Politik

Kiew hofft auf baldige Lieferung von Militärhilfe 

Lesezeit: 3 min
22.04.2024 09:45  Aktualisiert: 22.04.2024 09:45
Nach der Zusage im US-Repräsentantenhaus, endlich das lange umstrittene Hilfspaket für die Ukraine freizugeben, wächst die Zuversicht in Kiew und an der Front. Die Lage im Krieg Russlands gegen die Ukraine.

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Nach der Zusage von Milliardenunterstützung aus den USA und neuer Flugabwehrsysteme von den Nato-Mitgliedern schöpft die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Invasion neue Hoffnung. Allerdings bat Präsident Wolodymyr Selenskyj die Unterstützer seines Landes, die Zeitspanne zwischen Zusagen militärischer Hilfe und der tatsächlichen Lieferung möglichst kurz zu halten. „Die Zeit zwischen den politischen Entscheidungen und den tatsächlichen Verlusten des Gegners an der Front, zwischen der Verabschiedung des Pakets und der Stärke unserer Jungs sollte so kurz wie möglich sein", sagte Selenskyj am Sonntag in seiner abendlichen Videoansprache.

Das US-Repräsentantenhaus hatte am Samstag die Freigabe eines Hilfspakets im Umfang von 61 Milliarden US-Dollar ( 57 Milliarden Euro) für die Ukraine gebilligt, das dringend benötigte Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen Russland enthält. Davor hatte die Nato am Freitag beschlossen, die Ukraine mit weiteren Flugabwehrsystemen zu stärken. Ein Zeitrahmen für die Lieferung wurde in beiden Fällen nicht genannt. Lediglich in US-Militärkreisen verlautete, die benötigten Waffensysteme und Munition könnten schon in Kürze übergeben werden.

Demokraten versprechen rasche Lieferungen

Der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Senat, Mark Warner, machte Hoffnung auf eine rasche Lieferung weittragender Raketensysteme vom Typ ATACMS. Er setze darauf, dass diese sofort losgeschickt würden, wenn das Gesetz endgültig verabschiedet sei. Der US-Senat muss dem Paket noch zustimmen, ehe Präsident Joe Biden das Gesetz unterzeichnen kann. Seine Zustimmung gilt als sicher.

„Jeder Tag ist jetzt wichtig - wichtig in der Kommunikation, in der Politik, in der Logistik", unterstrich Selenskyj die Bedeutung möglichst schneller Lieferung. „Gemeinsam müssen wir den russischen Terror stoppen, Russlands Kriegspotenzial begrenzen und Putin zwingen, das Offensichtliche zu erkennen - nämlich, dass dieser Krieg ihm nichts bringen wird."

Kurz zuvor hatte Selenskyj in einem Beitrag auf den Plattformen X und Telegram auf die Nutzlosigkeit von Waffensystemen in Regalen und Lagerhallen hingewiesen. „Patriots können nur Flugabwehrsysteme genannt werden, wenn sie funktionieren und Leben retten, statt irgendwo unbeweglich in Lagern herumstehen", schrieb er. Moderne Kampfflugzeuge könnten entscheidend daran mitwirken, wenn es darum gehe, „ob Kinder oder Enkel der heutigen Generation in Frieden und Sicherheit leben können".

US-Hilfen kommen nicht zu spät

Die US-Hilfen in Milliardenhöhe kommen nach Auffassung von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nicht zu spät. „Die Verzögerung habe aber reale Folgen für die Ukraine gehabt, sagte Stoltenberg. Die Ukrainer sind jetzt seit Monaten waffentechnisch unterlegen. Die Russen hatten viel mehr Munition und die Ukrainer waren gezwungen, ihre Munition zu rationieren", sagte Stoltenberg. „Aber es ist noch nicht zu spät. Die Ukrainer haben bei der Verteidigung ihres Landes enorme Fähigkeiten bewiesen."

Tschassiw Jar in der Ostukraine schwer umkämpft

Die zuletzt schwer umkämpfte Kleinstadt Tschassiw Jar im Osten der Ukraine bleibt trotz starker russischer Angriffe nach Berichten weiter unter der Kontrolle des ukrainischen Militärs. „Tschassiw Jar hält", sagte jetzt der Sprecher der dortigen Truppenverbände, Nasar Woloschyn, im ukrainischen Fernsehen. „Der Feind drückt zwar, aber die Lage ist unter Kontrolle, es gibt keine russischen Truppen in der Stadt." Die russischen Bodentruppen versuchten erfolglos, mit Artillerieunterstützung vorzudringen. Mindestens 13 russische Angriffe seien bis zum Abend abgewehrt worden, teilte der Generalstab in Kiew am Abend mit. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden.

Die Kleinstadt Tschassiw Jar gilt als nächstes Ziel der russischen Armee. Die Front verläuft wenige Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Der Ort liegt unweit der vor knapp einem Jahr von den Russen nach schweren Kämpfen eingenommenen Stadt Bachmut. Erst vor wenigen Tagen hatte Selenskyj Tschassiw Jar besucht und die Verteidigungsanlagen inspiziert.

Kiew berichtet von Druck russischer Truppen

Das russische Militär hat die ukrainischen Verteidiger an verschiedenen Frontabschnitten im Osten und Süden des Landes am Sonntag schwer unter Druck gesetzt. Der Generalstab in Kiew sprach in seinem täglichen Frontbericht von 37 Luftangriffen und schwerem Beschuss durch Mehrfachraketenwerfer. Eine Reihe von Angriffen russischer Einheiten an diversen Abschnitten sei abgeschlagen worden.

Russisches Kriegsschiff in Sewastopol beschädigt

Das ukrainische Militär reklamierte die Beschädigung eines Schiffs der russischen Marine für sich. Demnach wurde ein Schiff in einem Hafen von Sewastopol auf der von Russen besetzten Halbinsel Krim getroffen und schwer beschädigt, wie ukrainische Medien unter Berufung auf führende Militärs in Kiew berichteten. Zuvor war in russischen sozialen Medien am Sonntag von einer Explosion auf einem Schiff berichtet worden, die möglicherweise auf den Einschlag einer Rakete oder einer Kampfdrohne zurückzuführen sei. Eine offizielle Erklärung dazu von russischer Seite lag zunächst nicht vor. Die ukrainischen Streitkräfte haben in den vergangenen Monaten wiederholt russische Schiffe rund um die Krim mit verschiedenen Waffensystemen angegriffen.

Bei dem Schiff handle es sich um das U-Boot-Bergungsschiff „Kommuna", verlautete am Nachmittag aus Militärkreisen in Kiew. Der bereits 1912 auf Stapel gelegte Katamaran ist das wohl älteste aktive Schiff der russischen Marine.

Das wird am Montag wichtig

Die Außen- und Verteidigungsminister der EU-Staaten wollen sich an diesem Montag bei einem Treffen in Luxemburg mit ihren Kollegen aus der Ukraine austauschen. Im Zentrum der Beratungen soll die Frage stehen, wie die Ukraine stärker bei ihrem Abwehrkampf gegen Russland unterstützt werden kann.


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