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Mittelstands-Krise: Innovationskraft lässt zu wünschen übrig

Lesezeit: 4 min
28.02.2024 14:00  Aktualisiert: 28.02.2024 15:10
Die Innovations-Anstrengungen der KMUs stagnieren seit geraumer Zeit und bremsen damit mittelfristig die Wirtschaft. Vor allem der Fachkräftemangel belastet. Die deutschen Firmen müssen wieder innovationsfähiger werden, mehr Geld allein kann es nicht richten.
Mittelstands-Krise: Innovationskraft lässt zu wünschen übrig
Anlagen zur Reinigung der Luft aus den Laboren sind im Keller der Mikrobiologie in der Tierärztlichen Fakultät der Münchner LMU-Universität zu sehen. (Foto: dpa)
Foto: Sven Hoppe

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Die Innovationsaktivitäten im Mittelstand verharren laut einer Studie der deutschen Förderbank KfW auf niedrigem Niveau. Wie der aktuelle Innovationsbericht von KfW Research zeigt, haben in den zurückliegenden drei Jahren vier von zehn kleinen und mittleren Unternehmen mindestens eine Innovation hervorgebracht. Das sind rund 1,5 Millionen mittelständische Unternehmen. Die Innovatorenquote von 40% bleibt damit gegenüber der Vorperiode unverändert. Auch die Innovationsausgaben betragen wie im Vorjahr 34 Milliarden Euro. Inflationsbereinigt bedeutet dies einen geringfügigen Rückgang.

Anders als die Investitionen, bei denen sich 2022 sowohl ein Anstieg bei der Zahl investierender Unternehmen als auch beim Investitionsvolumen zeigt, konnten die Innovationen im Mittelstand folglich nicht von der konjunkturellen Erholung nach dem Abklingen der Corona-Pandemie profitieren. Die Kluft zwischen den Ausgaben der kleinen und mittleren Unternehmen für Innovationen auf der einen und Sachinvestitionen auf der anderen Seite ist aktuell nochmals größer geworden; Sachinvestitionen belaufen sich aktuell auf rund das Siebenfache der Innovationsinvestitionen.

Coronakrise wirkt immer noch nach

„Die Corona-Pandemie wirkt noch stark nach: Die Innovationstätigkeit im Mittelstand zeigt "Long Covid"-Symptome“, erklärt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Während der Coronajahre wurden nur wenige Innovationsideen entwickelt, Entscheidungen über Innovationen wurden verschoben: das fehlt nun beim Output aus dem Innovationsprozess“. Zudem sei die Innovationstätigkeit stark an den Geschäftserwartungen der Unternehmen orientiert, die bereits im Frühjahr 2022 wieder gesunken sind.

Blickt man genauer auf die innovativen Unternehmen, so zeigt sich, dass die Innovationsaktivitäten nicht gleichmäßig über die einzelnen Unternehmensgruppen verteilt, sondern unterschiedlich stark ausgeprägt sind: Vorreiter bei Innovationen sind vor allem auslandsaktive Unternehmen und solche, die eigene Forschung und Entwicklung betreiben. Aber auch Mittelständler, die viele Akademiker beschäftigen, tun sich positiv hervor.

Größenvorteile

Zudem zeigt sich: Je kleiner ein Unternehmen ist, umso seltener bringt es Innovationen hervor. Von den Firmen mit weniger als 5 Beschäftigten sind 36 Prozent innovativ, unter den großen Mittelständlern mit mehr als 50 Mitarbeitern erreicht der Anteil 71 Prozent. Mit steigender Unternehmensgröße steigt auch die Höhe der Innovationsausgaben. Ein wichtiger Grund für diesen „Größeneffekt“ ist der hohe Fixkostenanteil bei Innovationen. Kleinunternehmen werden stärker belastet, selbst wenn sie sich auf vergleichsweise bescheidene und eine geringe Anzahl an Innovationsvorhaben konzentrieren. Als Folge davon sind die Innovationsausgaben im Mittelstand stark auf eine relativ kleine Gruppe von Großunternehmen konzentriert. Für Köhler-Geib ist das „in mehrfacher Hinsicht problematisch.“

„Der Gruppe innovativer Unternehmen gelingt es, einen Vorsprung bei ihrer Innovationskompetenz gegenüber den weniger aktiven Unternehmen aufzubauen. Die Nachzügler drohen den Anschluss zu verlieren, und kommen so in Gefahr, auf mittlere und längere Frist ihre Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen und das erfolgreiche Hervorbringen von Innovationen zu verlernen. Gesamtwirtschaftlich droht das Wegbrechen des innovativen Unterbaus.“ Die Wirtschaftspolitik sei daher gefordert, in einer Doppelstrategie Innovationen sowohl in der Spitze als auch in der Breite der Wirtschaft anzuregen.

Es mangelt an qualifizierten Mitarbeitern

Unter den innovationshemmenden Faktoren rangieren kompetenz- und finanzierungsbezogene Hemmnisse auf den vorderen Rängen: Jeweils ein Drittel der Mittelständler geben an, dass hohe Innovationskosten und der Mangel an Fachkräften ihre Innovationstätigkeit bremsen. KfW Research hat in einer repräsentativen Sonderauswertung die Stellenbesetzungsprobleme innovativer Unternehmen intensiver beleuchtet: Der Fachkräftemangel hat infolge der demografischen Trends hierzulande bereits jetzt bedeutende Ausmaße angenommen, aktuell rechnet jedes zweite innovative mittelständische Unternehmen (52 Prozent) mit Problemen bei der Personalrekrutierung. Vor zehn Jahren lag der Anteil noch bei nur 35 Prozent. Vor allem der Nachwuchs hat sich in den zurückliegenden Jahren schon verknappt, das Problem der aus dem Arbeitsleben ausscheidenden Babyboomer-Generation wird in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen.

Dabei sind innovative Unternehmen als Arbeitgeber ähnlich attraktiv wie nichtinnovative Unternehmen. Die ausgeprägten Stellenbesetzungsprobleme innovativer Unternehmen sind vielmehr darauf zurückzuführen, dass sie oftmals höhere Anforderungen an ihre Bewerber stellen als nichtinnovative Unternehmen. Dies gilt vor allem hinsichtlich der mathematisch-statistischen Fähigkeiten, der Sozialkompetenzen sowie der Digitalkompetenzen. Die besonderen Anforderungen sind darauf zurückzuführen, dass innovative Unternehmen neue Technologien häufiger nutzen sowie bei der Arbeits- und Unternehmensorganisation moderner aufgestellt sind. Auch aus den Erfordernissen ihrer Innovationsprozesse heraus resultieren erhöhte Anforderungen bei den nachgefragten Kompetenzen.

Maßnahmen für mehr Innovation im Unternehmen

Die innovativen Unternehmen sind sich der Problematik bewusst und bei der Sicherung des Fachkräftebedarfs besonders aktiv. Dabei setzen sie auf ein breites Maßnahmenbündel: Investitionen in die Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden spielen am häufigsten eine Rolle (39 Prozent), etwa bei der Ausbildung von Fachkräften, Weiterbildung inkl. innerbetrieblichem Austausch, Förderung und Bindung von Schlüsselpersonal. Es folgen allgemeine, personalpolitische Maßnahmen (38 Prozent) wie längeres Halten älterer Mitarbeiter, Fördern der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Anwerbung ausländischer Fachkräfte, sowie - in einem geringeren Umfang - Maßnahmen zur Verringerung des Fachkräftebedarfs (19 Prozent) wie Rationalisierungsmaßnahmen.

„Deutschland steht vor großen Transformationsaufgaben und einem angespannten geostrategischen Umfeld. Für deren Bewältigung ist auch der Beitrag entscheidend, den Innovationen leisten können. Dabei kommt es einerseits auf die Entwicklung neuer Technologien und die Etablierung neuer Wertschöpfungspotenziale in Deutschland“, sagt die KfW-Chefvolkswirtin.

Besonders wichtig sie die Linderung des Fachkräftemangels. „Angesichts der Dimension der demografischen Herausforderung ist auch die Wirtschafts- und Bildungspolitik gefragt, an einer Vielzahl von Punkten anzusetzen und die bisherigen Anstrengungen zu verstärken“, so Köhler-Geib. Zentral sei die Mobilisierung von mehr Erwerbspersonen, z.B. unter Frauen und Älteren sowie durch Zuwanderung, die Ausbildung von mehr Fachkräften sowie die Verbesserung spezifischer Fähigkeiten – in Schulen, beruflichen und akademischen Ausbildungsgängen sowie durch kontinuierliche Weiterbildung.

Helfen könnte auch eine größere Aktzeptanz von Künstlicher Intelligenz (KI), um die Arbeitsproduktivität zu erhöhen und so mehr Zeit für kreative Aufgaben freizuschaufeln. Gemäß einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom nutzen nur drei Prozent aller deutschen Unternehmen Künstliche Intelligenz zentral in der täglichen Arbeit. Weitere sechs Prozent planen eine Einführung von KI-Tools in diesem Jahr. 13 Prozent der befragten Unternehmen beabsichtigen, generative KI in den kommenden fünf Jahren eine zentrale Rolle in den Firmenprozessen spielt. Speziell für KMUs dürfte diese Zahlen noch niedriger sein. Für 54 Prozent der insgesamt 606 befragten Firmen spielt der KI-Einsatz derweil auch in Zukunft keine Rolle.

Warum die Studie so bedeutsam ist

Kleine und mittlere Unternehmen stellen das Rückgrat der deutschen Wirtschaft dar. Eine stagnierende bis leicht sinkende Innovationstätigkeit der KMUs bremst die deutsche Wirtschaft auf mittelfristige Sicht.

Ohnehin gibt es schon jetzt massive konjunkturelle Probleme, auch und vor allem im Mittelstand. Die Auftragslage ist schlecht, die Finanzierungsmöglichkeiten über Kredite erheblich eingeschränkt und der Einzelhandel nach einem verkorksten Weihnachtsgeschäft stark angeschlagen. Solo- und Kleinunternehmer blicken nicht ohne Grund pessimistisch in die Zukunft. (mit Material von dpa)

Zur Originalstudie: www.kfw.de/innovationsbericht

Der KfW-Innovationsbericht basiert auf dem KfW-Mittelstandspanel, das seit dem Jahr 2003 als schriftliche Wiederholungsbefragung der kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland mit einem Umsatz von bis zu 500 Mio. EUR im Jahr durchgeführt wird. Das KfW-Mittelstandspanel liefert repräsentative Daten für sämtliche mittelständische Unternehmen aller Größenklassen und Branchen in Deutschland. An der aktuellen Befragungswelle vom Frühjahr 2023 haben sich 11.328 mittelständische Unternehmen beteiligt.

 


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