Politik

Kritik an der Politik wegen Hochwasser in Süddeutschland wächst

In Deutschland sind Teile der Infrastruktur marode - Bahnstrecken ebenso wie Autobahnbrücken. Viele Bürger vermuten, dass auch am Hochwasserschutz gespart wurde. Die Kritik an der Politik wird lauter und schärfer
07.06.2024 09:19
Lesezeit: 2 min

Angesichts der großen Überschwemmungen im Süden Deutschlands kommt nun auch von den deutschen Versicherern Kritik an der Politik. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) räumte im Bundestag Verbesserungsbedarf beim Hochwasserschutz ein und sicherte den vom Hochwasser getroffenen Bürgerinnen und Bürgern erneut staatliche Hilfe zu. In den Hochwassergebieten an der Donau fließen die Wassermassen langsam ab, doch ist die Gefahr nicht gebannt. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) erwartet für das Wochenende im Süden kräftige Gewitter mit Starkregen.

Kritik an der Politik kam in den vergangenen Tagen in den sozialen Medien von Bürgerinnen und Bürgern, die sich über mangelhaften Hochwasserschutz beklagen, darunter fehlende Flutpolder. So hat Bayerns Regierung von sieben seit 2001 geplanten großen Flutpoldern nach über zwei Jahrzehnten bisher nur zwei gebaut. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verteidigte sich mit dem Argument, Polder an der Donau hätten für Schwaben und die kleineren Flüsse „keine Relevanz gehabt“.

„Da muss man schon mal unangenehme Fragen stellen“, sagte Oliver Hauner, der für Schadenverhütung zuständige Fachmann des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Als Beispiel nannte er Dammbrüche: Deiche müssten gepflegt werden: „Das ist ein Schutzbau, das ist nicht ein Erdwall, der herumliegt, den man zwanzig Jahre vernachlässigen kann.“ Nach Zahlen des GDV stehen mehr als 320.000 Häuser in hochwassergefährdeten Gebieten.

Debatte um Pflichtversicherung

Anlass der GDV-Pressekonferenz war die wieder aufgeflammte Debatte um die Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden, die Hochwasser und Sturzfluten abdecken würde. Die 16 Bundesländer wollen die Milliardenkosten der mittlerweile im Abstand weniger Jahre auftretenden großen Fluten nicht länger bezahlen und stattdessen die Versicherer in die Pflicht nehmen. Diese lehnen das wegen der erwarteten hohen Kosten ebenso wie Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ab.

Im Bundestag räumte Scholz ein, Bund und Länder müssten sich besser auf solche Katastrophen vorbereiten. Überall im Land müssten Flutpolder und Rückhaltebecken entstehen, auch wenn das nicht beliebt sei. Am 20. Juni will Scholz mit den Ministerpräsidenten über deren Forderung nach einer Versicherungspflicht sprechen. Für die Elementarversicherung jedoch finden auch Hauseigentümer, die sich freiwillig versichern wollen, in extrem hochwassergefährdeten Gebieten aktuell oft keine Versicherer. Scholz deutete zumindest in dieser Hinsicht an, dass er Änderungsbedarf sieht: "Eigentümer von Häusern und Wohnungen müssen sich gegen Elementarschäden versichern können."

Bürger wollen besseren Hochwasserschutz

Besseren Schutz vor extremen Wetterlagen wünscht sich nach einer Umfrage der R+V-Versicherung auch die große Mehrheit der Bevölkerung. Demnach sprachen sich 87 Prozent der 1000 Befragten für höhere staatliche Investitionen in Hochwasserschutz aus. Rund zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger sind für einen konsequenten Baustopp in hochwassergefährdeten Risikogebieten.

In den Hochwassergebieten an der Donau fließen unterdessen die Wassermassen nur langsam ab. Rund um Regensburg und Passau im Osten Bayerns blieb die Lage angespannt. Die Fluten hatten vor allem Kommunen entlang der Donau und ihrer Zuflüsse in Bayern und Baden-Württemberg getroffen. Mindestens sechs Menschen kamen ums Leben. Laut bayerischem Innenministerium wurden am Donnerstagvormittag drei Menschen vermisst, darunter ein 22 Jahre alter Feuerwehrmann.

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