagte das Gremium bisher allerdings deutlich seltener.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Milliardärsmanager fliehen aus US-Aktien: Der stille Countdown zur Rezession hat begonnen
17.04.2025

Eine neue Erhebung der Bank of America zeigt: Die Stimmung unter den großen Vermögensverwaltern kippt dramatisch. Während die Finanzwelt...

DWN
Politik
Politik Merz und EU offen für Tauruslieferung an Ukraine: Kreml warnt vor direkter Kriegsbeteiligung
17.04.2025

In der Opposition war Merz offen für eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Als voraussichtlicher Kanzler ist er das...

DWN
Panorama
Panorama Die Macht der WHO: Internationaler Pandemievertrag kommt
17.04.2025

Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie haben sich die WHO-Mitgliedstaaten auf ein Pandemieabkommen geeinigt. „Ich habe keinen...

DWN
Technologie
Technologie Mechanische Speicher als geopolitische Alternative: Lithium-Batterien geraten unter Druck
17.04.2025

Angesichts wachsender Abhängigkeit von China bei Lithium-Batterien rücken mechanische Energiespeicher in den Fokus. Eine...

DWN
Technologie
Technologie Japanisches Genie revolutioniert Energiewende – Supermagnet jetzt 20 Milliarden Euro wert
17.04.2025

Im globalen Wettrennen um Energiesouveränität und technologische Vorherrschaft hat sich ein unscheinbares Element als strategischer...

DWN
Politik
Politik Taiwan, Sanktionen und Respekt - China stellt klare Bedingungen für Handelsgespräche mit den USA
17.04.2025

China fordert mehr Respekt und klare Signale der USA, bevor Handelsgespräche beginnen – eine Einigung ist entscheidend für die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steht das Verbrenner-Verbot vorm aus? Europas Rechte bläst zum Gegenschlag gegen EU-Establishment
17.04.2025

Konservative und rechte Kräfte im EU-Parlament wollen das Aus für Verbrennungsmotoren kippen – mit wachsender Unterstützung auch aus...

DWN
Politik
Politik Geheime Chatgruppe: EU-Außenminister betreiben Diplomatie über Signal - auf Einladung Kaja Kallas
17.04.2025

Die Außenminister der Europäischen Union kommunizieren in einer privaten Chatgruppe der verschlüsselten App Signal. Dies bestätigte der...