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Weltweite Gold-Nachfrage erreicht neuen Höchststand – Deutsche gegen den Trend

Lesezeit: 3 min
06.02.2024 07:00
Die Nachfrage nach Anlagegold hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Die Deutschen nehmen allerdings nicht am Goldrausch teil – dessen Triebkräfte liegen in Asien.
Weltweite Gold-Nachfrage erreicht neuen Höchststand – Deutsche gegen den Trend
Die Nachfrage nach Anlagegold hat 2023 einen Höchststand erreicht. Die Deutschen nehmen nicht am Goldrausch teil – dessen Triebkräfte liegen in Asien. (Bild: istockphoto.com/edwardolive)
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Wie aus Daten des World Gold Council hervorgeht, belief sich die Gesamtnachfrage nach Gold im Jahr 2023 auf 4.899 Tonnen Feingold - ein Allzeithoch. Im Jahr zuvor, das ebenfalls von einer starken Nachfrage gekennzeichnet war, belief sich die Gesamtnachfrage auf 4.741 Tonnen.

In diesen Zahlen abgebildet werden Käufe von Staaten und deren Zentralbanken, Unternehmen, Privathaushalten, Umschichtungen in Lagerbeständen und Käufe im unregulierten Goldhandel abseits der Börsen („over the counter“-Handel – OTC).

Die Nachfrage der Zentralbanken war auch im vergangenen Jahr stark und reichte mit netto 1.037 Tonnen nahe an das im Jahr 2022 markierte Allzeithoch von 1.082 Tonnen heran. Dagegen verzeichneten börsengehandelte Fonds das dritte Jahr in Folge Abflüsse und auch die Käufe von Anlagemünzen und Barren durch Privathaushalte gaben im Vergleich zu 2022 leicht nach. Die Nachfrage nach Goldschmuck blieb trotz hoher Preise weltweit bei rund 2.100 Tonnen konstant.

Gekennzeichnet wurde das Jahr 2023 zudem von den im historischen Vergleich höchsten Goldpreisen. Im Durchschnitt kostete eine Feinunze Gold (31,1 Gramm) am Londoner Markt 1.940,54 US-Dollar – der höchste Durchschnittspreis, den das World Gold Council jemals registriert hat. Dabei ist zu beachten, dass die Preisentwicklungen an anderen bedeutenden Goldhandelsplätzen wie Shanghai oder New York nicht berücksichtigt wurden.

Mit einem Preis von 2.078,40 Dollar je Feinunze wurde 2023 zudem der jemals höchste Jahresendpreis erzielt. Dieser lag rund 15 Prozent höher als der Preis zu Beginn des Jahres.

Gold: Edelmetall vor allem im Osten beliebt

Die Triebkräfte der starken Welt-Nachfrage nach Gold liegen vor allem in Asien. Länder wie China, Indien, die Türkei, Russland und Singapur hatten ihre Reserven zuletzt deutlich aufgestockt.

Chinas Regierung hatte offiziellen Angaben zufolge auch im Dezember Gold hinzugekauft und damit die Bestände den 14. Monat in Folge erhöht. Die Reserven Pekings belaufen sich derzeit auf deutlich über 2.200 Tonnen, nachdem alleine im vergangenen Jahr 215 Tonnen hinzugekauft wurden. Beobachter gehen allerdings davon aus, dass die Reserven noch umfangreicher sind.

„Die Goldkäufe der chinesischen Zentralbank sorgen zu Recht für Schlagzeilen. Inmitten des größten politischen Misstrauens und der stärksten Spannungen zwischen den Großmächten der Welt seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges signalisieren sie einen Vorstoß in Richtung ‚Entdollarisierung‘, der heute ein Rekordtempo erreicht. Aber selbst bei optimistischen Schätzungen, wie viel die PBoC wirklich kauft (schätzungsweise das Doppelte dessen, was sie öffentlich berichtet), hat die Nachfrage der chinesischen Haushalte nach Gold diese in den letzten zehn Jahren um das Vierfache übertroffen“, schreibt der Goldhändler BullionVault in einer Pressemitteilung.

Ähnlich konsequent kauften auch Indien und die Türkei hinzu - und zwar ebenso auf staatlicher wie auf privater Ebene. Während China mit seinen Gold-Investitionen wahrscheinlich versucht, das Gewicht des US-Dollar in seinen Währungsreserven und Wertanlagen zu minimieren, dürfte die seit einigen Jahren grassierende hohe Inflation und die Erfahrung mit Währungskrisen die Türken zu Investitionen in Edelmetallen veranlassen.

In Indien (wie in etwas geringerem Umfang auch in China und der Türkei) spielt Gold in der Kultur der hinduistischen Bevölkerungsmehrheit traditionell eine zentrale Rolle, darüber hinaus könnte Neu-Delhi ebenso wie Peking den wachsenden Goldschatz als Mittel zur Diversifikation der Devisenreserven verstehen.

In der westlichen Hemisphäre ist die Nachfrage nach Gold deutlich weniger stark ausgeprägt als in Asien. Ausnahmen von dieser Regeln sind Ungarn und Polen, dessen Zentralbank systematisch den Aufbau bedeutender Reserven vorantreibt.

Deutsche Gold-Verkaufszahlen brechen ein

Die Deutschen hingegen haben ihre Gold-Investitionen im vergangenen Jahr drastisch zurückgefahren. Wie das World Gold Council berichtet, schrumpfte der Wert der Anlagekäufe zwischen 2022 und 2023 von mehr als 10 Milliarden Euro auf nur noch 2,7 Milliarden Euro beziehungsweise von über 180 auf nun 46,8 Tonnen zusammen.

Der Branchendienst Goldreporter schreibt zu den möglichen Motiven hinter dem Rückgang: „Unsere Einschätzung zu dieser Entwicklung: Zunächst einmal haben sich viele Anleger bereits im Rekordjahr 2022 massiv mit Gold eingedeckt. Währenddessen ist das große Verkaufsinteresse einerseits auf mehrfach erreichte Allzeithochs beim Goldpreis zurückzuführen. Vielleicht benötigten auch einige Edelmetall-Besitzer Liquidität. Aber inzwischen machten viele langjährige Investoren die Erfahrung gemacht, dass Gold nach starken Kursanstiegen oft deutlich einbricht. Denn dies haben wir in den vergangene Jahren häufig erlebt. Im vergangenen Jahr wollte man in Anlegerkreisen offensichtlich schlauer sein. Die Idee der immer besser informierter Investoren: zu Höchstkursen verkaufen und nach dem Einbruch wieder günstig einkaufen. Ob dies Spekulation tatsächlich aufgeht, werden die kommenden Monate zeigen.“

Ins Bild passt, dass die Bundesbank ihre Goldreserven - offiziellen Angaben zufolge die zweitgrößten der Welt nach den USA - nicht ausbauen möchte. Bislang konnte sich Gold aber trotz der Zinswende gut halten. Hohe (Real-)Zinsen sind nämlich eigentlich schlecht für das gelbe Edelmetall, das für den Anleger keine laufenden Erträge oder Zinsen abwirft. Niemand kann genau abschätzen, wie stark der aktuelle Goldpreis die wahrscheinlich bald anstehenden Zinssenkungen einpreist. Es ist auch denkbar, dass der Goldpreis bei einer Lockerung der Geldpolitik erst so richtig durchstartet.


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