Politik

Russisches Militär: Syrische Luftverteidigung hat 22 von 24 israelischen Raketen abgeschossen

Lesezeit: 4 min
24.08.2021 15:58  Aktualisiert: 24.08.2021 15:58
Nach Angaben des russischen Militärs hat die syrische Luftverteidigung 22 von 24 israelischen Raketen abgeschossen. Die israelischen Angriffe richten sich ausschließlich gegen militärische Stellungen der Iraner. Unter Benjamin Netanjahu hatten die Russen und Israelis noch eine Abmachung der Nichteinmischung, die mittlerweile ausgelaufen ist. Premier Bennett müsste alsbald eine Erneuerung der Abmachung anstreben.
Russisches Militär: Syrische Luftverteidigung hat 22 von 24 israelischen Raketen abgeschossen
Russlands Präsident Wladimir Putin. (Foto: dpa)
Foto: Alexey Nikolsky /Ria Novosti / K

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Das israelische nachrichtendienstliche Militärportal DEBKAfile berichtet: „Der russische Konteradmiral Vadim Kulit äußerte sich zum zweiten Mal zu einem angeblichen israelischen Luftangriff über Syrien. Am Samstag behauptete er, die in Russland hergestellten Systeme Buk-M2E und Pantsir-S hätten 22 der 24 Raketen abgefangen, die am Donnerstag aus dem libanesischen Luftraum gegen Einrichtungen in den Vororten von Damaskus und Homs abgefeuert worden seien.“

Die Zeitung „Times of Israel“ berichtet, dass Russland seine Stärke demonstrieren möchte. Die syrische Luftwaffe nutzt russische Luftabwehrsysteme. Durch die Abschüsse will Moskau untermauern, dass diese Systeme auch tauglich sind.

Die israelischen Luftangriffe auf Syrien erfolgen nicht wahllos. Über die jüngsten Luftoperationen führt die „Haaretz“ aus: „Sechs israelische Kampfjets haben vom Libanon aus Einrichtungen in den Provinzen Damaskus und Homs angegriffen, sagt die russische Armee. Vier Hisbollah-Kämpfer wurden (…) getötet.“

Russlands Präsident Wladimir Putin hat den Syrien-Deal, den er mit dem ehemaligen israelischen Premier Benjamin Netanjahu geschlossen hatte, platzen lassen. Dies führt jedenfalls DEBKAfile in einem weiteren Bericht aus. Bisher durfte die israelische Luftwaffe ungehindert feindliche Stellungen in Syrien angreifen. Eine neue Einigung mit Premier Naftali Bennett konnte offenbar bisher nicht erzielt werden.

Die Israelis verfolgen das Ziel, Stellungen der Hisbollah und weiterer iranischer Stellvertreter, die sich in unmittelbarer Nähe Israels befinden, zu neutralisieren.

In den vergangenen Jahren ist das militärische Engagement des Iran in Syrien gewachsen und sichtbarer geworden, was es für die israelische Luftwaffe leicht gemacht hat, Angriffe zu fliegen. Infolgedessen musste der Iran einen anderen Ansatz für sein militärisches Engagement finden, um seine Milizen zu schützen. Er begann dann mit dem ehrgeizigen Plan, seine Präsenz in Syrien neu zu definieren, indem er die lokalen Verteidigungskräfte (Local Defense Forces, LDF) schuf, bestimmte Brigaden innerhalb der syrischen Armee unterstützte und zuletzt lokale private Sicherheitsunternehmen gründete, so das Atlantic Council.

Der Iran ermutigte Teile der schiitischen Minderheit in Syrien, spezielle Milizen zu bilden, und rekrutierte Sunniten - insbesondere Clans - in den Provinzen Aleppo, Raqqa und Deir ez-Zor. Darüber hinaus wurden und werden einige der schiitischen Milizen in Syrien unter dem Vorwand, Orte zu verteidigen, die von der schiitischen Gemeinschaft als heilig angesehen werden, sektiererisch rekrutiert. Zum Beispiel werden Kampagnen in jenen Gebieten durchgeführt, in denen heilige schiitische Schreine in Damaskus im Bezirk Sayeda Zeinab untergebracht sind.

Nachdem Einzelpersonen rekrutiert wurden, werden sie circa einundzwanzig bis fünfundvierzig Tage lang militärisch ausgebildet. Die vom Iran unterstützten oder ausgebildeten syrischen Milizen sind in mehrere Gruppen unterteilt.

Nationale Verteidigungskräfte: Die Bildung der Nationalen Verteidigungskräfte (NDF) begann 2012 mit iranischer Führung und Unterstützung in der Stadt Homs. Sie umfasste Mitglieder aller Religionsgruppen - Sunniten, Alawiten und Drusen - und hat in jeder Provinz ein Hauptquartier. Die NDF galt mit geschätzten vierzigtausend Kämpfern als die größte syrische Miliz in Bezug auf Anzahl und Reichweite.

Local Defense Forces: Der Iran rekrutierte Kämpfer aus den Provinzen Aleppo, Deir ez-Zor und Raqqa unter dem Namen Local Defense Forces (LDF). Die LDF gelten als Teil der syrischen Armee und haben über fünfzigtausend Kämpfer. Die bekanntesten Milizen innerhalb dieses Rahmens sind die Nayrab-Brigaden (Spezialoperationen), das al-Sefira-Korps, die al-Baqir-Brigade, die Nubul- und Zahra-Brigaden sowie die Qatraji-Streitkräfte.

Syrisch-schiitische Milizen: Diese Milizen werden vom Iran aus der schiitischen Minderheit in Syrien rekrutiert; hauptsächlich aus Nord-Aleppo, Nord-Homs und Teilen von Raqqa. Die syrisch-schiitischen Milizen haben schätzungsweise fünftausend bis achttausend Kämpfer. Zu den bekanntesten dieser Milizen gehören: der Aleppo-Zweig des Imam al-Hajjah-Korps, die Mahdi-Soldaten und die Mahdi-Armee in Nubul und Zahra, der Damaskus-Zweig der Rukia-Brigade, der Idlib-Zweig des al-Waed al-Sadiq-Korps unter anderem der Homs-Zweig der Streitkräfte von Imam Reza, die Zin El Abidin-Brigade, der Deir ez-Zor-Zweig der Brigade 313 Busra al-Sham in Daraa und die Al-Mukhtar Al-Thaqafi-Brigade (Lattakia und Hama).

Der Iran lockt auch Kämpfer mit Gehältern nach Syrien. Zum Beispiel erhält jeder Kämpfer in der Fatemiyoun-Brigade monatlich zwischen 450 und 700 US-Dollar, was die Miliz zu der am höchsten bezahlten des Iran macht. Für andere Milizen zahlt der Iran Gehälter zwischen 200 und 300 US-Dollar und für lokale Milizen wie die Nubl- und Zahra-Brigaden weniger als 100 US-Dollar pro Monat. Die Miliz-Gehälter werden von der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC) finanziert.

Irakische Milizen: Ende 2012 tauchten in Syrien irakisch-schiitische Milizen auf, nachdem der Iran sie angewiesen hatte, das Assad-Regime zu unterstützen. Auffällig sind die Zulfiqar-Brigade, die Abu al-Fadl Abbas-Brigade, die Asaad Allah al-Ghalib-Brigade, die Imam Ali-Brigade und die Asayeb Ahl al-Haq-Brigade. Einige dieser Milizen mussten jedoch Mitte 2014 in den Irak zurückkehren, um der Expansion des Islamischen Staates (IS) nach der Übernahme der Stadt Mosul entgegenzuwirken.

Afghanische Milizen: Die IRGC rekrutierte afghanische Schiiten im Iran und in Afghanistan und bildete die Fatemiyoun-Brigade, die im November 2012 in Syrien auftauchte, aus. Die Brigade hat schätzungsweise dreitausend bis vierzehntausend Kämpfer, die auf Bataillone in Damaskus, Aleppo und Hama verteilt sind. Einige der Führer der Fatemiyoun-Brigade kämpften während des Iran-Irak-Krieges 1980-1988 in der Abu Thar-Brigade und während des sowjetisch-afghanischen Krieges 1979-1989 in der Armee Mohammeds.

Pakistanische Milizen: Die IRGC rekrutierte pakistanische Schiiten und bildete die Zaynibion-Brigade, die Anfang 2013 in Syrien auftauchte. Die Brigade hat schätzungsweise eintausend bis fünftausend Kämpfer in den Provinzen Damaskus, Aleppo, Daraa und Hama.

Libanesische Milizen: Die Hisbollah hat im Mai 2011 in die Syrienkrise eingegriffen. Sie hat seit 2013 auch Feldkampfmissionen gestartet und hat schätzungsweise fünftausend bis achttausend Kämpfer in Syrien.

Es bleibt abzuwarten, ob Jerusalem und Moskau eine neue Einigung im Zusammenhang mit möglichen israelischen Luftangriffen gegen iranische und pro-iranische Ziele in Syrien erzielen. Der ehemalige israelische Premier Benjamin Netanjahu war zwar innen- und außenpolitisch umstritten. Doch unter allen israelischen Politikern war es nur ihm gelungen, mit Putin und weiteren ausländischen Staatsmännern „Gentlemen’s Agreements“ zu erzielen, um eine solide Außenpolitik zu betreiben.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Politik
Politik Nato-Ziele: Trump und der mögliche Nato-Kurswechsel in der Ukraine
04.12.2024

Könnte Donald Trump ein Ende des Ukraine-Kriegs herbeiführen? Der Nato-Generalsekretär warnt vor Friedensverhandlungen, die unter Druck...

DWN
Finanzen
Finanzen Ist bei VW, BMW und Mercedes der Lack ab? Deutsche Auto-Aktien im Sinkflug – was das für Anleger bedeutet
04.12.2024

Deutsche Autobauer stehen unter Druck: VW streicht Stellen, BMW ruft Modelle zurück, Opel kämpft mit der Konkurrenz im eigenen Konzern...

DWN
Politik
Politik Bitcoin im Wahlprogramm der AfD: Wie die politische Debatte Deutschland erreicht
03.12.2024

Bundestagswahl 2025: Die Kryptowährung Bitcoin glänzt mit Rekordwerten. Grund genug für die Alternative für Deutschland (AfD), mit...

DWN
Immobilien
Immobilien Haftbefehl gegen René Benko: Italienische Justiz erlässt Haftbefehl gegen Signa-Gründer
03.12.2024

Die italienische Justiz hat einen Haftbefehl gegen René Benko, den Gründer der insolventen Immobilien- und Handelsgruppe Signa, erlassen....

DWN
Finanzen
Finanzen DAX aktuell: Neues DAX-Allzeithoch bei über 20.000 Punkten - drohen nun Gewinnmitnahmen?
03.12.2024

Steil bergauf geht es für den DAX aktuell: Nach dem DAX-Allzeithoch am Montag kletterte der deutsche Leitindex am Dienstag über die Marke...

DWN
Politik
Politik Rot-Grün strebt Entlastung bei Stromkosten an - Mehrheitsfindung im Fokus
03.12.2024

Die rot-grüne Minderheitsregierung plant eine Entlastung bei Stromkosten für Unternehmen. Das Bundeskabinett hat in einem Umlaufverfahren...

DWN
Politik
Politik Kriegsrecht: Südkoreas Präsident erklärt Ausnahmezustand – was das genau heißt
03.12.2024

In einer überraschenden Ansprache hat Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol das Kriegsrecht ausgerufen. In einer live übertragenen Rede...

DWN
Politik
Politik Warum sich Ungarn „Viktor Donald Scholz“ wünscht - und eine Zeitmaschine
03.12.2024

Ungarn hat im Sommer die EU-Ratspräsidentschaft übernommen – ist jedoch ausgegrenzt und weitgehend isoliert. Nicht erst seit dem...