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DWN-SERIE PARTEIENPROGRAMME: CDU und CSU sind gegen eine europäische Schuldenunion

Lesezeit: 4 min
22.06.2021 15:42  Aktualisiert: 22.06.2021 15:42
Aus dem Wahlprogramm der CDU/CSU geht hervor, dass es auch künftig keine EU-Schuldenunion geben soll.
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Julia Klöckner (l-r, CDU), Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, Silvia Breher, stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende, Daniela Ludwig (CSU), Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Hans-Peter Friedrich (CSU), Dorothee Bär (CSU), Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, und Jens Spahn (CDU), Bundesminister für Gesundheit, warten auf den Beginn der Klausur der Spitzen von CDU und CSU zur Verabschiedung des Wahlprogramms für die Bundestagswahl. (Foto: dpa)
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Aus dem Wahlprogramm der CDU/CSU geht hervor, dass es keine Schuldenunion geben soll: „Die Europäische Union hat mit dem Aufbauinstrument ,Next Generation EU‘ in Verbindung mit dem Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 angemessen und solidarisch auf die Corona-Krise reagiert. Europa kann nur gemeinsam stark sein. Daher haben wir uns für die Unterstützung der von der Krise besonders betroffenen Länder im Süden Europas eingesetzt. Die damit verbundene europäische Schuldenaufnahme ist befristet und einmalig. Sie ist kein Einstieg in eine Schuldenunion – und darf es nie werden. Denn für eine verantwortliche Finanz- und Haushaltspolitik in den Mitgliedstaaten müssen Haftung und Verantwortung in einer Hand bleiben.“

Jedes EU-Land soll laut Programm erst versuchen, seine Schulden eigenständig zu bezahlen.

In einem Abschnitt heißt es: „Wir wollen, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf eine verlässliche Mitbestimmung setzen können und möglichst viele Beschäftigte durch Betriebs- und Personalräte vertreten werden. Hier sind zuallererst die Tarifpartner in der Pflicht. Ihre Aufgabe ist es, für gute Löhne und Arbeitsbedingungen zu sorgen und tragfähige Lösungen für den Wandel der Arbeitswelt zu finden.“

Damit macht die Partei deutlich, dass sie die Rechte der Arbeitnehmer stärken will.

Zum Bereich der Sicherheitspolitik und Strafverfolgung führt die CDU/CSU aus: „Wir wollen, dass künftig softwaregestützte Werkzeuge verstärkt zum Einsatz kommen, mit deren Hilfe sich die Tatmuster von Einbrechern vorhersagen lassen. So können besonders gefährdete Wohngebiete erkannt und gezielt mit Polizeistreifen überwacht werden (…) Wir werden weiter dafür kämpfen, dass die Sicherheitsbehörden die Befugnisse erhalten, die sie für eine effektive Aufklärung im Vorfeld eines Anschlages brauchen. Denn es darf keinen technischen Vorsprung zwischen denen geben, die Anschläge planen, und denen, die diese verhindern sollen. Die Befugnisse von Polizei und Verfassungsschutz müssen auch in der digitalen Welt so wirksam sein, wie sie es in der analogen Welt sind. Wenn ein richterlicher Beschluss eine Telefonüberwachung oder die Durchsuchung einer Wohnung ermöglicht, muss Gleiches auch für verschlüsselte Nachrichten und Telefonate gelten, für das digitale Büro auf dem Computer oder Laptop.“

Zur Steuerpolitik führt die Partei aus: „Wir werden nichts versprechen, was wir nicht einhalten können. Durch die hohen Ausgaben zur Bekämpfung der Pandemie sind die finanziellen Spielräume des Staates deutlich eingeschränkt. Neue Schulden oder Steuererhöhungen wären aber der falsche Weg. Wir setzen auf wirtschaftliches Wachstum, das unserem Staat finanzielle Spielräume eröffnet. Diese Spielräume wollen wir für die finanzwirksamen Vorhaben dieses Programms nutzen (…) Zur Vollendung der Bankenunion müssen bestehende Risiken im Bankensystem zwingend reduziert werden. Bankenrettungen aus Steuermitteln und eine Vergemeinschaftung der Haftungsübernahme im Rahmen der europäischen Einlagensicherung lehnen wir ab.“

Zum Green Deal der EU führt die CDU/CSU aus: „Der European Green Deal ist eine umfassende und ambitionierte Nachhaltigkeitsstrategie in den Bereichen Energie, Industrie, Kreislaufwirtschaft, Verkehr, Gebäude, Umweltschutz und Biodiversität, Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft. Wir unterstützen seine ambitionierte Zielsetzung der Transformation unseres heutigen Lebens und Wirtschaftens hin zu einer nachhaltigeren und ökologischeren Gesellschaft. Mit dem Green Deal machen wir Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt. Wir wollen einen EU-Klimaaußenbeauftragten zur Stärkung und Bündelung der EU-Klimaaußenpolitik, der Europa als globalen Akteur im Einsatz für den Klimaschutz positioniert. Er soll eine Europäische Clean-Tech-Initiative voranbringen, die Partnerschaften bei modernsten Umwelttechnologien aufbaut. Wir werden den Green Deal zu einer echten Wachstumsstrategie, einem neuen nachhaltigen Wachstumsmotor der EU, entwickeln. Dazu setzen wir auf marktwirtschaftliche Instrumente, auf Anreize statt auf Verbote, auf Innovationen und Wettbewerb und auf die Zusammenarbeit mit Industrie und Landwirtschaft. Wir werden den europäischen Emissionshandel auf den Verkehr- und Wärmesektor ausweiten. Mit mehr Ehrgeiz wird der Emissionshandel in allen Bereichen sicherstellen, dass sich ein stabiler, fairer und transparenter Preis für Treibhausgase bildet. Wir wollen in Verbindung mit nachhaltiger Entwicklungshilfe Europa im globalen Rohstoffwettbewerb stärken und eine europäische Alternative zur chinesischen Seidenstraße bieten. Wir wollen einen Green Deal, der mehr Arbeitsplätze schafft und mehr Wertschöpfung in die Regionen Europas bringt. Deshalb müssen alle Strategien des Green Deals mit einer Folgenabschätzung und mit Maßnahmen zur Begleitung des Übergangs verbunden werden.“

Weitere Punkte im Wahlprogramm:

- WIRTSCHAFT: Unternehmen dürften «keine neuen Belastungen auferlegt werden» damit die Wirtschaft nach der Pandemie wieder in Schwung komme. Neuen Substanzsteuern wie der Vermögensteuer oder der Erhöhung der Erbschaftssteuer wird eine Absage erteilt. Unternehmen sollen zudem von Bürokratiekosten in Milliardenhöhe entlastet werden.

- KLIMA: Die Treibhausgasneutralität Deutschlands soll verbindlich bis 2045 mit einem europäischen Emissionshandel umgesetzt werden. Entstehende Mehrbelastungen sollten mit „gezielten Entlastungen in den Bereichen Wohnen und Mobilität“ kompensiert werden. Konkrete CO2-Preise werden nicht genannt. Die Einnahmen sollen voll an Bürger und Unternehmen zurückgegeben werden.

- VERKEHR: Die Union will einen Fahrplan zur Klimaneutralität im Straßenverkehr erstellen, anders als in früheren Entwürfen nennt der Beschluss aber nicht mehr die Jahreszahl 2035 für das Ende des fossilen Verbrenners. Ein Dieselfahrverbot wird ebenso abgelehnt wie ein generelles Tempolimit auf Autobahnen. Man setze auf moderne Verkehrssteuerung. Die Bahn-Infrastruktur soll ausgebaut werden.

- LANDWIRTSCHAFT: Bauern sollen mehr Wertschätzung und mehr Wertschöpfung erhalten. Zur Sicherung der Weidetierhaltung setze sich die Union für eine Überprüfung des strengen Schutzstatus des Wolfs im europäischen Naturschutzrecht ein.

- SOZIALES: Forderungen nach einer Anhebung des Renteneintrittsalters sind im Entwurf nicht enthalten. Zudem versprechen CSU und CDU, Doppelbesteuerungen von Renten zu verhindern. Die Union will ein Konzept entwickeln, um eine neue Form der kapitalgedeckten Altersvorsorge zu etablieren. „Dafür kann eine Generationenrente für eine Altersvorsorge von Geburt an ein guter Baustein sein“, heißt es in dem Papier. Bei der privaten, staatlich geförderten Altersvorsorge sei ein Neustart nötig, „damit sie sich mehr lohnt“.

- FINANZEN, STEUERN: Die Union will so schnell wie möglich zu einem Bundeshaushalt ohne neue Schulden zurückkehren. Grundgesetzänderungen zur Aufweichung der Schuldenbremse lehnt sie ab. Große steuerliche Entlastungen der Bürger werden in dem Entwurf nicht angekündigt.

- STAAT UND VERWALTUNG: Künftig sollen digitale Verwaltungsverfahren zum Regelfall werden, Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt werden. In einer Föderalismusreform will die Union die Aufgaben von Bund, Ländern und Kommunen auf den Prüfstand stellen.

- WOHNEN: Bis 2025 setzt sich die Union zum Ziel, dass mehr als 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen. Als Investitionsanreiz sollen die befristeten Abschreibungsmöglichkeiten beim Mietwohnungsbau verlängert werden. Zudem soll es ein Bundesbauprogramm und Anreize für den Bau von Werkswohnungen geben. Bei der energetischen Sanierung des Gebäudebestands müssten Mieter vor finanzieller Überlastung geschützt werden. Die steuerliche Förderung bei der energetischen Sanierung soll verbessert werden.


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