Wie im Vorfeld der jüngsten US-Zentralbanksitzung erwartet, hat diese am Mittwoch vergangener Woche die Leitzinssätze unverändert belassen, bekräftigte jedoch ihren Kurs, mit entsprechenden Maßnahmen im Laufe des Jahres beginnen zu wollen. Die Entscheidungsträger ließen sich dabei von den neuesten, wenige Tage zuvor publizierten Verbraucherpreisdaten nicht beirren, welche sowohl im Jahres- als auch im Monatsvergleich hinter den disinflationären Erwartungen zurückblieben.
Notenbankchef Jerome Powell äußerte sich dennoch zuversichtlich und wiederholte seine Auffassung, dass der Preisdruck weiter nachlassen werde und spätere Zinssenkungen „wahrscheinlich angemessen“ seien.
Jerome Powell gewohnt marktbewegend
Dabei hatte jene Fed-Entscheidung etwas erfreulich Gradliniges an sich. So hielten die Beamten an ihrer Erwartung von drei Zinssenkungen im laufenden Jahr fest, obwohl sie ihre Inflations- und Wachstumserwartungen anhoben. Während der Pressekonferenz erläuterte Powell, dass eine unerwartete Abschwächung auf dem Arbeitsmarkt die Entscheidung über den Beginn des Zinssenkungszyklus vorantreiben könnte. Er sagte auch, dass ein schnelles Wachstum des Arbeitsmarktes an und für sich kein Grund wäre, mit Zinssenkungen zu warten.
Was den eher langsamen Rückgang der Preissteigerungsraten angeht, die bisher im Jahr 2024 zu beobachten waren, schien Powell nicht sonderlich besorgt zu sein. Im Moment werden sie lediglich als Hindernisse auf dem Weg betrachtet, und der FOMC bleibt zuversichtlich, dass die Politik "restriktiv" bleibt. Er wies auch darauf hin, dass sich die Inflation in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 rasch abgekühlt hat, so dass nun ein paar heißere Zahlen am grundsätzlichen Kurs nicht viel ändern werden.
Die Tatsache, dass Powell dem Optimismus der Händler in Bezug auf Zinssenkungen nicht entgegenwirkte, führte an der Wall Street zu Kaufsignalen. Die Aktienmärkte erreichten neue Rekorde, wobei der S&P 500 die vergangene Woche nahe der 5.300-Punkte-Marke, im Dunstkreis seines Tags zuvor erreichten Allzeithochs, beendete. Auch in Japan, Hongkong und ganz Europa legten die Aktienindizes zu. Auch Staatsanleihen und Edelmetallen gab die jüngste Zentralbankrhetorik auftrieb, so dass die 10-jährige Rendite in der vergangenen Woche um fast 10 Basispunkte sank. Gold überschritt am vergangenen Donnerstag erstmals die Marke von 2.200 US-Dollar pro Unze.
Der deutsche DAX lässt sich von der guten Stimmung an den Märkten inspirieren: Nach einem neuen Hoch zum Wochenstart übertraf er dieses im Dienstagshandel deutlich und sprang erstmals über die Marke von 18.400 Punkten. Das neue DAX-Allzeithoch liegt nun bei 18.411,98 Punkten - und die Rekordjagd scheint noch nicht zu Ende.
Chinas Wirtschaft nimmt wieder Fahrt auf
Das starke Wachstum der chinesischen Industrieproduktion und der Investitionen im Reich der Mitte seit Jahresbeginn kam unerwartet – und mit Vorbehalten. Vorbehalte dahingehend, dass diese an sich positive Entwicklung Zweifel daran aufkommen lassen, wie schnell die politischen Entscheidungsträger die zur Ankurbelung der Nachfrage und zur Erreichung des ehrgeizigen Wachstumsziels erforderliche Unterstützung verstärken werden. Wie das Nationale Statistikamt in der vergangenen Woche mitteilte, stieg die Industrieproduktion im Februar um sieben Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, was das schnellste Wachstum seit zwei Jahren darstellt und deutlich über den Schätzungen liegt. Die Einzelhandelsumsätze stiegen um 5,5 Prozent und entsprachen damit in etwa den Prognosen. Die starken Zahlen für die Industrie und die Investitionen sind ein weiterer Beleg dafür, dass einige Teile der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt an Fahrt gewinnen, nachdem die Konjunkturmaßnahmen Ende letzten Jahres verstärkt wurden.
Analysten beurteilen die Daten jedoch durchaus kritisch, denn ihrer Ansicht nach könnten diese auch die Argumente für eine Lockerung der Geldpolitik schwächen und den Anreiz für Maßnahmen zur Konsumförderung verringern. Die Anleger sind nun auf der Suche nach Hinweisen darauf, was die Regierung tun will, um das ausgerufene Wachstumsziel von rund fünf Prozent zu erreichen - ein Ziel, das dem des letzten Jahres ähnelt, aber angesichts einer ungünstigeren Vergleichsbasis schwerer zu verwirklichen ist.
Der Kupfermarkt spiegelt diese ambivalente Situation gut wieder, immerhin ist China der weltgrößte Verbraucher des roten Metalls. Kupfer hat in den letzten sechs Wochen in der Spitze um mehr als 13 Prozent zugelegt, was auf die Angebotsrisiken und die allgemein positiveren globalen Wirtschaftsaussichten zurückzuführen ist. Zudem wurde der Markt von den Signalen der Federal Reserve über künftige Zinssenkungen gestützt. Anfang der vergangenen Woche, am Tag der Veröffentlichung der chinesischen Wirtschaftsdaten, erreichte Kupfer ein 11-Monats-Hoch. Zunehmende Zweifel am Stützungswillen der chinesischen Regierung trugen jedoch im Wochenverlauf dazu bei, dass Kupfer seine Gewinne wieder abgab und die Woche im Minus beendete.
Rohstoffe mit Aufwärtspotenzial
Auch der bekannte ehemalige Goldman-Analyst Jeff Curry, der lange Jahre das öffentliche Gesicht des Rohstoff-Researchs der Wall-Street-Bank war und erst vor kurzem bei The Carlyle Group LP angeheuert hat, setzt zukünftig auf steigende Preise, bezogen auf den gesamten Rohstoffkomplex. Hintergrund dieser Einschätzung sind zum einen die in den kommenden Monaten bevorstehenden Leitzinssenkungen der US-Notenbank und zum anderen die Maßnahmen Chinas zur Förderung der Produktion.
Darüber hinaus deutet aber auch der merkliche Wiederaufbau der Lagerbestände in Europa auf steigende Rohstoffpreise hin, insbesondere bei Erdöl und Kupfer. Bei letzterem bestehe zudem ein Versorgungsrisiko mit dem Metall durch Minen und Schmelzwerke. Die Ölpreise waren in den letzten Wochen relativ stabil, obwohl Rohöl der Sorte Brent am vergangenen Montag aufgrund von Bedenken über die Auswirkungen der russischen Raffinerieausfälle auf beinahe 88 Dollar pro Barrel angestiegen war.
Gold mit Preisexplosion – aber Minenaktien hinken hinterher
Während Gold mittlerweile in sämtlichen bedeutenden Weltwährungen auf neue Höchststände gesprungen ist und weiterhin von hoher Zentralbanknachfrage und der alles beherrschenden Zinssenkungsfantasie profitiert, ist bei denjenigen Unternehmen, die es aus dem Boden holen, von Partystimmung wenig zu spüren. So konnten Goldbarren seit Beginn des letzten Jahres aufgrund der starken Käufe vor allem der chinesischen Zentralbank und der verschiedener Schwellenländer um rund 20 Prozent zulegen, die Fonds, die die wichtigsten Produzenten abbilden, haben sich jedoch kaum bewegt oder sind sogar gefallen.
So handelt der VanEck Gold Miners ETF, der einen nach Marktkapitalisierung gewichteten Index der weltweiten Goldminenunternehmen abbildet, ziemlich genau dort, wo er zu Beginn des Jahres 2023 stand. Der S&P/TSX Gold Index ist im gleichen Zeitraum sogar leicht gefallen. Dieser Trend frustriert sowohl Minenchefs als auch Anleger, aber selbst die größten der Branche können sich den Schwierigkeiten, die die massiv gestiegenen Finanzierungskosten und die hohen Energiepreise für den Bergbau mit sich bringen, nicht entziehen.
Allerdings sind diese Klagen auch nur die halbe Wahrheit, denn Fakt ist auch, dass sich nicht wenige zunehmend im Bereich der sogenannten Energiemetalle engagieren, zulasten der Goldproduktion. So warnten jüngst bereits Newmont Corp. und Barrick Gold, die beiden weltgrößten Goldförderer, vor einer in diesem Jahr geringer ausfallenden Produktion. Gold und Goldaktien haben sich in den letzten 15 Monaten entkoppelt, die Goldindustrie ist im Vergleich zu einigen anderen Sektoren derzeit nicht wettbewerbsfähig genug.
Das Licht am Ende des Tunnels liefert auch für die Minenaktien der US-Notenbankchef, der mit dem versprochenen Zinssenkungskurs sowohl den Goldpreis stützt als auch die Refinanzierungslage jener Unternehmen verbessert. Der bei diesen zu erwartende höhere freie Cashflow bietet potenziell bessere Kapitalerträge und zusätzlichen Spielraum für weitere Explorationen und die Aufrechterhaltung, möglicherweise sogar die Ausweitung, der Produktion. Die Performance-Lücke, die sich zwischen dem Metallpreis und den Förderern aufgetan hat ist bemerkenswert groß, entsprechen groß sind die Chancen, die sich aus dieser Situation ergeben. Der Zeitpunkt einer Erholung der Goldaktien ist natürlich unklar, das Umfeld verbessert sich jedoch deutlich.