Unternehmen

US-Konzern kauft Wärmepumpen-Hersteller Viessmann auf

Viessmann ist einer der führenden Hersteller von Wärmepumpen. Nun wird das Traditionsunternehmen an einen US-Konzern verkauft. Kritiker warnen vor „einem Ausverkauf von Vorzeigefirmen“.
26.04.2023 16:09
Aktualisiert: 26.04.2023 16:09
Lesezeit: 2 min

Der hessische Heizungs- und Klimatechnik-Hersteller Viessmann Climate Solutions wird für zwölf Milliarden Euro in die USA verkauft. Die Gründerfamilie Viessmann trennt sich damit vom Kerngeschäft ihres 106 Jahre alten Unternehmens, dem eine Schlüsselrolle bei der von der Bundesregierung forcierten Umstellung auf Wärmepumpen zum Heizen von Wohnungen zukommt.

USA steigen ins Wärmepumpengeschäft ein

Viessmann Climate Solutions gehört künftig dem Klimaanlagen-Hersteller Carrier Global aus dem US-Bundesstaat Florida, wie die Unternehmen am Dienstagabend mitteilten. Er soll das Geld aufbringen, das Viessmann für den Ausbau der Wärmepumpen-Produktion braucht.

„Wir können die weltweite Energiewende nur dann erfolgreich meistern, wenn Unternehmen global denken, handeln und zusammenarbeiten“, erklärte Konzernchef Max Viessmann. Mit dem Zusammenschluss entstehe ein „zukunftssicherer globaler Klima-Champion“.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht den Verkauf grundsätzlich positiv. Er zeige, wie attraktiv deutsche Unternehmen seien. Trotzdem werde die Bundesregierung die Übernahme genau prüfen. „Wichtig ist, dass die Vorteile unserer Energiepolitik und Gewinne, die damit erwirtschaftet werden, auch weiter dem Standort Deutschland zugutekommen. Darauf werden wir achten.“

Carrier Global übernimmt Viessmann

Die Familie Viessmann erhält 80 Prozent des Kaufpreises in bar und 20 Prozent in Form von Carrier-Aktien. Sie wird damit einer der größten Anteilseigner des US-Konzerns. Max Viessmann zieht in den Verwaltungsrat von Carrier ein.

Viessmann ist neben Bosch (Buderus) und Vaillant einer der größten Heizungs-Hersteller in Deutschland. Von dem Verkauf betroffen sind 11.000 der 15.000 Viessmann-Mitarbeiter. An sie will die Familie 106 Millionen Euro als Sonderbonus ausschütten. Das Unternehmen wurde vor 106 Jahren vom Schlosser Johann Viessmann gegründet, seit 1937 sitzt es in Allendorf an der Eder. Die Heizungs- und Klimatechnik-Sparte steht für 85 Prozent der Umsätze. Sie erwartet im laufenden Jahr einen Umsatz von vier Milliarden Euro und einen operativen Gewinn (Ebitda) von rund 700 Millionen. Das Kühltechnik-Geschäft für Supermärkte oder Krankenhäuser bleibt in den Händen der Familie.

Carrier Global, bis 2020 ein Teil des Mischkonzerns United Technologies, will mit der Übernahme vor allem in Europa stärker werden. Bisher kommen rund 60 Prozent der Umsätze aus Nord- und Südamerika, nur knapp ein Viertel aus Europa.

Kündigungen für drei Jahre ausgeschlossen

Die Amerikaner geben Viessmann bei dem Verkauf langfristige Garantien: Betriebsbedingte Kündigungen sind für drei Jahre ausgeschlossen, Allendorf bleibt für mindestens zehn Jahre Sitz des Unternehmens, die wichtigsten Produktions-, Forschungs- und Entwicklungsstandorte sind für fünf Jahre sicher.

Carrier setzt mit der Übernahme vor allem auf den Siegeszug der Wärmepumpe: Der Markt in Europa werde sich bis 2027 auf 15 Milliarden Euro verdreifachen. Bundeswirtschaftsminister Habeck hält sie für die Wärmequelle der Zukunft, nachdem die Energiewende das Aus für Gas- und Öl-Heizungen bringen soll. Vom nächsten Jahr an soll der Umstieg auf klimafreundlichere Heizungen forciert werden. Die Umsetzung ist aber in der Ampel-Koalition umstritten.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte, Habeck müsse genau analysieren, warum das Unternehmen verkauft werde. Man müsse auch an die Anpassungsfähigkeit der Firmen denken. „Denn ein Gesetz ist schneller geändert als eine Produktionsstraße.“

CDU warnt vor „Ausverkauf von Vorzeigefirmen“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Thorsten Frei, sagte der Nachrichtenagentur Reuters: „Zu einem Ausverkauf unserer Vorzeigefirmen und zu einer Deindustrialisierung Deutschlands darf es nicht kommen.“ Habeck dürfe sich nicht nur als Klimaschutzminister, sondern müsse sich auch als Wirtschaftsminister verstehen, und dafür sorgen, die Standortbedingungen zu verbessern.

Viessmann hatte wegen der rasant steigenden Nachfrage seit Monaten versucht, neues Geld für den Hochlauf der Wärmepumpen-Produktion aufzubringen – rund eine Milliarde Euro, für die unter anderem ein Werk in Polen gebaut werden soll. „Zusätzliche Wachstumsmöglichkeiten müssen zusätzlich finanziert werden", hatte das Unternehmen im Februar erklärt. Das Vermögen von Max Viessmann und seinem Vater, Verwaltungsratschef Martin Viessmann, wurde vom „Manager Magazin“ zuletzt auf mehr als vier Milliarden Euro geschätzt.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China kündigt Gegenmaßnahmen auf US-Zölle an - so könnte die EU reagieren
04.02.2025

Während Mexiko und Kanada mit US-Präsident Donald Trump eine Vereinbarung zur vorübergehenden Aussetzung von Zöllen erzielten, kam es...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Spotify: Musikstreaming-Anbieter legt starke Zahlen vor - Aktie im Aufwind
04.02.2025

Spotify hat für das vierte Quartal im letzten Jahr starke Zahlen vorgelegt und kann immer mehr Nutzer von seinem Angebot überzeugen -...

DWN
Immobilien
Immobilien Anmeldung einer Wohnung: Die Krux des Meldewesens und wie Vermieter am Immobilienmarkt herumtricksen
04.02.2025

Es gibt eine neue Initiative namens „Anmeldung für alle“, die das polizeiliche Meldewesen als letzte Hürde des ungebremsten Zuzugs,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rheinmetall-Aktie nach Großauftrag mit Auf und Ab an der Börse
04.02.2025

Die Bundeswehr beschert dem Rüstungskonzern Rheinmetall einen Großauftrag in Milliardenhöhe. An der Börse ist mächtig Bewegung drin....

DWN
Politik
Politik Erste Wahlumfragen nach Migrationsdebatte: So schneidet die CDU/CSU ab
04.02.2025

Die CDU/CSU ist mit der gemeinsamen Abstimmung mit der AfD im Bundestag hohes Risiko gefahren. Doch wie macht sich das in der Wählergunst...

DWN
Finanzen
Finanzen Wall-Street-Analyse: Börsenprofis ziehen Parallelen zum Platzen der Dotcom-Blase
04.02.2025

Das effizientere KI-Modell des chinesischen Start-ups DeepSeek hat vergangene Woche hoch bewertete KI- und Technologieaktien erschüttert....

DWN
Panorama
Panorama Altkanzler Schröder mit Burnout in Klinik
04.02.2025

Altkanzler Gerhard Schröder hat sich zur Behandlung eines schweren psychischen Leidens in klinische Behandlung begeben. Laut seinem Arzt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Darum verkauften Brauereien 2024 so wenig Bier wie noch nie
04.02.2025

Der langfristige Rückgang des Bierkonsums in Deutschland setzte sich auch im vergangenen Jahr fort – trotz der...