Deutschland

Explosive ARD-Sendung: „Keine Übersterblichkeit durch Corona“

Ein ARD-Beitrag vom 5. Oktober sorgt derzeit in den sozialen Netzwerken für Furore. Der scheinbare Sinneswandel des öffentlich-rechtlichen Fernsehens bezüglich der Corona-Lage kam überraschend.
07.10.2020 12:38
Aktualisiert: 07.10.2020 12:38
Lesezeit: 2 min
Explosive ARD-Sendung: „Keine Übersterblichkeit durch Corona“
Mittlerweile regt sich auch bei der staatsnahen ARD Kritik an der Corona-Politik der Regierung. (Foto: dpa)

Für unsere Leser dürfte es keine Neuigkeit sein, dass in Deutschland die Zahlen rund um Corona keinen Anlass zur Sorge geben. Das Thema hatten wir bereits sehr detailliert in einer großen Analyse aufbereitet.

Für einige Fernseh-Zuschauer dürfe das aber neu sein. Und der 20-minütige Beitrag von „ARD extra“ mit dem Titel „Die Corona-Lage“ enthält einige sehr interessante Informationen, die auch die DWN bereits mehrfach aufgegriffen hatten.

Leere Corona-Stationen

Etwa ab Minute 12 wird der Beitrag besonders interessant. Hier tritt der Arzt Prof. Torsten Bauer (Leiter des Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin) auf. In seiner Lungenklinik seien die Corona-Stationen nahezu leer. Er meint, man müsste von der Fokussierung auf die reinen Fallzahlen und Neuinfektionen wegkommen.

„Ich als Mediziner hätte ganz gern dagegen gespiegelt die Zahl der Krankenhausaufnahmen, weil die absolute Infektionszahl für Mediziner ja nur sagt: Wie viele haben sich infiziert, aber nicht: Wie viele waren krank.“

Als nächstes werden zwei Grafiken gezeigt, die Fallzahlen und Krankenhausaufenthalte gegenüberstellen: Die Behauptung, dass zu Beginn der angeblichen Pandemie 20 Prozent der Infizierten stationär behandelt wurden, ist zwar nicht ganz korrekt. Denn hier wurde nur ein bestimmter Datenpunkt an wöchentlichen Neuinfektionen den Krankenhausaufenthalten gegenübergestellt. Die wöchentlichen Neuinfektionen sind nur ein Bruchteil der Gesamtzahl an Infizierten, während die Krankenhauszahlen tatsächlich alle akuten Corona-Patienten erfassen, auch diejenigen, die länger in Behandlung bleiben.

Trotzdem erkennt man an der Grafik sehr schön, dass seit August die Fallzahlen wieder deutlich steigen, aber die Anzahl an Corona-Patienten in stationärer Behandlung weiterhin so gering ist, dass man es in der Grafik kaum erkennen kann. Die Datenkurve ist einfach zu nah an der X-Achse.

Im Oktober ist ein ganz leichter Anstieg zu beobachten, den man in der Originalquelle zu den Patientenzahlen (DIVI Intensivregister) noch besser erkennen kann.

Das Niveau ist aber weiterhin sehr niedrig. Weniger als 500 Menschen in Deutschland befinden sich wegen Corona in intensivmedizinischer Behandlung. Die Kapazitäten werden nicht mal ansatzweise abgerufen.

Steigende Infektionszahlen – kein Grund zur Panik

Der Anstieg der Neuinfektionen sei also erstmal kein gravierendes Problem, heißt es in dem Beitrag. Es komme auf die Zahl der schweren Verläufe an.

Laut dem Virologen Hendrik Streeck wäre auch eine enorme Verschärfung der Neuinfektionsdynamik erstmal kein Grund zur Panik: „Kein Virologe würde widersprechen, dass wir alle damit rechnen, dass […] die Infektionszahlen […] massiv nach oben gehen werden. 20.000 Neuinfektionen pro Tag, das klingt erstmal nach Apokalypse, das sind enorme Zahlen, aber im Grunde sollte uns das keine Angst machen, weil ein milder Verlauf oder ein Verlauf ohne Symptome trägt nicht so stark zum Infektionsgeschehen bei.“

Offenbar hat man bei der ARD unsere Analyse gelesen, denn als nächstes werden die Todeszahlen thematisiert. Rund 9.600 Corona-Tote waren es zum Zeitpunkt der Ausstrahlung der Sendung. Diese werden nun mit den durchschnittlichen Gesamt-Todeszahlen in den Jahren 2016 bis 2019 verglichen. Pro Woche wären in diesem Zeitraum zwischen 16.000 und 20.000 Menschen gestorben.

Zum Abschluss der hochexplosiven vier Minuten wird Andreas Gassen (Vorstand der kassenärztlichen Vereinigung) zitiert: „In Deutschland gibt es keine Übersterblichkeit, das heißt verkürzt, es sterben [trotz des Coronavirus, Anm. d. Red.] nicht mehr Menschen als in jedem anderen Jahr ohne Corona.“

Was genau nun den Sinneswandel bei der ARD verursacht hat? Darüber kann man nur spekulieren. Womöglich hatte sich vorher einfach niemand die Zahlen im Detail angeschaut. Für Deutschland hat der Beitrag eine enorme Tragweite. Noch nie zuvor wurden die zahlreichen Zuschauer des öffentlich-rechtlichen Fernsehens – laut ARD wurde der Beitrag von 3,3 Millionen Menschen gesehen – auf diese Art und Weise mit den Corona-Zahlen konfrontiert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Das Zeitalter des intelligenten passiven Einkommens: Bitcoin-Mining mit BlackchainMining

In der heutigen, sich rasant entwickelnden digitalen Wirtschaft sind Kryptowährungen wie Bitcoin nicht nur Vermögenswerte, sondern auch...

DWN
Finanzen
Finanzen Optimismus für europäische Banken und der Auftakt zu 2026
09.12.2025

Die Wall Street steht vor Rekorden. Analysten sehen starke Impulse für 2026, doch warnen vor Risiken. Banken glänzen, Bitcoin sorgt für...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Voith: Maschinenbauer streicht 2.500 Stellen
09.12.2025

Der Maschinenbauer Voith plant in Deutschland den Abbau von bis zu 2.500 Stellen. Grund sind strukturelle Probleme wie hohe Energie- und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Feiertage killen fürs BIP: Ist das wirklich eine gute Idee?
09.12.2025

Mehr Arbeitstage, mehr Wachstum – so lautet das einfache Versprechen für 2026. Doch die Debatte über einen möglichen Wegfall eines...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Exporte: USA- und China-Geschäft bricht im Oktober ein
09.12.2025

Die deutschen Exporte geraten in ihren wichtigsten Absatzmärkten ins Rutschen, und die Zahlen aus den USA und China zeichnen ein klares...

DWN
Finanzen
Finanzen Neues Silberpreis-Rekordhoch: Engpässe treiben Aufwärtsrallye – warum Anleger jetzt wachsam sein müssen
09.12.2025

Der Silberpreis jagt von Rekord zu Rekord und übertrifft selbst den Hype um Gold, folgerichtig gibt es am Dienstag ein neues...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Arbeitsmarkt: Sieben Wege wie Unternehmen Fachkräfte finden und halten
09.12.2025

Qualifizierte Fachkräfte werden knapp – das spüren Unternehmen bei der Personalsuche immer deutlicher. Die Folgen: Engpässe,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Milan Nedeljkovic BMW: Er folgt auf Oliver Zipse
09.12.2025

BMW bekommt einen neuen Chef: Milan Nedeljkovic übernimmt das Ruder von Oliver Zipse. Der Produktionsvorstand bringt Erfahrung aus fast...

DWN
Finanzen
Finanzen Allianz-Aktie im Fokus: Allianz-Kooperation mit Oaktree – was der Syndikat-Pakt für Anleger bedeutet
09.12.2025

Ein neuer Deal in London, ein bestätigtes Top-Rating und höhere Gewinnziele treiben die Allianz-Aktie bis an das Jahreshoch. Doch hinter...