Finanzen

Draghi ernüchtert: EZB kann Arbeitslosigkeit nicht senken

Die hohe Arbeitslosigkeit sei ein strukturelles Problem und schränke deshalb auch die Handlungsmöglichkeiten der EZB ein, so EZB-Chef Draghi. Allerdings müsse klar sein, „unser Mandat ist nicht die Vollbeschäftigung“. Aber auch politisch sieht er hier wenig Spielraum. Denn: Die Sparmaßnahmen haben zwar zu kurzfristigen Schrumpfungseffekten geführt, aber umkehren wäre falsch.
10.01.2013 16:17
Lesezeit: 2 min

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Im Zuge der Sparpolitik hat die Arbeitslosigkeit im Euroraum – besonders unter den Jugendlichen in der Peripherie (hier) – massiv zugenommen (Tendenz steigen – mehr hier). Aber eine Lockerung der Sparmaßnahmen hält EZB-Chef Draghi für nicht tragbar. Während Eurogruppenchef Juncker kürzlich darauf verwies, dass ein weiteres Zuviel an Haushaltssanierung schädlich wäre, da die Arbeitslosigkeit bereits zu hoch sei, hat Mario Draghi hier keinerlei Bedenken. Bisher seien schon „so viele Fortschritte mit so großen Opfern gemacht worden, dass eine Umkehr nicht das richtige wäre. Noch immer sei die Haushaltssanierung unvermeidlich. Zwar komme es dadurch zu „kurzfristigen Schrumpfungseffekten“, wie beispielsweise eine steigende Arbeitslosigkeit, aber „es ist schon so viel getan worden, dass es doch nicht in Ordnung wäre nun umzukehren“, fuhr Draghi fort.

Auf die Frage, inwiefern die EZB etwas gegen die hohe Arbeitslosigkeit unternehmen könne, da sich diese auf die Wirtschaftsleistung im Euroraum und letztlich auch auf die Geldpolitik auswirken werde, antwortete Draghi, die EZB „kann da nicht sehr viel tun“. „Unser Mandat ist nicht die Vollbeschäftigung“, so Draghi. Zudem verwies er darauf, dass die hohe Arbeitslosigkeit eher ein strukturelles Problem sei, es gebe quasi zwei Arbeitsmärkte. Einen Markt für Ältere und einen für Jüngere und im Zuge der Krise genossen die Jugendlichen mittlerweile oft weniger Schutz als die Älteren. Aber man müsse sich auch fragen, warum Arbeitslose „nicht aus den Gegenden, in denen der Arbeitsmarkt nicht so gut ist, weggehen“, fügte der EZB-Chef hinzu. Doch nur, weil die EZB nicht konkret etwas zur Senkung der Arbeitslosigkeit unternehmen könne, heiße es das nicht, dass die EZB das Problem nicht in ihre Entscheidungen mit einbeziehen würde, sagte Mario Draghi.

Unabhängig von dem Problem der Arbeitslosigkeit präsentierte EZB-Chef Mario Draghi auf der Pressekonferenz aber vor allem die Fortschritte der vergangenen sechs Monate. Die Finanzmarktbedingungen hätten sich „beträchtlich verbessert“, die Zinsraten seien niedriger ausgefallen (hier), aber auch die Kapitalflucht habe abgenommen und die Target-2-Salden seien zurückgegangen, so der EZB-Chef. Alle Anzeichen würden derzeit auf eine Rückkehr des Vertrauens verweisen.

Allerdings musste Draghi eingestehen, dass die Realwirtschaft weiterhin schwach ist und es deshalb beispielsweise auch keinen Grund gab, den Leitzins wieder zu heben (hier). „Von der Finanzwarte aus betrachtet sind wir jetzt wieder in einer normalen Situation“, erklärte Draghi, aber nicht hinsichtlich eines wirtschaftlichen Aufschwungs. Bisher ist die Kreditvergabe an die Privatwirtschaft trotz der zwei Tender zwar kaum gewachsen (mehr hier). Dennoch gehe die EZB davon aus, dass die „lockere Geldpolitik der EZB“ sich im späteren Verlauf des Jahres positiv auf die Kreditvergabe auswirken werde, so Draghi.

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