Politik

Wahlen zum EU-Parlament: Deutsche Spitzenkandidaten für Europa

Als Zugpferde für den Europawahlkampf setzen in diesem Jahr viele Parteien auf altbekannte politische Gesichter. Es gibt aber auch Neulinge auf dem EU-Parkett - sogar eine Kapitänin ist mit dabei. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten stellen sie vor.
22.04.2024 10:36
Aktualisiert: 22.04.2024 10:36
Lesezeit: 3 min

Bei der Europawahl sind am 9. Juni Millionen Menschen in Deutschland dazu aufgerufen, den zukünftigen Kurs der EU mitzubestimmen. Die großen Parteien schicken in diesem Jahr folgende Frauen und Männer an Spitzenpositionen in den Wahlkampf:

CDU & CSU: Die wohl bekannteste deutsche Spitzenkandidatin ist die frühere Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Im Gegensatz zu den anderen Kandidaten bewirbt sich die 65-jährige CDU-Politikerin allerdings nur um eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission und nicht um einen Sitz im Europäischen Parlament. In der Regel kann den Spitzenposten diejenige europäische Parteienfamilie besetzen, die bei der Europawahl insgesamt am besten abschneidet.

Von der Leyen ist bereits seit 2019 Kommissionspräsidentin und in dieser Funktion Chefin von rund 32 000 Mitarbeitern, die unter anderem Vorschläge für neue EU-Gesetze machen und die Wahrung der Europäischen Verträge überwachen. Zudem sitzt die aus Niedersachsen stammende Politikerin bei fast allen großen internationalen Gipfeltreffen wie G7 oder G20 als EU-Repräsentantin mit am Tisch. Das US-Magazin „Forbes" kürte von der Leyen erst jüngst wieder zur „mächtigsten Frau der Welt". Bevor sie Karriere in der Politik machte, arbeitete die Mutter von sieben mittlerweile erwachsenen Kindern als Medizinerin.

Spitzenkandidat der CSU ist Manfred Weber. Der Politiker aus Niederbayern war vor fünf Jahren auch Spitzenkandidat der christdemokratischen Parteienfamilie EVP für den Posten des Kommissionspräsidenten gewesen. Ihm gelang es letztlich aber nicht, bei den Staatschefs im Europäischen Rat eine Mehrheit für seine Wahl hinter sich zu vereinen, weswegen dann von der Leyen zum Zuge kam. Der 51-jährige Weber ist heute Fraktionschef der Christdemokraten im Europaparlament sowie Vorsitzender der Europäischen Volkspartei. Bevor er hauptberuflicher Politiker wurde, studierte der Hobby-Gitarrist physikalische Technik mit Schwerpunkt technischer Umweltschutz an der Fachhochschule München.

SPD: Katarina Barley führt die SPD als Spitzenkandidatin in die Europawahl. Für die Juristin ist es die zweite Spitzenkandidatur nach der Europawahl 2019. Bislang ist die 55-Jährige Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. Sie war Bundesjustizministerin, zuvor Familienministerin und SPD-Generalsekretärin. Die zweifache Mutter ist seit 1994 Mitglied der SPD. „Ich bin Europäerin durch und durch", versichert Barley auf ihrer Internetseite. Die Mutter der gebürtigen Kölnerin ist Deutsche, der Vater Brite. Studiert hat Barley unter anderem in Paris. Im EU-Parlament hat sie sich für Rechtsstaatlichkeit starkgemacht und ist als Kritikerin von Ungarns Regierungschef Viktor Orban aufgefallen.

FDP: Die 66 Jahre alte Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat sich in den vergangenen Jahren vor allem als streitbare Verteidigungspolitikerin einen Namen gemacht. In ihrer Wahlkampagne wirbt sie für sich als „Eurofighterin" - in Anlehnung an das Kampfflugzeug Eurofighter. Sie wurde in Düsseldorf unter dem Namen Marie-Agnes Jahn geboren und ist derzeit Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag. Studiert hat sie an der LMU München Publizistik, Politik und Germanistik. Privat fährt sie gerne Motorrad.

Grüne: Terry Reintke sieht sich als Kind des Ruhrgebiets, gilt als selbstbewusste Feministin und Verfechterin einer starken Sozialpolitik. Die 36-Jährige ist Vorsitzende der Grünen im EU-Parlament und hat sich zum Ziel gesetzt, dass die Grünen im Süden und Osten der EU punkten. Sollte von der Leyen nicht noch mal Kommissionspräsidentin werden, könnte sie Deutschlands nächste EU-Kommissarin werden. Reintke war in der Vergangenheit vor allem als Kämpferin für Gleichberechtigung in Erscheinung getreten und lebt in einer lesbischen Beziehung mit der französischen Senatorin Mélanie Vogel. In der Affäre um den Rücktritt des Grünen-Europaabgeordneten Malte Gallée war jüngst Kritik an ihr laut geworden, Gerüchten um Belästigungsvorwürfe nicht genug nachgegangen zu sein.

AfD: Die AfD-Liste zur Europawahl führt Maximilian Krah (46) an, der die Unterstützung des Rechtsaußen-Flügels der Partei genießt. Der gebürtige Dresdner ist seit 2019 Europaabgeordneter. 2023 veröffentlichte der Rechtsanwalt ein Buch mit dem Titel „Politik von rechts. Ein Manifest". Es erschien im Verlag von Götz Kubitschek, der nach Einschätzung des Verfassungsschutzes zu den wichtigsten Akteuren der sogenannten Neuen Rechten zählt. Krah war früher in der eigenen Partei wegen seiner Nähe zu China kritisiert worden. Jüngst geriet er in den Fokus der Öffentlichkeit, weil er der prorussischen Internetplattform „Voice of Europe" die vom tschechischen Kabinett auf die nationale Sanktionsliste gesetzt worden war, Interviews gegeben hatte.

Linke: Spitzenkandidat auf der Liste für die Europawahl ist Parteichef Martin Schirdewan zusammen mit der parteilosen Flüchtlings- und Klimaaktivistin Carola Rackete. Schirdewan ist Bundesvorsitzender der deutschen Linken und bereits Co-Chef der Linksfraktion GUE/NGL im Europaparlament. Der promovierte Politikwissenschaftler wurde 1975 in Ostberlin geboren und war 2019 schon einmal Spitzenkandidat zur Europawahl. Carola Rackete ist parteilose Aktivistin. Die 35-jährige Kapitänin wurde 2019 international bekannt, als sie mit dem Schiff „Sea Watch 3" mit aus Seenot geretteten Flüchtlingen trotz eines Verbots der italienischen Behörden die Insel Lampedusa anlief.

Bündnis Sahra Wagenknecht: Für die Wagenknecht-Partei treten der ehemalige Linken-Politiker Fabio De Masi und der ehemalige SPD-Politiker Thomas Geisel als Spitzenkandidaten an. Der 44-jährige De Masi saß von 2014 bis 2017 für die Linke im Europaparlament, bevor er für die Linke in den Bundestag nach Berlin wechselte. 2021 schied er aus dem Bundestag aus und erklärte 2022 seinen Austritt aus der Partei die Linke. Der studierte Volkswirt machte sich einen Namen als Aufklärer in Finanzskandalen, darunter der Cum-Ex-Skandal. Der 60-jährige Thomas Geisel war von 2014 bis 2020 Oberbürgermeister von Düsseldorf und hat Jura und Politik studiert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: US-Aktien steuern mit Gewinnen auf das Jahresende zu, Goldpreis erreicht neues Rekordhoch
22.12.2025

Die US-Aktien legten am Montag zu, wobei die drei großen Indizes den dritten Tag in Folge Gewinne verzeichneten. Gold setzte seine Rallye...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Globale Wirtschaft: Fed-Zurückhaltung bremst Wachstum und Aktienmärkte weltweit
22.12.2025

Nach der starken Rally an den Aktienmärkten mehren sich die Zweifel, ob das globale Wachstum ohne neue geldpolitische Impulse tragfähig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundeskartellamt verhängt zehn Millionen Euro Bußgeld
22.12.2025

Zehn Millionen Euro Bußgeld – das klingt nach wenig für Deutschlands oberste Wettbewerbshüter. Tatsächlich ist es ein deutlicher...

DWN
Finanzen
Finanzen Persönliche Daten bei Banken: Was Sie preisgeben müssen - und was nicht
22.12.2025

Bevor Banken Konten, Kredite oder Depots freigeben, sammeln sie umfangreiche Daten. Doch nicht jede Auskunft ist verpflichtend – viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Schaeffler-Aktie vor dem Ausbruch: Zehn Prozent Umsatz aus neuen Geschäften
22.12.2025

Während andere Rüstungsaktien nach ihrer Rally ins Stocken geraten, schiebt sich ein Industriekonzern überraschend nach vorn. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fallender Ölpreis hält Kraftstoffpreise vor den Feiertagen niedrig
22.12.2025

Der Ölpreis ist erstmals seit Beginn des Ukrainekriegs unter 60 US-Dollar gefallen. Für Verbraucher bedeutet das niedrige...

DWN
Technologie
Technologie Smart Cities: Fluch oder Segen?
22.12.2025

Smart Cities sind längst keine Zukunftsmusik mehr. In Städten wie Grevenbroich testen Sensoren, Kameras und KI das urbane Leben der...

DWN
Politik
Politik EU-Ukraine-Finanzierung: Milliardenkredit ohne Zugriff auf russisches Vermögen – die Hintergründe
22.12.2025

Die EU sucht nach Wegen, die Ukraine finanziell zu stützen, ohne neue politische Bruchlinien in der Union zu erzeugen. Doch welche Folgen...