Die dem Programm zugrunde liegenden Prognosen seien fehlerhaft, da sie nicht die neuesten Daten berücksichtigten, erläuterte die Vorsitzende Richterin Ariane Holle (Az.: 11 A 16.20). Damit hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erneut - zumindest teilweise - gegen die Bundesregierung geklagt. Erst Mitte Mai hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) entschieden, dass die Bundesregierung ihr Klimaschutzprogramm überarbeiten muss, die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig.
Umwelthilfe: Tempo-Limit erforderlich
"Das ist ein wirklich guter Tag für die saubere Luft in Deutschland", sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch nach der Urteilsbegründung. "Erstmals wurde die Bundesregierung dazu verurteilt, tatsächlich wirksame zusätzliche Maßnahmen zur Reduktion von fünf Luftschadstoffen zu beschließen und umzusetzen - und zwar bereits für das Jahr 2025."
Auch diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit ließen die Richter eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu. Resch äußerte jedoch die Hoffnung, dass es bald zu Gesprächen mit den Bundesministerien für Verkehr, Bauen und Umwelt kommt. Um kurzfristig den Ausstoß von Stickstoffdioxid erheblich zu reduzieren, sei ein Tempo-Limit auf den Autobahnen nötig.
Verfahren läuft seit 2020
Die Umwelthilfe führt diverse Klagen gegen die Klima- und Umweltpolitik der Bundesregierung. Im aktuellen Fall geht es um das 2019 beschlossene und im Mai 2024 aktualisierte Umweltprogramm mit zahlreichen Maßnahmen, durch die Deutschland die europäischen Ziele zur Reduzierung des Ausstoßes von Luftschadstoffen erreichen will. Dies betrifft Ammoniak, Feinstaub, Schwefeldioxid und Stickstoffdioxid.
Die Klage der Organisation stammt bereits aus dem Jahr 2020 und bezieht sich auf das nationale Luftreinhalteprogramm von 2019. Im Laufe des Verfahrens hat die Bundesregierung Anpassungen vorgenommen. Aus Sicht der Umwelthilfe sind diese jedoch nicht ausreichend. Das aktuelle Umweltprogramm basiert auf Emissionsprognosen von 2021. Es wurden Maßnahmen berücksichtigt, die dann abgesagt oder abgeschwächt wurden.
Gericht: Fehler bei Prognosen
Das Gericht folgte in vielen Punkten der Argumentation. So sei der Klimaschutz-Projektionsbericht 2023 vom August 2023 nicht berücksichtigt worden, kritisierte der 11. Senat. "Dem Umweltprogramm kommt eine wesentliche Steuerungsfunktion zu", betonte Richterin Holle. Die Bemühungen dürften nicht eingestellt werden.
Der Senat beanstandete mehrere Fehler in der Prognose des Programms. So wurde unter anderem die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes vom September 2023 nicht berücksichtigt. Diese erlaube jedoch den Betrieb von Holzpelletheizungen, die zu einer erhöhten Feinstaubbelastung führen.
Zudem sei beim Thema Kohleverstromung davon ausgegangen worden, dass alle Kohlekraftwerke bis Ende 2029 abgeschaltet würden. Bezüglich des Verkehrs liege ein Prognosefehler vor, weil nicht berücksichtigt wurde, dass die staatliche Förderung für Elektrofahrzeuge zwischenzeitlich eingestellt wurde.