Angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen kommt aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Forderung, das Aufnahmeprogramm des Bundes für Menschen aus Afghanistan zu beenden. «Es handelt sich bei den hier betroffenen Afghanen nicht um ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr, sondern um Menschen ohne jeglichen Bezug zu Deutschland», sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Statt der heute geforderten Umsetzung des Bundesaufnahmeprogramms braucht es daher den sofortigen Stopp. Diese Naivität in der Migrationspolitik kann sich unser Land einfach nicht mehr leisten.»
Die Bundesregierung hat mehr als 40 000 besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen sowie ihren berechtigten Familienangehörigen eine Aufnahme in Deutschland in Aussicht gestellt. Dabei geht es um gut 24 800 ehemalige Ortskräfte und ihre Familien, außerdem um mehr als 15 300 weitere Afghaninnen und Afghanen, die wegen ihres Einsatzes für Demokratie in dem von den Taliban regierten Land als besonders gefährdet gelten.
Amnesty International und Reporter ohne Grenzen forderten am Freitag wegen der sich verschlechternden Menschenrechtslage eine schnelle Umsetzung des Bundesaufnahmeprogramms für Afghanistan. «Jeder zusätzliche Tag, an dem eine von den Taliban verfolgte Person auf die sichere Ausreise nach Deutschland warten muss, bedeutet für sie ein Risiko und kann sie im schlimmsten Fall das Leben kosten», sagte Theresa Bergmann, Asien-Expertin bei Amnesty, laut einer Mitteilung.
Dagegen betonte der CDU-Innenpolitiker Throm, Deutschland erlebe die größte Migrationskrise seit langem, die Kommunen ächzten unter der Last der täglich neu ankommenden Menschen und bäten den Bund, endlich zu helfen. Wohnungen und Kita-Plätze fehlten, gerade in ländlichen Regionen werde die ärztliche Versorgung immer schwieriger, von Integration könne kaum noch die Rede sein. «Ausgerechnet in dieser angespannten Situation lässt die Ampel die Kommunen im Stich und drückt ein umstrittenes Aufnahmeprogramm durch, dessen Mechanismen der Öffentlichkeit verborgen bleiben», kritisierte Throm.
Scholz: Bevölkerung wird wachsen
Nach der Verabschiedung des Fachkräftezuwanderungsgesetzes hat Kanzler Olaf Scholz weitere gesetzliche Maßnahmen angekündigt, um bürokratische Hürden bei der Zuwanderung zu beseitigen. Dies müsse zusammen mit den Bundesländern geschehen, sagte Scholz am Freitag in Wiesbaden. Es stelle sich etwa die Frage, ob es sinnvoll sei, dass eine der 560 Ausländerbehörden noch einmal "Ja" sagen müsse, selbst wenn das Auswärtige Amt, das Innenministerium und die Bundesagentur für Arbeit bereits entschieden hätten, dass ein Bewerber aus dem Ausland nach Deutschland kommen könne. Dies könne den Prozess nochmals für Monate aufhalten. "Das wird noch ein bisschen Gesetzgebung erfordern", sagte der SPD-Politiker. Scholz forderte die Wirtschaftsverbände auf, ebenfalls Druck für eine Reform zu machen, weil der Fachkräftebedarf so groß sei.
Scholz erwartet denn auch ein weiteres Wachstum der Einwohnerzahl in Deutschland. "Wenn wir so weitermachen, wie wir es angelegt haben..., wird es nicht so sein..., dass die Bevölkerung schrumpfen wird", sagte er am Freitag bei einem Besuch des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden. Umgekehrt sei es angesichts der von der Ampel-Regierung beschlossenen Gesetze so, dass man "plausibel" annehmen könne, "dass wir eine weiter wachsende Bevölkerung haben werden". Mit den Regelungen zur Fachkräfte-Einwanderung sei es zudem möglich, die wachsenden Bedürfnisse der Firmen nach Arbeitskräften zu erfüllen. "Das ist eine gute Botschaft."
Scholz hatte bereits im vergangenen Jahr auf Berechnungen des Statistischen Bundesamtes verwiesen, dass die Bevölkerungszahl auf 90 Millionen steigen könnte. Derzeit hat Deutschland laut Bundesamt 84 Millionen Einwohner. Der Kanzler hatte auf einem Bürgerdialog in Erfurt am Donnerstagabend gesagt, dass er es wegen der wachsenden Bevölkerung und der Beschäftigtenzahlen nicht für notwendig halte, das Renteneintrittsalter über 67 Jahre hinaus anzuheben.