Finanzen

DAX-Erholung auf wackligen Beinen, US-Dollar im Aufwind, Gold leidet - der DWN-Marktreport

Die DAX-Erholung hat sich im Dienstagshandel fortgesetzt, alles bleibt aber eine wacklige Angelegenheit. Am Gesamtmarkt sorgen Wirtschaftsdaten, Zinsentscheide und die Folgen der Europawahl für Turbulenzen. Wo die Ursachen liegen und wie es weitergeht, verraten wir in diesem DWN-Marktreport.
18.06.2024 17:47
Lesezeit: 5 min

Sie hat es also getan: die Europäische Zentralbank schlüpfte in die Vorreiterrolle und senkte am 6. Juni den Einlagensatz. Die EZB hatte diesen neun Monate lang auf dem Rekordwert von 4 Prozent belassen, um die Inflation im Euroraum unter Kontrolle zu bringen. Besonders überraschend war dieser Schritt nicht gekommen, schließlich wurde die Öffentlichkeit von den Ratsmitgliedern seit Monaten auf dieses Ereignis vorbereitet - ein logischer Schritt angesichts einer Inflation, die sich in vielen Kategorien zurückentwickelt hatte sowie eines Ausblicks, der konstant auf ein Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels im nächsten Jahr hindeutete.

Dennoch ist die Frage berechtigt, warum bereits jetzt? Denn die zuletzt veröffentlichten Wirtschaftsdaten, wie Verbraucherpreise, Löhne und auch die Wirtschaftsleistung sind zuletzt überraschend stark gestiegen. Sich angesichts dessen so früh festzulegen, während die EZB gleichzeitig betont, datenabhängig zu agieren, wirft bei vielen berechtigte Fragen auf. Auch, weil die EZB zeitgleich ihre Inflationsprognosen für 2024 und 2025 angehoben hat. Aus Sicht der Notenbank ist die Datenlage unklar, ergo dürfte man sich nun mit allzu deutlichen Hinweisen bezüglich des weiteren Weges zurückhalten. Dabei wird das Hauptaugenmerk nun auf dem Arbeitsmarkt liegen. Wenn dieser sich im Laufe des Sommers nicht spürbar verlangsamt, wird eine weitere Zinssenkung im September sehr unwahrscheinlich.

DAX-Erholung: Blick auf Konjunkturdaten und USA

Der Dax hat am Dienstag seinen jüngsten Erholungskurs mit moderatem Zuwachs fortgesetzt. Zum Handelsende gewann der deutsche Leitindex 0,35 Prozent auf 18 131,97 Punkte. Der jüngsten Korrektur wurde damit weiter Einhalt geboten.

Die Stabilisierung gleiche aber einem zarten Pflänzchen, das möglichst keinen plötzlichen Stimmungsschwankungen unter den Anlegern ausgesetzt werden sollte, erläuterte Analyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets. Denn die Ungewissheit über die politische Zukunft Frankreichs und damit der gesamten Europäischen Union sei derzeit zu groß.

Der MDax mit den mittelgroßen Werten legte um 0,42 Prozent auf 25 589,93 Zähler zu. Konjunkturdaten aus Deutschland und den USA hinterließen unter dem Strich keine Spuren. Generell gefragt waren Rüstungswerte. Deutschland hatte der Nato für 2024 geschätzte Verteidigungsausgaben von 90,6 Milliarden Euro gemeldet und würde damit derzeit klar das Zwei-Prozent-Ziel des Bündnisses erreichen.

In New York blieben am Dienstag bislang weitere Rekorde für den marktbreiten S&P 500 und den technologielastigen Nasdaq 100 aus. Der Leitindex Dow Jones Industrial notierte zum europäischen Börsenschluss kaum verändert.

Den DAX brachte diese EZB-Entscheidung wieder etwas auf Kurs: Am Dienstag setzte der deutsche Leitindex seinen jüngsten Erholungskurs mit moderatem Zuwachs fort. Gestützt wurde die Aufwärtsbewegung insbesondere durch die anhaltend positiven Impulse aus den USA, wo die Technologieaktien weiterhin Rekordstände verzeichnen. Zum Handelsende gewann der DAX 0,35 Prozent und stieg auf 18.131,97 Punkte. Der jüngsten Korrektur wurde damit weiter Einhalt geboten.

Bereits zu Handelsbeginn am Dienstag legte das Frankfurter Börsenbarometer zu und zeigte sich auch im Handelsverlauf weiterhin relativ stabil im Plus. Die Stabilisierung gleiche aber einem zarten Pflänzchen, das möglichst keinen plötzlichen Stimmungsschwankungen unter den Anlegern ausgesetzt werden sollte, erläuterte Analyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets. Denn die Ungewissheit über die politische Zukunft Frankreichs und damit der gesamten Europäischen Union sei derzeit zu groß.

Der MDAX mit den mittelgroßen Werten legte zum Handelsschluss um 0,42 Prozent auf 25.589,93 Zähler zu. Konjunkturdaten aus Deutschland und den USA hinterließen unter dem Strich keine Spuren. Generell gefragt waren Rüstungswerte. Deutschland hatte der Nato für 2024 geschätzte Verteidigungsausgaben von 90,6 Milliarden Euro gemeldet und würde damit derzeit klar das Zwei-Prozent-Ziel des Bündnisses erreichen.

Die Erholung am deutschen Aktienmarkt ist eine Folge der Entwicklungen in den vergangenen Wochen und Tagen. Ein kurzer Blick zurück, hilft die Situation an den Aktien- und Rohstoffmärkten einzuordnen.

Atemlos durch die Woche

In den USA sind Zinssenkungen hingegen in weitere Ferne gerückt: Die Marktteilnehmer hatten vergangene Woche erwartet, dass die Beschäftigtenzahlen jenseits des großen Teichs außerhalb der Landwirtschaft (Non-Farm-Payrolls vom 07.06.) eine Abkühlung des Arbeitsmarktes bestätigen. Doch es gab einen überraschenden Zuwachs um beinahe 100.000 Stellen im Vergleich zum Vormonat – was US-Zinssenkungshoffnungen einen herben Dämpfer verpasste.

Und noch bevor mit der US-Notenbanksitzung am vergangenen Mittwoch das nächste marktbewegende Ereignis anstand, schritt man in Europa an die Wahlurnen, wo die Ergebnisse der Abstimmung zum Europäischen Parlament, welche auf politisch turbulente Zeiten hindeuten, den Euro auf den tiefsten Stand seit einem Monat drückte, mit weiter fallender Tendenz.

Von der US-Notenbanksitzung hingegen hatte man keine Überraschung erwartet, obwohl ihr am gleichen Tag ein ausgesprochen günstiger Verbraucherpreisbericht für den Monat Mai vorausging, demnach die Gesamtinflationsrate im Jahresvergleich auf 3,3 Prozent gesunken war. Und wenn auch die monatliche Gesamtinflation für die US-Notenbank nicht die wichtigste Messgröße ist, taucht sie doch häufig in den Schlagzeilen auf. Im Mai lag sie erstaunlicherweise bei null. Das kommt nicht oft vor und wurde diesmal auch von niemandem erwartet. Zu Beginn des Tages wurde die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung in diesem Jahr als sicher eingestuft, während die Wahrscheinlichkeit einer zweiten Senkung bei genau 50 Prozent lag. Innerhalb einer Minute nach der Veröffentlichung des Verbraucherpreisindexes erhöhte sich dieser Wert auf 100 Prozent. Die US-Notenbanker selbst haben ihre Prognosen für die im Rest des Jahres noch zu erwartende Lockerung der Geldpolitik indes gestutzt.

Im Median rechnen sie nur noch mit einer einzigen Senkung der Leitzinsen. Im März waren es noch drei Schritte nach unten gewesen. Jerome Powell indessen betonte, hinter den neuen "Dotplots”, also der Erwartungshaltung der einzelnen Ausschussmitglieder, stehe eine konservative Sichtweise. Der Fed-Chef nutzte die Pressekonferenz, um die Bedeutung der Zinserwartungen seiner Kollegen herunterzuspielen, und gab an, dass die meisten die unerwartet niedrige Inflationsrate, die zuvor für Mai gemeldet wurde, in ihren Konjunkturerwartungen wohl noch nicht berücksichtigt hätten.

Dollar und US-Aktien steigen, Europa zeitweise unter Druck

Alles in Allem sorgten die jüngsten Ereignisse durchaus für Turbulenzen, profitieren konnte zuvorderst der US-Dollar. Stabile US-Zinsen, sinkende in Europa und ein Wahlausgang, der das Zeug hat, den alten Kontinent ins Chaos zu stürzen, drückten den Euro bis zum Ende der vergangenen Woche auf den niedrigsten Stand seit Anfang Mai. Und während der amerikanische S&P 500 in der vergangenen Woche an vier aufeinander folgenden Tagen auf Allzeithochs geschlossen und die Woche mit einem Plus von 2,7 Prozent beendet hatte, lassen seine europäischen Pendants weiter Federn.

Vor allem der deutsche Leitindex DAX und der französische CAC 40 litten, letzterer verzeichnete den schlimmsten Wochenrückgang seit zwei Jahren. Und während die Prognosen der namhaften Investmentbaken für die europäischen Märkte bestenfalls neutral sind, werden die US-Aktienbullen noch mutiger, nachdem Goldman sein Jahresendziel für den S&P 500 nun auf 5.600 Punkte angehoben hat. Citigroup stufte US-Aktien auf „übergewichten“ hoch, und die Kollegen des Investment-Beraters Evercore lehnen sich mit einem Jahreshöchststand von 6.000 Punkten am weitesten aus dem Fenster.

Beendet der wichtigste Goldkäufer seine Einkaufstour?

Besonders die Goldpreisentwicklung leidet unter dem deutlich zulegenden US-Dollar. Die guten US-Arbeitsmarktdaten, die dessen jüngste Aufwärtsbewegung initiierten, bekamen mit der Meldung, dass China im Mai kein einziges Gramm Gold zugekauft habe, sehr überraschend einen außerordentlich potenten Verstärker. Der 100-Dollar-Rutsch jenes Tages zeigt die Wirksamkeit einer solchen Datenkombination. China war einer der Hauptreiber der Ende 2022 begonnen Goldrally und trat 18 Monate in Folge als großer Käufer auf.

Die Information, dass China im Mai keine Käufe tätigte, sorgte im Markt für Unruhe, die Interpretation, dass das Land nun gänzlich den Kurs änderte, dürfte aber unzutreffend sein. Vielmehr ist eine Pause (oder schlicht unrichtige Angaben) wahrscheinlicher, angesichts der steilen Aufwärtsentwicklung der letzten Monate. Immerhin legte das gelbe Metall seit Beginn der Rally Anfang Oktober in der Spitze um mehr als 35 Prozent zu und notiert noch immer lediglich rund 5 Prozent unter seinem Allzeithoch.

Anders als viele Privatanleger scheuen sich professionelle Marktakteure zumeist davor, Rekordpreise zu zahlen. Hinzukommt, dass wir hier von China sprechen - und offiziellen Zahlen. Soll heißen: dieses sind mit einer gewissen Vorsicht zu nehmen, da von ihrer Veröffentlichung immer auch politische Signalwirkung ausgehen soll. Man bedenke, die zuletzt minutiös-regelmäßige Datenpräsentation war auch ein Novum, vor Beginn der Rally erfolgten derartige Meldungen höchstsporadisch. Das China seine De-Dollarisierung unvermittelt stoppt ist wenig glaubhaft, wahrscheinlicher ist, dass sich das laufende Kaufprogramm im Hintergrund fortsetzt und mit einer gegenteilige Meldung möglicherweise die Einkaufssituation preislich ein wenig optimiert werden soll. Die These ist natürlich nicht beweisbar.

Erdöl dreht wieder nach oben

Wenn auch der Goldrutsch mittlerweile abgefangen wurde und sich der Markt zusehends stabilisiert, haben die Bullen derzeit andernorts mehr Freude. So hatten die Ölpreise zum Monatsbeginn zunächst deutlich nachgegeben, ausgerechnet nach einer OPEC-Sitzung auf der die Verlängerung der laufenden Förderkürzungen beschlossen wurde. Das relativ komplizierte Regelwerk sah darüber hinaus jedoch auch ein Auslaufen bestimmter Vereinbarungen vor. Da diesen ein höheres Gewicht beigemessen wurde, sackten die Preise unmittelbar nach Bekanntwerden des Beschlüsse um gut 6 Prozent auf 76,76 US-Dollar (Sorte Brent) ab.

Mittlerweile notiert Rohöl mit über 80 Dollar wieder oberhalb des Vor-OPEC-Treffen-Niveaus. Ausschlaggebend dafür ist vor allem die aktualisierte Erwartung einer höheren Kraftstoffnachfrage im Sommer sowie neue Äußerungen des saudi-arabischen Energieministers, der sich, angesichts der Marktreaktion, berufen fühlte, den jüngsten OPEC-Beschluss ein wenig abzumildern, in dem er betonte, dass die weitere Politik der Gruppe in erster Linie von der Marktentwicklung abhängig sei.

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Markus Grüne

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Markus Grüne (49) ist langjähriger professioneller Börsenhändler in den Bereichen Aktien, Derivate und Rohstoffe. Seit 2019 arbeitet er als freier Finanzmarkt-Journalist, wobei er unter anderem eigene Börsenbriefe und Marktanalysen mit Fokus auf Rohstoffe publiziert. 

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