Politik

Expertengutachten: Bürokratie und KI-Angst hindern Deutschland bei Forschung & Entwicklung

Wie ist es um den Standort Deutschland in Sachen Wissenschaft und Technologie bestellt? Jährlich gibt es dazu ein Gutachten, das diesmal eher negativ ausfällt. Es besteht reichlich Verbesserungspotential - vor allem bei der Regierung, aber auch Unternehmen und Forschern.
28.02.2024 16:30
Aktualisiert: 28.02.2024 21:30
Lesezeit: 2 min
Expertengutachten: Bürokratie und KI-Angst hindern Deutschland bei Forschung & Entwicklung
Forschung in Bereichen wie Robotik wird in Deutschland durch zahlreiche Faktoren erschwert. (Foto: dpa) Foto: Silas Stein

Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) übergab heute ihr Jahresgutachten 2024 an Bundeskanzler Olaf Scholz. Das Urteil ist tendenziell negativ.

Ausländischen Forscher wird es unnötig schwer gemacht

Nach Ansicht der Experten bleibt die Bürokratie in Deutschland ein großes Hindernis bei der Anwerbung von internationalen Wissenschaftlern und Forschern. Viele kluge Köpfe entschieden sich gegen den Forschungsstandort Deutschland - nicht zuletzt wegen ineffizienter und aufwendiger Verwaltungsprozesse bei der Zuwanderung.

Im Jahresgutachten 2014 hatten die Experten der damaligen schwarz-roten Bundesregierung ebenfalls nur einen mäßigen Erfolg bei der Anwerbung internationaler Forscher bescheinigt. Seitdem befinde sich Deutschland auf einem positiven Entwicklungspfad - das Land habe an Attraktivität gewonnen.

Der Vorsitzende der Expertenkommission, der Jenaer Wirtschaftswissenschaftler Uwe Cantner, sagt: "2014 hatten wir noch eine Netto-Abwanderung von Forschenden, während wir mittlerweile eine Netto-Zuwanderung haben." Trotzdem sei noch Luft nach oben - etwa bei der Anmeldung von Visa.

In dem Gutachten heißt es, eine unzureichende Angleichung von Anerkennungsverfahren zwischen nationalen Sozialversicherungssystemen erschwere die Zuwanderung von ausländischen Wissenschaftlern. Die deutsche Sprache ist einer der größten Hürden, denen sich Wissenschaftler beim Zuzug nach Deutschland ausgesetzt sähen.

Aufholjagd bei KI-Technologien nötig

Zweiter großer Punkt des neuen Gutachtens: Deutschland muss bei der Entwicklung und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) mehr tun, um im weltweiten Wettbewerb aufzuholen. "Deutschland und Europa stehen zurzeit nicht in der weltweit ersten Reihe der KI-Entwickler, und es können hier Abhängigkeiten entstehen, die man nicht haben möchte", meint der EFI-Vorsitzende Cantner. Die großen Player seien die USA und China. Deutschland und Europa müssten zum Beispiel größere Rechenkapazitäten aufbauen und KI-Kompetenzen im eigenen Land halten.

In der deutschen Wirtschaft wird KI noch nicht in der Breite eingesetzt. Laut einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom nutzen nur drei Prozent aller deutschen Unternehmen Künstliche Intelligenz zentral in der alltäglichen Arbeit. Weitere sechs Prozent planen eine Einführung von KI-Tools in diesem Jahr. Für 54 Prozent der insgesamt 606 befragten Firmen spielt der KI-Einsatz derweil auch in Zukunft keine Rolle.

Die Aufholjagd müsse schnell in Gang kommen. Dazu brauche es eine exzellente Grundlagenforschung, eine leistungsfähige KI-Infrastruktur und Fachkräfte mit KI-Kompetenzen. "Die Bundesregierung sollte die KI-Grundlagenforschung weiterhin und mit Nachdruck unterstützen", heißt es in dem Gutachten.

Kanzler Scholz sagte bei der Entgegennahme des Gutachtens, es gehe darum, sich nicht zu sehr vor der Künstlichen Intelligenz zu fürchten. Und mit Blick auf die Zuwanderung von ausländischen Wissenschaftlern sagte er: "Ich finde, dass es auch selbstverständlich sein muss, dass man sich als Wissenschaftlerin und als Wissenschaftler in Deutschland (auf) Englisch unterhalten kann."

Die EFI wird seit 2006 von der Bundesregierung eingesetzt, um regelmäßig forschungs- und innovationspolitische Empfehlungen zu erarbeiten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie im Fokus: Googles TPU-Pläne verschärfen den KI-Wettbewerb
28.11.2025

Der Wettbewerb um die leistungsfähigsten KI-Chips gewinnt rasant an Dynamik, da große Technologiekonzerne ihre Strategien neu ausrichten...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Start-up Etalytics: KI als digitaler Dirigent für die Industrieenergie
28.11.2025

In Deutschlands Fabriken verpuffen gewaltige Mengen Energie. Mit einer eigenen KI, die das System kontrolliert, gelingen Etalytics...

DWN
Finanzen
Finanzen Bullenmarkt im Blick: Steht der globale Aufwärtstrend vor einer Wende?
28.11.2025

Die globalen Aktienmärkte erleben nach Jahren starken Wachstums wieder mehr Unsicherheit und kritischere Kursbewegungen. Doch woran lässt...

DWN
Politik
Politik Milliarden-Etat für 2026: Bundestag stemmt Rekordhaushalt
28.11.2025

Der Bundestag hat den Haushalt für 2026 verabschiedet – mit Schulden auf einem Niveau, das zuletzt nur während der Corona-Pandemie...

DWN
Politik
Politik Zu wenige Fachkräfte, zu viele Arbeitslose: Deutschlands paradoxer Arbeitsmarkt
28.11.2025

Deutschland steuert auf fast drei Millionen Arbeitslose zu, doch das eigentliche Problem liegt laut Bundesagentur-Chefin Andrea Nahles...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bleibt im November bei 2,3 Prozent stabil
28.11.2025

Auch im November hat sich die Teuerungsrate in Deutschland kaum bewegt: Die Verbraucherpreise lagen wie schon im Vormonat um 2,3 Prozent...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Koalition erzielt Kompromisse bei Rente, Autos und Wohnungsbau
28.11.2025

Nach langen Verhandlungen haben CDU, CSU und SPD in zentralen Streitfragen Einigungen erzielt. Die Koalitionsspitzen verständigten sich...

DWN
Politik
Politik Zeitnot, Lücken, Belastung: Schulleitungen schlagen Alarm
28.11.2025

Deutschlands Schulleiterinnen und Schulleiter stehen nach wie vor unter hohem Druck: Laut einer Umfrage der Bildungsgewerkschaft VBE sind...