Wirtschaft

Deutsch-chinesische Beziehung: So reagiert China auf Scholz’ Besuch

Die Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz nach China hat in den vergangenen Tagen die chinesischen Medien beschäftigt. Zum Abschluss seiner schwierigen Mission blicken die Deutschen Wirtschaftsnachrichten auf einige wichtige Fakten zu seinen Reisezielen sowie auf die Berichte in den chinesischen Medien.
16.04.2024 19:50
Lesezeit: 3 min

Die dreitägige Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz nach China hat diese Woche auch chinesische Medien beschäftigt: Scholz traf dort führende Politiker, am letzten Tag seiner Reise auch Chinas Staatspräsident Xi Jinping. Die Gespräche drehten sich um die Vertiefung der bilateralen Beziehungen, den Ausbau wirtschaftlicher Kooperationen und die geopolitischen Spannungen.

In den chinesischen Medien dominierten zeitweise auch sogenannte „Ego-Boost-Nachrichten“, also Nachrichten mit Selbstlob, mit einem leichten Beigeschmack vom Nationalstolz, getrieben durch die Länge des Aufenthalts von Scholz und die Präsenz der wichtigen Vertreter von deutschen Unternehmen in seiner Delegation.

Bei der Nachrichtenagentur Xinhua heißt es: „Im Gespräch mit Xi Jinping in Beijing thematisierte Scholz die Ukraine-Krise und diskutierte Möglichkeiten zur friedlichen Lösung. Xi erwähnte bei den Gesprächen die Notwendigkeit, Chinas Produktionskapazitäten objektiv zu betrachten, um die industriellen und Lieferketten des Landes in Europa nicht als Bedrohung zu sehen.“

Wirtschaftliche Zusammenarbeit im Fokus

Die Webseite des chinesischen Medienunternehmens Hubei Daily Media Group schreibt: „Drei Tage und drei Städte! Nie hat der Besuch dieses deutschen Bundeskanzlers im Ausland so lange gedauert! Die Beziehung zu China soll für Deutschland sehr viel bedeutet haben.“

Die englischsprachige Tageszeitung Global Times betrachtet den Scholz-Besuch als eine Fortsetzung der engen wirtschaftlichen Beziehungen, die unter Angela Merkel etabliert wurden. Das Blatt betont, dass Scholz versucht hat, die bilateralen Beziehungen trotz der aktuellen geopolitischen Spannungen zu festigen: „Während seines Aufenthalts traf Scholz mit führenden chinesischen Politikern zusammen und diskutierte mit hochrangigen Vertretern deutscher Unternehmen. Die Reise zielt darauf ab, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu vertiefen und Spannungen im Handel, insbesondere im Bereich der grünen Technologien, abzubauen.“

Die chinesische Version von Global Times fügt hinzu: „Während des 3-tägigen Besuchs waren die ersten zwei Tage vom wirtschaftlichen Interesse und der letzte Tag vom politischen Interesse geprägt. Die chinesisch-deutsche Beziehung hat den Schwerpunkt in der wirtschaftlichen Kooperation.“

Auch das Online-Portal von Global Times schreibt: „Es herrschte eine starke Konkurrenz bei den deutschen Firmen, weil sie um einen Platz in Scholz’ Flugzeug gekämpft haben, um in der Delegation der China-Reise dabei zu sein. Alle wollen am chinesischen Markt teilnehmen und China bleibt ein sehr wichtiger Handelspartner von Deutschland. Deutsche Firmen sind stark vom chinesischen Markt abhängig.“

People's Daily, eine der wichtigsten chinesischen Tageszeitungen, brachte eine Meldung der Nachrichtenagentur Xinhua, dass Bundeskanzler Scholz China auf Einladung des chinesischen Premierministers Li Qiang besucht hat: „Während seines Besuchs traf er sich mit Präsident Xi Jinping und Premierminister Li, um über bilaterale Beziehungen und gemeinsame Anliegen zu diskutieren. Die Reise markiert das zehnjährige Bestehen der umfassenden strategischen Partnerschaft zwischen China und Deutschland und zielt darauf ab, das Verständnis, Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern zu vertiefen.“

China Daily, die größte englischsprachige Tageszeitung in China, analysiert: „Die jüngste China-Reise des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz, begleitet von den Geschäftsführern großer deutscher Unternehmen, unterstreicht die starken Geschäftsbeziehungen zwischen Deutschland und China, den weltweit zweit- und drittgrößten Volkswirtschaften. Trotz eines Rückgangs des bilateralen Handels um 15,5 Prozent im Jahr 2023 bleibt China der größte Handelspartner Deutschlands für das achte Jahr in Folge. Deutsche Unternehmen erhöhen ihre Investitionen in China, was durch die jüngsten Verpflichtungen von Volkswagen und BMW zum Ausbau ihrer Produktionsstätten und zur Konzentration auf Elektrofahrzeuge in China hervorgehoben wird. Der Besuch findet vor dem Hintergrund geopolitischer Spannungen statt, wobei das neue China-Strategiepapier Deutschlands China als ‚Partner, Konkurrenten und systemischen Rivalen‘ identifiziert. Dies spiegelt einen nuancierten Ansatz wider, da Deutschland seine wirtschaftlichen Interessen mit China vor dem Hintergrund globaler politischer Herausforderungen navigiert. Scholz’ Besuch dient dazu, die bilateralen Beziehungen zu stärken und die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu vertiefen. Xi betonte bei den Gesprächen die Bedeutung einer objektiven Sicht auf Chinas Kapazitäten, ohne sie als geopolitische Bedrohung zu werten.“

Scholz-Reiseziele und das Ansehen Deutschlands

Auch in chinesischen sozialen Medien kursieren zahlreiche Kurzvideos über den Aufenthalt von Scholz in China, die das rege Interesse der chinesischen Bevölkerung an Deutschland widerspiegeln. Über die Jahre hinweg hat sich in China eine Art Zuneigung zu Deutschland entwickelt. Diese positive Wahrnehmung basiert nicht nur auf dem hervorragenden Ruf deutscher Industriegüter, sondern ist auch historisch begründet, insbesondere durch Deutschlands reflektierte Auseinandersetzung mit seiner Rolle im Zweiten Weltkrieg.

Bundeskanzler Olaf Scholz besuchte auf seiner China-Reise neben der Hauptstadt Beijing zwei weitere bedeutende Standorte: Chongqing ist nicht nur ein wichtiger industrieller Standort Chinas, wo unter anderem die deutsche Firma Bosch mit ihrer Tochtergesellschaft Bosch Hydrogen Powertrain Systems (Chongqing) Co. vertreten ist, sondern auch das Zentrum einer hoch industrialisierten Region. Chongqing, eine Stadt fast mit der Fläche Österreichs und einer Bevölkerung von etwa 32 Millionen Menschen im Jahr 2020, ist die einwohnerstärkste Stadt der Welt.

In Shanghai besuchte Scholz außerdem die Tongji Universität, die tief in der deutsch-chinesischen Geschichte verwurzelt ist. Sie wurde 1907 von der deutschen Regierung als „Deutsche Medizinschule für Chinesen in Shanghai“ gegründet und stellt heute ein bedeutendes Symbol der auswärtigen Kulturpolitik Deutschlands dar.

(An diesem Beitrag arbeitete unsere Redaktionsmitarbeiterin Wenfei Jia mit.)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Das Zeitalter des intelligenten passiven Einkommens: Bitcoin-Mining mit BlackchainMining

In der heutigen, sich rasant entwickelnden digitalen Wirtschaft sind Kryptowährungen wie Bitcoin nicht nur Vermögenswerte, sondern auch...

avtor1
Farhad Salmanian

Zum Autor:

Farhad Salmanian arbeitet bei den DWN als Online-Redakteur. Er widmet sich den Ressorts Politik und Wirtschaft Deutschlands sowie der EU. Er war bereits unter anderem für die Sender BBC und Radio Free Europe tätig und bringt mehrsprachige Rundfunkexpertise sowie vertiefte Kenntnisse in Analyse, Medienbeobachtung und Recherche mit.

DWN
Politik
Politik „Reichsbürger“-Verfahren: Prinz Reuß wird zu Vorwürfen sprechen
10.12.2025

Der mutmaßliche „Reichsbürger“ Heinrich XIII. Prinz Reuß wird zu den Vorwürfen eines geplanten „Staatsstreichs“ Stellung...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI-Blase: Warum die Rekordausgaben der Tech-Giganten zum Risiko werden
10.12.2025

Die Tech-Konzerne pumpen Milliarden in künstliche Intelligenz und treiben ihre Investitionslast auf historische Höhen. Doch aus dem...

DWN
Politik
Politik Kampf gegen den Klimawandel: EU-Einigung auf Klimaschutzziel für 2040
10.12.2025

Die neuen Klimaziele der EU stehen fest: Der Treibhausgasausstoß soll bis 2040 um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Bei der...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungsmarkt: Angebot an Mietwohnungen steigt in Ostdeutschland
10.12.2025

Angebot runter, Preise rauf. Doch jetzt dreht sich der Trend – zumindest in Ostdeutschland. Allerdings nicht im Berliner Umland, dafür...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Selenskyj will Neuwahlen möglich machen - Ukraine könnte binnen 60 bis 90 Tagen wählen
10.12.2025

Seit dem russischen Überfall im Februar 2022 fanden keine Wahlen in der Ukraine statt. Die reguläre Amtszeit des Präsidenten lief im Mai...

DWN
Politik
Politik Trump-Doktrin: Weshalb die USA plötzlich Russlands Linie bedienen
10.12.2025

Mit provokanten Aussagen über Putin, Selenskyj und die Zukunft Europas treibt Donald Trump eine neue US-Außenpolitik voran, die immer...

DWN
Technologie
Technologie Stromexport: Frankreich produziert klimafreundlichen Überschuss
10.12.2025

Frankreich produziert in den kommenden Jahren deutlich mehr Strom, als das Land verbraucht. Diese Überkapazität eröffnet neue...

DWN
Politik
Politik Wird Brüssel das Verbot konventioneller Motoren lockern und E-Auto-Quoten für Unternehmen einführen?
10.12.2025

Die EU stellt die Weichen für die Zukunft der europäischen Autoindustrie. Brüssel erwägt eine Abschwächung des Verbots klassischer...