Politik

Landesweite Ausschreitungen gegen Rentenreform in Frankreich

Die Auseinandersetzungen um die geplante Rentenreform spitzen sich zu. Die Gewerkschaften kündigen neue Streiks an.
17.03.2023 10:00
Aktualisiert: 17.03.2023 10:01
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Nach dem Durchboxen der Rentenreform in Frankreich sind bei einer Protestkundgebung in Paris mindestens 217 Menschen von der Polizei festgenommen worden. Im Zentrum der Hauptstadt sei es am Donnerstagabend auf dem Place de la Concorde zu Ausschreitungen gekommen, berichtete der Sender France Info. Die Bereitschaftspolizei setzte nach Medienberichten Wasserwerfer und Tränengas ein, um den Platz zu räumen.

Demonstranten hatten dort Holzpaletten in Brand gesetzt und Gegenstände auf die Polizisten geworfen. Insgesamt seien rund 6000 Teilnehmer gezählt worden. Auch in anderen französischen Städten wie Marseille, Dijon, Nantes, Rennes, Rouen, Grenoble, Toulouse und Nizza kam es zu Protesten.

Die Rentenreform, das wohl wichtigste Vorhaben von Präsident Emmanuel Macron, ist noch nicht komplett in trockenen Tüchern. Bis Freitag werden Misstrauensanträge der Opposition gegen die Regierung erwartet. Diese hatte das Anheben des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre am Donnerstag in letzter Minute mit Hilfe eines Sonderartikels der Verfassung ohne Abstimmung durchgedrückt. Sie war sich nämlich einer Mehrheit in der Nationalversammlung nicht sicher. Zwar hatten die konservativen Républicains erst Unterstützung für das Mitte-Lager des Präsidenten signalisiert, die dann aber bröckelte.

Linke und Rechtsnationale kündigten bereits Misstrauensanträge an. Diese müssen bis spätestens Freitagnachmittag vorliegen, abgestimmt darüber wird in den kommenden Tagen. Dass die Regierung damit gestürzt wird, gilt aber als wenig wahrscheinlich. Der Präsident der Républicains, Éric Ciotti, erklärte bereits, seine Fraktion werde keinen Misstrauensantrag unterstützen. Ob sich alle Abgeordneten daran halten, ist aber offen.

Nach der Entscheidung der Regierung, die Reform kurzfristig ohne eine Abstimmung umzusetzen, waren in Paris Tausende Menschen zu Protesten im Zentrum zusammengekommen.

Noch nicht ausgestanden ist für Präsident Macron und die Regierung auch das Kräftemessen mit den Gewerkschaften. Diese kündigten am Donnerstag bereits eine Fortsetzung der Streiks an, die Frankreich bereits seit Wochen in Atem gehalten hatten. Flüge und Züge fielen aus, und seitdem die Müllabfuhr streikt, türmen sich in Paris und anderen Städten riesige Müllberge auf den Straßen.

Derzeit liegt das Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62 Jahren. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt aber später: Wer für eine volle Rente nicht lange genug eingezahlt hat, arbeitet länger. Mit 67 Jahren gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag - dies will die Regierung beibehalten, auch wenn die Zahl der nötigen Einzahljahre für eine volle Rente schneller steigen soll als bisher vorgesehen. Die monatliche Mindestrente will sie auf etwa 1200 Euro hochsetzen. Mit der Reform will die Regierung eine drohende Lücke in der Rentenkasse schließen.

Premierministerin Élisabeth Borne verteidigte das Reformvorhaben am Donnerstag in den Abendnachrichten des Senders TF1. Es gehe um die Zukunft des Rentensystems, das sich nicht mit Schulden finanzieren lasse. Bei der Ausarbeitung des Reformentwurfs seien Ausnahmen für Menschen mit anstrengenden Berufen und einem frühen Berufseinstieg gemacht worden, und niedrige Renten würden angehoben. "Vier von zehn Franzosen müssen nicht bis 64 arbeiten", sagte die Premierministerin.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen US-Investoren strömen zu EARN Mining Cloud Mining und erzielen über 1.000 XRP pro Tag

Onchain-Daten zeigen, dass große Investoren bei einem XRP-Anstieg auf 3,10 US-Dollar Gewinne mitgenommen haben. Adressen mit Beständen...

DWN
Finanzen
Finanzen SAP-Aktie: Milliarden gegen US-Dominanz
18.09.2025

SAP-Vorstand Thomas Saueressig gibt den Ton an: Mit einer Milliardenoffensive will er Europas digitale Selbstständigkeit sichern – von...

DWN
Politik
Politik Frankreich-Proteste: Hunderttausende gegen Sparpläne und Regierung
18.09.2025

Hunderttausende Menschen ziehen durch Frankreichs Straßen, Schulen und Bahnen stehen still. Die Wut über Macrons Personalentscheidungen...

DWN
Politik
Politik Draghi warnt: EU verliert geopolitische Bedeutung – welcher Reformplan für Europa dringend nötig ist
18.09.2025

Mario Draghi rechnet ab: Die EU habe ihre geopolitische Bedeutung überschätzt und sei heute schlecht gerüstet für die globalen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Amazon fährt Investitionen in Deutschland hoch
18.09.2025

Amazon baut seine Dominanz in Deutschland massiv aus. Milliarden fließen in neue Standorte, Cloud-Infrastruktur und Künstliche...

DWN
Politik
Politik USA liefern wieder Waffen mit europäischem Geld
18.09.2025

Die USA nehmen Waffenlieferungen an die Ukraine wieder auf – doch diesmal zahlt Europa. Für Deutschland könnte das teuer und politisch...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienmarkt Deutschland: Käufer kehren zurück, Zinsen steigen
18.09.2025

Der deutsche Immobilienmarkt lebt wieder auf. Mehr Käufer greifen zu, doch steigende Bauzinsen bremsen die Euphorie. Während die...

DWN
Politik
Politik Fed senkt Leitzins: Trump drängt auf geldpolitischen Kurswechsel
18.09.2025

Die US-Notenbank senkt erstmals seit Ende 2024 den Leitzins – ein Schritt, der tief in die innenpolitische Auseinandersetzung hineinragt....

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation in Deutschland: Wieso sich so viele Deutsche Geld für Lebensmittel leihen
18.09.2025

Brot, Milch, Schulden: Mehr als die Hälfte der unter 50-Jährigen greift für Alltagsausgaben zum Kredit – oft bei der Familie. Wer...