Im „smart Home“ werden viele Daten gesammelt: Vom vernetzten Kühlschrank, der Sprachassistenz oder dem Smart-TV – alles speichert Informationen. Die Digitalisierung bringt datenhungrige Geräte mit sich und davon sollen nach dem Willen der EU Nutzer mehr profitieren.
EU-Datengesetz: Data Act bringt Verbraucher neue Rechte
Per EU-Verordnung bekommen Verbraucher seit dem 12. September 2025 mehr Rechte an den Daten, die ihre vernetzten Geräte sammeln. Dann gilt für diese Produkte das EU-Datengesetz („EU-Data-Act“). Hersteller müssen demnach offenlegen, welche Informationen erhoben werden – und wie man darauf zugreifen kann.
Das Datengesetz der EU ist bereits Anfang 2024 in Kraft getreten und findet nun Anwendung. Es soll Verbrauchern erleichtern, ihre Gerätedaten einzusehen und bei Bedarf auch an andere Dienste weiterzugeben, etwa zu Reparaturzwecken. Am Ende sollen dadurch Dienstleistungen günstiger und einfacher werden.
Die wichtigsten Fragen zu den neuen Bestimmungen im Überblick:
Für welche Geräte gilt das Gesetz?
Für welche nicht, wäre fast leichter zu beantworten. Denn laut EU-Verordnung gelten die Regeln für alle sogenannten vernetzten Geräte. Das klingt nach Internetverbindung, aber die ist gar nicht zwingend nötig. Die Regeln schließen ausdrücklich Geräte mit kabelgebundener Datenübertragung ein.
Eine Kaffeemaschine, die etwa zu Reparaturzwecken per Kabel Daten übertragen könnte, fällt ebenso unter das Datengesetz wie „smarte“ Geräte, die per drahtloser Verbindung oder App gesteuert werden.
Um welche Daten geht es dabei?
Auch diese Definition ist im Gesetz allgemein gehalten. Zu den betroffenen Daten gehört dort „jede digitale Darstellung von Handlungen, Tatsachen oder Informationen“. Das können auch Videos, Bilder oder Tonaufnahmen sein, die ein Gerät gemacht hat. Entscheidend ist also eher, ob das betroffene Gerät Daten über seine Nutzung, Leistung oder Umwelt generiert oder sammelt – und weniger, wie es das tut.
Die Liste betroffener Branchen und Gesellschaftsbereiche ist also umfassend: Handys, Smartwatches, moderne Küchengeräte, Klimaanlagen, E-Bikes oder Autos sind ebenso betroffen wie industrielle Maschinen oder Flugzeuge.
Muss das Gerät neu sein?
Nein, das Recht auf die generierten Daten besteht auch bei bereits erworbenen Geräten, die weiter genutzt werden. Übrigens: Wer seinen Fitness-Tracker oder seinen Fernseher weiterverkauft, muss dem neuen Besitzer erklären, wie er an die Daten des Geräts kommt. Denn das EU-Datengesetz unterscheidet nicht zwischen Erstbesitz und Secondhand.
Ab September 2026 sieht das EU-Datengesetz zusätzlich vor, dass Hersteller ihre neuen Produkte mit einfachen Schnittstellen für den Datenzugang ihrer Nutzer auf den Markt bringen – die neuen Rechte ihrer Kunden also bei der Entwicklung bereits mitdenken.
EU-Data-Act: Was soll das den Nutzern bringen?
Oft haben sich Hersteller bisher Nutzungsrechte an allen anfallenden Daten selbst eingeräumt. Nun sollen sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen mehr Kontrolle über die eigenen Daten bekommen. Sie sollen künftig auf Daten zugreifen, sie löschen oder auch an Dritte weitergeben können.
Besonders Letzteres ist mit der Hoffnung verbunden, dass Reparaturen oder andere Dienstleistungen für Nutzerinnen und Nutzer günstiger und einfacher werden. Beispielsweise könnte sich ein Autobesitzer künftig dafür entscheiden, bestimmte Daten mit seiner Versicherung zu teilen. In der Theorie könnte ein vorbildliches Fahrverhalten vielleicht zu einer geringeren Versicherungsprämie führen.
Laut der europäischen Verbraucherschutzorganisation Beuc gibt es aber zu viele Ausnahmeregelungen, die diese Möglichkeiten in der Praxis erschweren. Beuc-Geschäftsführer Agustín Reyna bezeichnete das Gesetz daher als eine „verpasste Chance“.
Wie sollen Nutzer an die Daten kommen?
Hier gibt die EU-Verordnung den Anbietern zwei Möglichkeiten: Direkter oder indirekter Zugang. Wo möglich, sollen Nutzer ohne weiteres selbst auf die Daten zugreifen können. Wie das geht, darüber müssen die Anbieter und Hersteller bei Erwerb des Produkts informieren.
Sollte ein direkter Zugang nicht möglich oder vom Hersteller nicht erwünscht sein, so soll der Verordnung nach eine einfache Anfrage, etwa auf einem entsprechenden Webportal, reichen. Ohne große Hürden soll dann eine Antwort mit den entsprechenden Daten folgen.
Was erhofft sich die EU durch das Datengesetz noch?
Durch den freizügigeren Datenhandel sollen nach den Plänen der EU neue Geschäftsfelder entstehen oder bestehende wachsen. Die Datenschöpfung soll also mehr zur Wertschöpfung beitragen.
Außerdem sollen Behörden in Ausnahmefällen wie bei Waldbränden oder Hochwasserkatastrophen auf Daten zugreifen können, die in Besitz der Privatwirtschaft sind.
Große Cloud-Anbieter wie Amazon Web Services, Microsoft oder Google werden nun dazu verpflichtet, illegalen Zugriff auf Daten zu verhindern und einen leichteren Anbieterwechsel zu ermöglichen.
Kritik am EU-Datengesetz: Was sagen die Unternehmen?
Kritik gibt es etwa vom Digitalverband Bitkom und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). In Deutschland herrsche wegen der EU-Verordnung noch viel Unsicherheit. Der Gesetzgeber habe es in der 20-monatigen Übergangsfrist nicht geschafft, die EU-Verordnung in deutsches Recht zu überführen, beklagten beide Verbände. Dadurch fehle es an klaren Ansprechpartnern bei den Behörden.
Eine funktionierende Datenwirtschaft sei zentral für erfolgreiche digitale Geschäftsmodelle, fügte BDI-Co-Geschäftsführerin Iris Plöger hinzu. „Der EU-Gesetzgeber greift jedoch übermäßig in die Vertragsautonomie der Industrie ein“, so Plöger.
Positiv bewertete Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst mögliche Chancen durch die EU-Verordnung. Das Gesetz könne datengetriebene Geschäftsmodelle voranbringen.
Data Act: Direkter Datenzugang für Nutzer, indirekt für Reparaturbetriebe
Zwar legt der Data Act erst einmal nur den verpflichtenden Datenzugriff für die Besitzer des Geräts fest. Diese können die Daten dann an einen Dritten ihrer Wahl weitergeben, also auch an einen unabhängigen Reparaturbetrieb. Damit ist zumindest für den Umgang mit Nutzerdaten eine Lösung in Sicht. Die Herausgabe von Reparatursoftware ist im Data Act allerdings kein Thema.
So mahnt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), der den Data Act grundsätzlich begrüßt, dass es in der Anwendung keine Sonderregeln oder Verzögerungen geben dürfe, die den Data Act faktisch aushöhlen. „Nur dann kann der Data Act sein Versprechen einlösen, die Datenwirtschaft in Europa offener, wettbewerbsfähiger und innovationsfreundlicher zu gestalten“, heißt es von Seiten des Verbands. Die nationalen Behörden sollten dem ZDH zufolge jetzt praxisnahe Leitlinien bereitstellen und die neuen Rechte konsequent durchsetzen.
Reparieren oder neu kaufen?
Erst kürzlich zeigte eine internationale Studie des Nürnberg Instituts für Marktentscheidungen (NIM), dass hierzulande die Reparaturpraxis schwach ausgeprägt ist. Demnach ließen nur 41 Prozent der Verbraucher im vergangenen Jahr ein Elektrogerät reparieren. Das ist der niedrigste Wert unter den sieben untersuchten Ländern. Viele Deutsche wünschen sich der Studie zufolge aber durchaus, dass es einfacher wird, Elektrogeräte wieder instand zu setzen. Das sagten 78 Prozent der Befragten.
Fazit: Data Act eröffnet Chancen und wirft Fragen auf
Um ein Gerät reparieren zu lassen, müssten Verbraucher ab jetzt nicht mehr unweigerlich den Service des Herstellers in Anspruch nehmen, der dazu notwendige Daten besitzt. Sie bekommen Zugang zu ihren Daten und damit auch mehr Entscheidungsfreiheit, an wen sie ihre Daten weitergeben und zu welchem Zweck. Was sich in der Praxis allerdings erst noch zeigen muss – und was zu Problemen führen könnte, ist der Schutz von Geschäftsgeheimnissen, der den Herstellern im Data Act zugestanden wird.
Der Data Act bedarf nun noch einer Umsetzung in den Behörden der einzelnen EU-Länder – etwa für Kontrollen und die Durchsetzung der neuen Rechte. Wie dies aussehen soll, ist noch unklar.

