Politik

Slowakei: Pro-russischer Fico gewinnt Wahlen

Lesezeit: 3 min
01.10.2023 07:07  Aktualisiert: 01.10.2023 07:07
Die Partei des linksgerichteten früheren Ministerpräsidenten Robert Fico hat die Parlamentswahl in der Slowakei gewonnen. Sie kann aber nicht allein regieren.
Slowakei: Pro-russischer Fico gewinnt Wahlen
Der pro-russische Kandidat Fico hat die Wahl in der Slowakei gewonnen. (Foto: dpa)
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Die Wahlnacht verlief spannend: Erste Prognosen hatten noch die Liberalen in Führung gesehen. Entgegen ersten Prognosen haben die linksnationalen Sozialdemokraten des ehemaligen Langzeit-Regierungschefs Robert Fico die Parlamentswahl in der Slowakei gewonnen. Nach Auszählung von knapp 99 Prozent der Wahlbezirke kam die Oppositionspartei «Richtung - Slowakische Sozialdemokratie» (Smer-SSD) auf 23,3 Prozent der Stimmen, wie aus den vorläufigen Ergebnissen der staatlichen Wahlkommission in Bratislava vom frühen Sonntagmorgen hervorgeht. Damit lag Ficos Partei uneinholbar vor der liberalen Partei «Progressive Slowakei» (PS).

Die bisher noch nicht einmal im Parlament vertretene liberale Partei war demnach an zweiter Stelle mit 17 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag vorläufig bei 68 Prozent. Zwei am Samstagabend von TV-Sendern veröffentlichte Nachwahlbefragungen hatten PS knapp vor Smer-SSD gesehen.

Für Ficos Smer-Partei dürfte es aber nicht leicht werden, eine Koalition mit ausreichender Mehrheit zu bilden. Fico punktete im Wahlkampf mit seiner pro-russischen Haltung. Er hatte vor der Wahl angekündigt, er wolle die bei der Bevölkerung unbeliebte Waffenhilfe beenden und der Ukraine nur mehr mit zivilen Gütern helfen, wenn er an die Macht zurück käme. Fast alle anderen ins Parlament gewählten Parteien wollen daran aber festhalten. Das EU- und Nato-Land Slowakei grenzt direkt an die Ukraine und war bisher einer der entschlossensten politischen wie auch militärischen Unterstützer des von Russland angegriffenen Nachbarlands.

Fico war bereits von 2006 bis 2010 und von 2012 bis 2018 Regierungschef und führte die Slowakei 2007 in den Schengen-Raum und 2009 in die Eurozone. Nach dem Mord am Investigativ-Journalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten Martina Kusnirova 2018 wurden im Zuge der Ermittlungen große Korruptionsnetzwerke aufgedeckt, in die auch hohe Staatsbeamte verstrickt waren. Fico musste unter dem Druck von Massenprotesten zurücktreten.

Als Partner braucht Smer vor allem die von ihr abgespaltenen liberaleren Sozialdemokraten unter Ex-Ministerpräsident Peter Pellegrini, die 15 Prozent erreichten. Diese Partei mit dem Namen «Stimme - Sozialdemokratie» (Hlas-SD) kommt sowohl für Smer-SSD als auch für PS als Koalitionspartner infrage.

Wie Smer-SSD tritt auch Hlas-SD für einen starken Sozialstaat ein. Im Unterschied zu Fico ist Pellegrini aber für weitere militärische Hilfe an die Ukraine. Neben diesen drei stärksten kamen noch drei kleine Parteien ins Parlament, die für Ukraine-Waffenhilfe sind, sowie die pro-russische Slowakische Nationalpartei SNS.

PS-Chef Michal Simecka hatte sich nach Veröffentlichung der beiden Prognosen betont vorsichtig gezeigt. Die Ergebnisse seien hoffnungsvoll, sagte er zur Nachrichtenagentur TASR. Allerdings habe seine Partei noch schmerzhaft in Erinnerung, dass das Wahlergebnis bei der letzten Wahl für seine Partei schlechter ausgefallen sei als die Prognosen. Bei der Parlamentswahl 2020 hatte die damals gemeinsam mit einer anderen liberalen Partei als Wahlbündnis angetretene PS knapp die Hürde für den Parlamentseinzug verfehlt. Für Einzelparteien gilt eine Fünfprozenthürde, ein Wahlbündnis muss jedoch über sieben Prozent erreichen.

Die am Samstagmorgen begonnene Wahl war am späten Abend erst mit Verspätung zu Ende gegangen. Statt wie vorgesehen um 22.00 Uhr schlossen die letzten Wahllokale erst um eine Dreiviertelstunde später. Grund dafür waren Probleme in einzelnen Wahllokalen, in denen Wahlkommissions-Mitglieder gesundheitliche Probleme hatten. Laut Gesetz müssen Unterbrechungen der Stimmabgabe durch entsprechende Verlängerung der Wahlzeit ausgeglichen werden.

Fico bleibt bei Ukraine-Haltung

Am Sonntag hat Fico ein Ende der Militärhilfen seines Landes für die Ukraine angedeutet. "Wir bleiben dabei, dass wir bereit sind, der Ukraine auf humanitäre Weise zu helfen", sagte Fico in Bratislava. "Wir sind bereit, beim Wiederaufbau des Staates zu helfen, aber Sie kennen unsere Meinung zur Bewaffnung der Ukraine." Das Nato-Land Slowakei habe wichtigere Probleme als die Ukraine. Aber seine Partei werde alles tun, damit es zu Friedensgesprächen komme.

Die Partei des linksgerichteten und pro-russischen Ex-Ministerpräsidenten Fico hat die Parlamentswahl in der Slowakei gewonnen. Nach Auszählung von 99,98 Prozent der Wahlbezirke lag Ficos Smer-Partei mit fast 23 Prozent vor der liberalen Partei Progressive Slowakei (PS) mit knapp 18 Prozent. Entscheidend für die Regierungsbildung könnte die mit etwa 15 Prozent drittplazierte Partei HLAS werden, deren Vorsitzender Peter Pellegrini sich nicht auf mögliche Koalitionen festgelegt hat.

Die slowakische Präsidentin Zuzana Caputova will Fico am Montag mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen. Die Koalitionsgespräche könnten zwei Wochen dauern, sagte Fico. Ungarn begrüßte dessen Wahlsieg. "Robert Fico hat die gleichen Ansichten zu Krieg, Migration und Geschlechterfragen wie wir", schrieb Außenminister Peter Szijjarto in einem Facebook-Beitrag. "Sein Sieg bietet eine ernsthafte Chance, das Visegrad-Bündnis (der mittel- und osteuropäischen Staaten) zu stärken."

In Brüssel wird befürchtet, dass Fico sich mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban verbünden könnte. Das wiederum erhöht die Möglichkeit einer Konfrontation mit der EU über Rechtsstaatlichkeit, den Krieg in der Ukraine und Migrationsthemen. Allerdings ist offen, ob und wie Fico seine Aussagen aus dem Wahlkampf tatsächlich umsetzen wird. Sein Pragmatismus während früherer Amtszeiten, als er die Slowakei in den Euro führte und Auseinandersetzungen mit Partnern aus der EU und Nato weitgehend vermied, mildert einige Bedenken.

Außerdem hat die EU ein Druckmittel: Sie kann den Geldhahn mit Verweis auf die Rechtsstaatlichkeit zudrehen. Die Slowakei benötigt die Mittel jedoch dringend. Das Haushaltsdefizit des Landes dürfte in diesem Jahr mit 6,85 Prozent des Bruttoinlandsprodukts das höchste in der Euro-Zone sein. (dpa/Reuters)


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