Wirtschaft

Konjunktur-Prognosen: Zunehmende Lichtblicke für deutsche Wirtschaft

Mehr Kaufkraft, mehr Exporte, mehr Investitionen - die deutsche Wirtschaft kommt langsam wieder besser in Gang. Das bestätigen Epertenanalysen des Ifo Instituts und der Bundesbank. Trotzdem bleibt die Konjunktur fragil.
20.06.2024 12:50
Lesezeit: 2 min
Konjunktur-Prognosen: Zunehmende Lichtblicke für deutsche Wirtschaft
Mit der deutschen Wirtschaft geht es zart aufwärts (Bild: iStockphoto.com/Igor Kutyaev). Foto: Igor Kutyaev

Das Ifo-Institut hat seine Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland im laufenden Jahr von 0,2 auf 0,4 Prozent heraufgesetzt. „Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich langsam aus der Krise“, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser am Donnerstag in Berlin. Es sei noch kein Sommermärchen, aber „es entsteht gerade neue Hoffnung“. Im ersten Quartal hatte Europas größte Volkswirtschaft gestützt vom Export und gestiegenen Bauinvestitionen mit einem Mini-Wachstum von 0,2 Prozent überrascht. Nächstes Jahr erwartet das Münchner Institut ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent.

Der Konsum der privaten Haushalte, zu Jahresbeginn noch ein Bremsklotz, nehme zu. Der weltweite Handel und die Industrieproduktion dürften sich ab der zweiten Jahreshälfte weiter erholen. Die Lockerung der Geldpolitik unterstütze Investitionen, sagte der Konjunkturforscher. Das Ifo-Institut rechnet mit zwei weiteren Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank im laufenden Jahr.

Inflationsdynamik nimmt weiter ab

Die Inflation dürfte weiter abflauen auf 2,2 Prozent in diesem Jahr und 1,7 Prozent im kommenden Jahr. Die Zahl der Arbeitslosen steige dieses Jahr allerdings von 2,6 Millionen auf 2,7 Millionen. Das entspricht einer Quote von 5,9 Prozent. Im nächsten Jahr soll die Arbeitslosenzahl dann wieder auf 2,6 Millionen sinken. Die Zahl der Erwerbstätigen werde voraussichtlich leicht steigen von 45,9 Millionen auf 46,1 Millionen in diesem Jahr und auf 46,2 Millionen im nächsten Jahr.

Das Staatsdefizit wird nach Einschätzung der Ifo-Forscher deutlich sinken, von 99 Milliarden auf 73 Milliarden Euro im laufenden Jahr und auf 54 Milliarden Euro nächstes Jahr. Der international kritisierte Überschuss der Leistungsbilanz dürfte von 258 Milliarden auf 312 Milliarden und dann 306 Milliarden Euro steigen.

Die anderen Institute, die gemeinsam mit dem Ifo-Institut im Herbst und im Frühjahr die Gemeinschaftsdiagnosen für die Bundesregierung erstellen, haben ihre Prognosen vergangene Woche vorgelegt. Sie erwarten für dieses Jahr zwischen 0,2 und 0,4 Prozent Wirtschaftswachstum, 2,2 bis 2,4 Prozent Inflation und 2,7 Millionen bis 2,8 Millionen Arbeitslose in Deutschland. Die EU-Kommission erwartet, dass die europäische Wirtschaft insgesamt dieses Jahr um 1,0 Prozent wächst.

Bundesbank: Lichtblicke für deutsche Wirtschaft mehren sich

Auch die Bundesbank sieht zunehmend Lichtblicke für die deutsche Wirtschaft. Die konjunkturelle Erholung setze sich fort, heißt es im neuen Monatsbericht. „Während die deutsche Wirtschaft nach wie vor Gegenwind hat, mehren sich die Lichtblicke“, so die Experten. Für das Gesamtjahr erwartet die Bundesbank in ihrer jüngsten Prognose von Anfang Juni ein BIP-Wachstum um 0,3 Prozent.

Die Industrie arbeitet sich den Volkswirten der Bundesbank zufolge langsam aus ihrer Schwächephase heraus. Die Industrieproduktion sei im April gestiegen, und vor allem bei der Nachfrage aus dem Ausland deute sich eine Verbesserung an – wenngleich von niedrigem Niveau aus.

Der private Konsum, der zu Jahresbeginn noch als Konjunkturstütze ausfiel, könnte demnach im laufenden Quartal etwas zulegen. Verbraucherinnen und Verbraucher hätten sich zwar zum Quartalsbeginn mit zusätzlichen Ausgaben noch zurückgehalten. Vor allem dank kräftig steigender Löhne verbesserten sich die Ausgabenspielräume der Konsumenten derzeit aber spürbar, erläuterten die Experten.

Problembranche Bau

„Die Weichen sind tendenziell auf Erholung gestellt“, sagte Ifo-Analyst Wollmershäuser. Aber die Bundesregierung habe keinen klaren wirtschaftspolitischen Kurs. Ifo-Präsident Clemens Fuest sagte, bei der Konjunktur gebe es „ein bisschen Aufhellung, aber die strukturellen Probleme sind ungelöst“.

Laut Bundesbank sind die Investitionen in Deutschland rückläufig, weil stabile Rahmenbedingungen fehlen. Gestiegene Zinsen dämpfen den Experten zufolge allerdings weiterhin Investitionen. Dies belaste vor allem den Wohnungsbau. „In der Baubranche ging die Produktion im April wieder deutlich zurück, nachdem sie im ersten Quartal durch die außergewöhnlich milde Witterung gestützt worden war“, schreiben die Bundesbank-Experten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht zeitweise unter 90.000 US-Dollar: Kryptomarkt in extremer Angst
18.11.2025

Der Bitcoin-Kurs ist am Dienstag zeitweise tief gefallen und hat weltweit Unruhe unter Anlegern ausgelöst. Der Fear-and-Greed-Index warnt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Flixtrain bereit zum harten Wettbewerb um Bahn-Kunden
18.11.2025

Im Fernverkehr auf deutschen Schienen herrscht bislang wenig Wettbewerb. Das könnte sich in den kommenden Jahren ändern. Ein kleiner...

DWN
Technologie
Technologie Fliegende Autos: XPeng eröffnet erste Produktionsstätte für Flugfahrzeuge in China
18.11.2025

China eröffnet erstmals industrielle Strukturen für Fahrzeuge, die sowohl am Boden als auch in der Luft nutzbar sein sollen. Wird damit...

DWN
Technologie
Technologie Cloudflare down: Internetdienste X und ChatGPT massiv von Cloudflare-Störung betroffen
18.11.2025

Die Cloudflare-Dienste sind seit Dienstagmittag weltweit massiv gestört, betroffen sind darunter große Plattformen wie X und ChatGPT. Das...

DWN
Finanzen
Finanzen Nokia-Aktie und Nvidia-Aktie im Fokus: Wie die Partnerschaft 5G-Wachstum antreibt
18.11.2025

Die einst vor allem für Handys bekannte Nokia hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt und rückt nun wieder in den Fokus von...

DWN
Finanzen
Finanzen Vestas-Aktie im Minus: So sollen 900 gezielte Entlassungen die Ertragsziele stützen
18.11.2025

Die Vestas-Aktie steht derzeit unter Druck. Dass das Unternehmen weltweit 900 Bürostellen abbaut, scheint den Anlegern auch Sorgen zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erfolg im Job: Warum Diplome nicht mehr über Karrierechancen entscheiden
18.11.2025

Die Anforderungen an Fachkräfte haben sich deutlich verändert, und Arbeitgeber legen zunehmend Wert auf Fähigkeiten, Persönlichkeit und...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität in Europa: Beckedahl kritisiert Bundesregierung
18.11.2025

Deutschland feiert neue Google- und Microsoft-Rechenzentren, während die digitale Abhängigkeit von US-Konzernen wächst. Der...