Immobilien

Serielles Bauen: Wie Fertigmodule den Wohnungsmarkt verändern

Serielles Bauen soll die Wohnungsnot in Deutschland lindern. Fertighäuser aus der Fabrik versprechen schnelle und kostengünstige Lösungen – doch der erhoffte Boom lässt auf sich warten. Obwohl erste Großprojekte bereits laufen, kämpfen Unternehmen weiter mit Bürokratie, fehlenden Grundstücken und steigenden Baukosten.
21.07.2025 07:44
Lesezeit: 3 min

Serielles Bauen gegen Wohnungsnot: Immer mehr Fertigteile im Neubau

Schneller bauen, günstiger wohnen – die Bundesregierung setzt auf den Wohnungsbau mit Fertigmodulen. Erste Projekte laufen bereits, doch der große Boom bleibt bislang aus.

Auf einer weiten Wiese mit sandigem Boden und einem Kiefernwäldchen in der Nähe steht ein Kasten, der dabei helfen soll, die Wohnungsnot in Deutschland zu lindern. Fünf Etagen, vorgesetzte Balkone, die Fassade aus Holz. An den Briefkästen des Musterhauses prangen noch die Namen von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und der früheren Bauministerin Klara Geywitz (SPD), die vor drei Jahren mal hier waren. Schon die alte Ampel-Regierung setzte auf große Wohnungsprojekte in Fertigbauweise. Und auch die neue Regierung hat das sogenannte serielle Bauen im Koalitionsvertrag verankert.

"Das serielle Bauen hat sich in Deutschland zu einem strategisch wichtigen Instrument entwickelt, um den Wohnungsbau zu beschleunigen und effizienter zu gestalten", sagt eine Sprecherin des Bauministeriums. In Deutschland werden laut einer Prognose im Auftrag des Ministeriums bis 2030 jedes Jahr rund 320.000 neue Wohnungen benötigt. Die Ampel-Regierung hatte sich vorgenommen, jährlich 400.000 Wohnungen bauen zu lassen, dieses Ziel aber verfehlt. Nach Angaben des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) wurden 294.400 Wohnungen im Jahr 2023 fertiggestellt. Auch das liegt noch ein Stück weit hinter den Zielen der Prognose.

Häuser im Baukastenprinzip: Erste Projekte sind angelaufen

Helfen könnten seriell gebaute Wohnkomplexe, wie sie in der Fabrik von Nokera in Sachsen-Anhalt entstehen. An der einen Seite der rund 700 Meter langen Fabrikhalle lagert das Holz und wird vollautomatisiert über Bandanlagen transportiert. Zehn Minuten später kommt am anderen Ende eine fertige Häuserwand heraus. Von den Abläufen her werde im Grunde fast überall immer noch gebaut wie vor einhundert Jahren, sagt der Geschäftsführer der Nokera AG, Jan Hedding. Das Unternehmen setzt dagegen auf Automatisierung wie in der Autoindustrie. Es handele sich dabei keineswegs um Plattenbauten. "Wir produzieren hier den Golf unter den Häusern."

Dabei geht es nicht um einzelne Wohnungen oder Einfamilienhäuser, sondern um Wohnungen und Häuser im großen Stil. In Mannheim (Baden-Württemberg) ließ eine Wohnungsgesellschaft gleich mehrere Wohnblöcke in einem neuen Stadtteil errichten: mehr als 360 Wohnungen.

Anteil des seriellen Bauens wächst auf 11,5 Prozent

Mehr als jede zehnte neu gebaute Wohnung wurde im vergangenen Jahr mit Fertigbauteilen erstellt. Der Fertigbau konnte auch in Zeiten schwacher Baukonjunktur Marktanteile gewinnen, teilte das Bundesbauministerium mit. Die Zahl der in Fertigteilbauweise errichteten Wohnungen sei innerhalb von zehn Jahren von unter 20.000 auf rund 28.400 Wohnungen im vergangenen Jahr gestiegen. Damit erhöhte sich auch der Anteil am Wohnungsneubau von 2014 zu 2024 von acht auf 11,5 Prozent. Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW geht davon aus, dass künftig 20 bis 25 Prozent des Wohnungsbaus über serielles Bauen realisiert werden könnten.

"Die serielle und modulare Bauweise hat sich etabliert", sagt GdW-Hauptgeschäftsführerin Ingeborg Esser. "Natürlich wünschen wir uns eine noch größere Marktdurchdringung." Ein zentraler Hemmschuh bleibt jedoch die Verfügbarkeit von bebaubaren Grundstücken sowie Probleme beim Vergaberecht. Ausschreibungen gerade für öffentliche Auftraggeber dauerten teils viel zu lange und zögen sich mitunter über Jahre, heißt es in der Branche.

Probleme der Baubranche bleiben bestehen

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund sieht im seriellen Bauen gute Möglichkeiten für die schnelle Errichtung von Neubauten, Aufstockungen, Verdichtungen und energieeffizienten Sanierungen. "Es kann daher einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung der Wohnungsknappheit leisten", sagt Verbandssprecher Alexander Handschuh.

Neben dem Bau gewinnt nach Angaben des Bundesministeriums auch die serielle Sanierung immer mehr an Dynamik. Innerhalb von zwei Jahren stieg der Anteil von zwei Prozent im Jahr 2022 auf mehr als 23 Prozent im vergangenen Jahr. Zentrales Prinzip ist hier der Einsatz vorgefertigter Fassaden- und Dachelemente. Doch die Probleme in der Baubranche bleiben bestehen und reichen tiefer: steigende Baukosten, Finanzierungsprobleme von Projekten, Bürokratie und Fachkräftemangel.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Donald Trump: Warum die Wahlsiege der Demokraten kein Wendepunkt sind
07.11.2025

Vier Wahlsiege der Demokraten in Folge, und doch kein politisches Erdbeben: Donald Trump bleibt erstaunlich unerschüttert. Während die...

DWN
Politik
Politik Pistorius will mehr Mut und neue Führungskultur in der Bundeswehr
07.11.2025

Angesichts russischer Bedrohungen und interner Bürokratie fordert Verteidigungsminister Boris Pistorius tiefgreifende Reformen in der...

DWN
Panorama
Panorama Mehr Mobbing in Schule, Beruf und Netz – Studie warnt vor zunehmender Schikane
07.11.2025

Mobbing ist längst kein Problem von gestern: Eine aktuelle Studie zeigt, dass immer mehr Menschen sowohl am Arbeitsplatz als auch online...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rheinmetall startet Satellitenproduktion – Rüstung geht jetzt ins All
07.11.2025

Rheinmetall, bisher vor allem bekannt für Panzer, Haubitzen und Drohnen, wagt den Schritt ins Weltall. Der deutsche Rüstungskonzern hat...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Sichtbar mit KI: Wie KMU auf ChatGPT und Gemini gefunden werden
07.11.2025

Nach der Einführung von Googles KI-Übersicht ist der Website-Traffic im Schnitt um sieben Prozent gesunken. Klassisches SEO verliert an...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Teure Naschzeit: Preise für Schoko-Weihnachtsmänner steigen deutlich
07.11.2025

Süße Klassiker wie Schoko-Weihnachtsmänner, Dominosteine und Lebkuchen gehören für viele zur Adventszeit dazu – doch in diesem Jahr...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Krieg entzieht der russischen Wirtschaft die Kraft
07.11.2025

Die russische Wirtschaft gerät unter Druck: hohe Inflation, sinkendes Wachstum, militärische Überlastung und neue US-Sanktionen gegen...

DWN
Politik
Politik Merz am Amazonas – Kanzler setzt Zeichen für internationalen Klimaschutz
07.11.2025

Rund 20 Stunden Flug für gut 21 Stunden Aufenthalt: Bundeskanzler Friedrich Merz reist nach Brasilien, um am Amazonas Präsenz zu zeigen....