Unternehmen

Finanzmärkte nervös wegen Banken-Krach in Portugal

Die Papiere der portugiesischen Espirito Santo Bank wurden nach einem massiven Absturz vom Handel ausgesetzt. Grund dafür sind Zahlungsprobleme der verschuldeten Muttergesellschaft ESI. Gegen die Holding wird zudem wegen massiver Unregelmäßigkeiten ermittelt. Die Bank ist international verflochten, die portugiesische Regierung bereitet die Rettung vor.
10.07.2014 15:07
Lesezeit: 2 min

 

Undurchsichtige Geschäfte und mutmaßliche Zahlungsprobleme der Bankiersfamilie Espirito Santo setzen die gleichnamige Bank unter Druck. Dessen Aktien wurden am Donnerstag vom Handel in Lissabon ausgesetzt, nachdem sie zuvor um bis zu 19 Prozent auf ein Zwölf-Monats-Tief von 0,50 Euro gefallen waren. Auch andere Finanztitel in Europa gerieten in diesen Abwärtsstrudel. Die Kosten, zu denen sich Portugal Geld am Kapitalmarkt leihen kann, zogen deutlich an.

Inzwischen wurden auch die Aktien und Anleihen der Espirito Santo Financial Group wegen erheblicher Schwierigkeiten vom Handel ausgesetzt. Das hat die Talfahrt des portugiesische Aktienindex nochmals verstärkt: Seit Ende März ist der PSI kontinuierlich um mehr als 20 Prozent eingebrochen und damit jetzt im so genannten Bärenmarkt angekommen. Die Befürchtungen der Anleger wachsen, dass die Zahlungsschwierigkeiten der in Familienbesitz befindlichen Holdinggesellschaft Espirito Santo International die Börsen in ganz Europa in Schwierigkeiten bringen.

Die Banco Espirito Santo zählt zu jenen Großbanken in der Euro-Zone, die ab November von der Europäischen Zentralbank (EZB) beaufsichtig werden sollen und damit auch dem Stresstest unterzogen werden. Hintergrund der Spekulationen um das Geldhaus sind Probleme von dessen Großaktionär, der Espirito Santo Financial Group (ESFG). Deren Aktien und Anleihen wurden ebenfalls vom Handel ausgesetzt. Begründet wurde dies mit "erheblichen Schwierigkeiten" bei der Muttergesellschaft Espirito Santo International (ESI). Gegen die in Luxemburg ansässige Holding ESI ermitteln die Behörden seit einiger Zeit wegen massiver Unregelmäßigkeiten. Laut Medienberichten soll die Gesellschaft über sieben Milliarden Euro Schulden haben, die sie nicht komplett bedienen kann. Finanzkreisen zufolge wird mit Hochdruck an einem Rettungsplan gearbeitet.

„Das wird zunehmend eine Situation, die ESI und ESFG und vielleicht sogar die Bank nicht mehr kontrollieren können“, sagte Analyst Tom Jenkins von Jefferies in London. Die Bank hat inzwischen die Hälfte ihrer Marktkapitalisierung verloren. Die Bankiersfamilie Espirito Santo ist mit 25 Prozent zwar noch immer größter Aktionär des Instituts, hält seit einer milliardenschweren Kapitalerhöhung im Juni aber nicht mehr die Mehrheit. Aus der Führungsriege des Instituts sind die Familienpatriarchen ausgestiegen.

Die Banco Espirito Santo hat in den 90er Jahren ihr Filialnetz zum größten des Landes ausgebaut. So ist sie heute mit 643 Filialen in Portugal präsent. Hinzu kommen 145 Filialen ausländischer Tochtergesellschaften. Sollte die BES tatsächlich zahlungsunfähig werden, wären 2,2 Millionen Kunden betroffen. 36,8 Milliarden Euro Einlagen ständen auf der Kippe. 10.000 Mitarbeiter müssten um ihre Stelle bangen.

Eine Unternehmenskrise könnte sich zudem auf weitere Gesellschaften ausweiten. Ein wichtiger Anteilseigner der BES ist die französische Großbank Crédit Agricole. Die französische Bank wurde vom internationalen Finanzstabilitätsrat als eine von 28 systemisch bedeutsamen Finanzinstitut eingestuft. Die Credit Acricole war erst kürzlich in einen massiven Bank-Run in Bulgarien verwickelt: Die bulgarische Corporate Commercial Bank (Corpbank) hatte die lokale Tochter der französischen Crédit Agricole übernommen. Die Corpbank musste kurz darauf mit Milliardenkrediten von der EU gerettet werden (mehr dazu hier).

Auch die Bank Bradesco hält Anteile an der BES. Die Bank Bradesco zählt zu den vier größten Banken Brasiliens. Aufmerksam sollte man nun die Entwicklung der größten Versicherungsgesellschaft Portugals verfolgen. Die Companhia de Seguros Tranquilidade ist wie die BES eine Tochtergesellschaft der Holding Espirito Santo International.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Panorama
Panorama 100 Jahre Rolltreppe: Aufstieg in 30 Sekunden
13.07.2025

Die Rolltreppe ist allgegenwärtig – und doch übersehen wir oft ihre faszinierende Geschichte. Seit 100 Jahren bewegt sie Menschen durch...

DWN
Technologie
Technologie The bright, bright future ahead (AI): Bringt künstliche Intelligenz uns eine bessere Zukunft?
13.07.2025

Es geht Schlag auf Schlag. Bald, so hört man, haben wir die AGI (artificial general intelligence) und danach kommt die Superintelligence....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Geschäftsideen schützen: Mehr Umsatz für Unternehmen mit Patenten und Marken
13.07.2025

Mehr als 50-Prozent mehr Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationen schützen – warum cleverer Schutz der...

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...