Als durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine die Strompreise in Deutschland zu explodieren drohten, führte die Bundesregierung Ende 2022 ein neues Gesetz ein. Mit einer Strompreisbremse sollten Haushalte und Unternehmen vor zu hohen Preisen geschützt werden. Doch nicht alle profitierten davon. Am Bundesverfassungsgericht wehren sich insgesamt 22 Betreiber von Ökostromanlagen dagegen, dass ihre Gewinne teils abgeschöpft wurden, um die Preisbremse zu finanzieren. Am Dienstag verhandeln die Karlsruher Richterinnen und Richter zu zwei entsprechenden Verfassungsbeschwerden. Ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was war noch mal die Strompreisbremse?
Die Strompreisbremse sollte Haushalte und Unternehmen bei damals steigenden Strompreisen entlasten. Ein Teil des Stromverbrauchs wurde dabei zu einem festgelegten, günstigeren Preis angeboten. So erhielten Haushalte und kleinere Unternehmen 80 Prozent ihres bisherigen Stromverbrauchs zu einem garantierten Bruttopreis von 40 Cent pro Kilowattstunde. Für Industriekunden lag die Grenze bei 13 Cent für 70 Prozent des bisherigen Verbrauchs. Mitfinanziert wurde das Ganze aus sogenannten Überschusserlösen - etwa von Ökostrom-Produzenten, die von den hohen Preisen profitiert hatten.
Und was sind Überschusserlöse?
Mit Zufallsgewinnen oder Überschusserlösen sind Gewinne gemeint, die damals deutlich über den erwartbaren Gewinnen der Unternehmen lagen. Ursache waren die extrem hohen Gaspreise infolge des russischen Angriffskriegs.
Weil Gaskraftwerke oft die teuersten Kraftwerke im Strom-Großhandel sind und den Preis für alle anderen Kraftwerke setzen, profitierten auch die anderen Erzeugungsarten von den hohen Strompreisen, während ihre Kosten in etwa gleich blieben. So konnten etwa Erneuerbare-Energien- oder Braunkohle-Anlagen ihren Strom zu Preisen verkaufen, die weit oberhalb ihrer Produktionskosten lagen. Diese Überschusserlöse wurden vom 1. Dezember 2022 bis 30. Juni 2023 abgeschöpft.
Was kritisieren die Unternehmen?
Nach Ansicht der klagenden Betreiber war die im Strompreisbremsegesetz festgehaltene Abschöpfung ihrer Überschusserlöse verfassungswidrig. Verbraucher zu entlasten liege schließlich nicht in ihrer Verantwortung, sondern sei eine gesamtgesellschaftliche und daher aus Steuermitteln zu finanzierende Aufgabe. Die Stromkosten seien zudem eben nicht wegen der erneuerbaren Energien so hoch gewesen, sondern wegen der kriegsbedingt angestiegenen Gaspreise vor allem durch die Gaskraftwerke verursacht worden. Ausgerechnet diese seien aber von der Abschöpfung ausgenommen gewesen. Die Ökostromerzeuger reichten in Karlsruhe daher Verfassungsbeschwerde ein.
Was ist eine Verfassungsbeschwerde?
Mit einer Verfassungsbeschwerde können sich vor allem Bürgerinnen und Bürger, aber auch Vereine, Stiftungen, oder Unternehmen an das Bundesverfassungsgericht wenden, wenn sie ihre Grundrechte verletzt sehen. Am Bundesverfassungsgericht gehen jährlich rund 5000 solcher Beschwerden ein. Es ist die häufigste Verfahrensart. Insgesamt sind Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe aber nur selten erfolgreich: Die Erfolgsquote der vergangenen zehn Jahre liegt nach Angaben des Gerichts bei gerade mal 1,66 Prozent.