Der russische Stahl-Riese Severstal – ein Unternehmen des mächtigen Oligarchen Alexei Mordaschow – wird derzeit arg von der Pandemie gebeutelt: Die Erlöse sind bis Ende Juni um ein Fünftel eingebrochen, und die Nettogewinne verringerten sich um die Hälfte, so dass der Konzern unbedingt neue positive Impulse braucht, um die Misere zu überwinden.
Deswegen verstärkt der viertreichste Russe, der über ein geschätzes Vermögen von 20 Milliarden Dollar verfügt, jetzt das Geschäft mit dem lukrativen Flüssiggas. So hat sein Konzern Severstal seine Beteiligung an einem Joint-Venture von 26 auf 50 Prozent erhöht, das die Russen gemeinsam mit dem internationalen Gas-Unternehmen Linde betreiben. Es hat seinen Hauptsitz in Sankt Petersburg und stellt besondere Wärmetauscher für Flüssiggas her, die für die Produktion notwendig sind.
"Die Erhöhung unseres Anteils war der logische Schritt, um die Präsenz unseres Unternehmens auf dem Markt für die Produktion, die Lagerung und den Transport von Flüssiggas zu stärken, der sich dynamisch entwickelt", sagte der Generaldirektor von Severstal, Alexander Schewelew. "Aktuell ist die Auftragspipeline fast zu hundertprozent gefüllt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Produktionskapazitäten noch einmal zu erhöhen. Im Dezember 2019 gab es bereits den ersten Exportauftrag für das Jahr 2021", so der Manager.
Hintergrund: Der russische Stahlkonzern hatte im vergangenen Jahr einen Anteil von etwas mehr als ein Viertel an dem Unternehmen übernommen, das von Linde bereits 2017 aus der Taufe gehoben worden war. Der Plan sieht vor, dass das Joint-Venture pro Jahr sechs sogenannte spiral-gewickelte Wärmetauscher produziert. 2020/ 2021 sollte das Werk seine volle Auslastung haben.
Linde führender Anbieter von besonderer Technologie
Linde gilt als weltweit führender Anbieter dieser Technologie, die eine Schlüsselkomponente für jede Anlage zur Erdgas-Verflüssigung darstellt. Die Gewinnspannen sind sehr hoch. Da die Technologie kompliziert ist, verfügt Linde hier im Prinzip über ein Alleinstellungsmerkmal.
Bisher hat das internationale Unternehmen rund 1.000 Stück an unterschiedliche Kunden geliefert – beispielsweise nach Norwegen. So werden bei einem Projekt in Stavanger pro Jahr 300.000 Tonnen Erdgas verflüssigt.
Wie lukrativ dieses Geschäft für Linde ist, wird auch an der Bilanz deutlich: Denn die Sparte „Engineering“, zu der der Verkauf der Wärmetauscher gehört, steuert pro Jahr rund 15 Prozent zu den Gesamtumsätzen bei, die im zweistelligen Milliarden-Euro-Bereich liegen.
Dieser geschäftliche Erfolg hat auch seinen Grund. Denn der Markt für Flüssiggas hat in der Vergangenheit große Steigerungsraten gezeigt: So haben sich die gehandelten Volumina innerhalb von zehn Jahren zwischen 2009 und 2019 auf 485 Milliarden Kubikmeter nahezu verdoppelt. Russland kontrolliert bisher an diesem Markt einen Anteil von sechs Prozent und liegt damit auf dem sechsten Platz. Die Nummer eins ist Qatar mit etwa 25 Prozent, gefolgt von Australien (rund 22 Prozent) und Malaysia (7,7 Prozent).
Dabei stimmen auch die langfristigen Wachstumsprognosen: So rechnen die Energieexperten von Shell damit, dass sich die Nachfrage bis 2040 auf 700 Milliarden Kubikmeter Tonnen erhöhen wird. Allerdings gibt es einen kleinen Wermutstropfen: Kurzfristig dürfte das Angebot nicht weiter wachsen, weil einige LNG-Projekte erst 2021 abgeschlossen werden, glauben die Fachleute.