Politik

Rückzugforderungen und nun auch noch Corona - Joe Bidens Kampf im Rampenlicht

Immer mehr Parteifreunde aus Reihen der US-Demokraten wenden sich von ihm ab. Jetzt auch der einflussreiche Kalifornier Adam Schiff. US-Präsident Joe Biden hat eigentlich nur noch zwei Alternativen: Die Wahl im November verlieren oder den Staffelstab auf dem Partei-Konvent weiter reichen. Vize-Präsidentin Kamala Harris sammelt bereits die Stimmen von Unterstützern.
18.07.2024 09:15
Lesezeit: 5 min
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Es sieht nicht gut aus für Joe Biden: Nach einer kurzen Atempause sieht sich der US-Präsident mit neuen Forderungen konfrontiert, sich aus dem Wahlkampf um eine zweite Amtszeit zurückzuziehen. Zugleich macht ihm seine Gesundheit zu schaffen. Nach einem positiven Coronatest musste der 81-Jährige am Mittwoch eine Wahlkampfreise im Bundesstaat Nevada abbrechen. Der Demokrat zog sich mit leichten Symptomen in sein Privathaus in Rehoboth im Bundesstaat Delaware zurück.

Während die Republikaner auf ihrem Parteitag in Milwaukee gut gelaunt Geschlossenheit demonstrieren, spitzt sich die Lage für US-Präsident Joe Biden immer weiter zu. Nach einer kurzen Atempause sieht sich der Demokrat mit neuen Forderungen konfrontiert, sich aus dem Wahlkampf um eine zweite Amtszeit zurückzuziehen. In Milwaukee hingegen hielt Donald Trumps Kandidat für das Vizepräsidentenamt, J.D. Vance, seine erste große Rede als sogenannter Running Mate.

Biden bricht Wahlkampftour wegen Corona ab

Fast zeitgleich kam US-Präsident Biden am Mittwochabend (Ortszeit) in seinem Strandhaus in Rehoboth Beach im Bundesstaat Delaware an. Dort zieht sich der 81-Jährige mit leichten Symptomen zurück, nachdem er wegen des positiven Coronatests eine Wahlkampfreise im Bundesstaat Nevada abbrechen musste. Die Erkrankung trifft Biden genau in dem Moment, in dem die Debatte über seine Kandidatur wieder entbrannt ist. Nach dem Attentat auf Trump bei einem Wahlkampfauftritt am Wochenende konnte Biden nur kurz verschnaufen.

Während Biden auf Wahlkampftour in Nevada unterwegs war, forderte der prominente demokratische Abgeordnete Adam Schiff den 81-Jährigen auf, aus dem Präsidentschaftsrennen auszusteigen. Kurze Zeit später berichteten Medien übereinstimmend, dass die beiden Top-Demokraten im US-Kongresses, Hakeem Jeffries und Chuck Schumer, Biden bereits in der vergangenen Woche davor gewarnt hätten, an seiner Präsidentschaftsbewerbung festzuhalten.

Bericht: Pelosi redet Bidens ins Gewissen

Schließlich berichtete der Sender CNN unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen, dass die demokratische Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi dem US-Präsidenten kürzlich in einem Gespräch gesagt habe, er könne Trump im Rennen ums Weiße Haus nicht schlagen. Biden reagierte demnach abweisend. Die „New York Times“ schrieb hingegen, dass Biden sich in den vergangenen Tagen offen für derartige Warnungen gezeigt habe und sich die Argumente zumindest anhören würde. Als Quelle nannte die Zeitung Demokraten, die über die Gespräche informiert worden seien.

Biden hat bislang alle Rückzugsforderungen zurückgewiesen und klargemacht, dass er nicht vorhat, hinzuschmeißen. In einem am Mittwoch ausgestrahlten TV-Interview sagte Biden auf eine entsprechende Frage, dass ihn ein medizinisches Problem dazu bringen könne, über einen Rückzug nachzudenken. Der Demokrat steht wegen seines hohen Alters und Zweifeln an seiner geistigen Verfassung massiv unter Druck aus den eigenen Reihen. Seit einem desaströsen Auftritt bei einem Fernsehduell gegen seinen Kontrahenten Trump forderten ihn in den vergangenen Wochen diverse demokratische Abgeordnete auf, aus dem Präsidentschaftsrennen auszusteigen. Viele weitere äußerten sich öffentlich sehr besorgt über seine Wahl-Chancen.

Prominente Rückzugsforderungen

Der Abgeordnete Schiff, der sich um einen Posten im Senat bewirbt, erklärte nun, er habe ernsthafte Bedenken, ob Biden den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Trump im November besiegen könne. Biden habe große Erfolge zu verbuchen, aber es sei an der Zeit, den Weg freizumachen für jemand anderen. Schiff ist ein Vertrauter Pelosis. Die 84-Jährige hat in der Partei weiterhin großen Einfluss und hatte vergangene Woche bereits in einem TV-Interview signalisiert, dass die Debatte um Bidens Kandidatur noch nicht beendet sei. Dass sie ausdrücklich darauf verzichtete, Biden ihre Unterstützung auszusprechen, machte Schlagzeilen.

Top-Demokraten im Kongress warnten Biden

Auch auf höchster Parteiebene bereitet Bidens Beharrlichkeit offenbar Sorgen. Sowohl Schumer, Mehrheitsführer im Senat, als auch Jeffries, Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, hätten in der vergangenen Woche separat Gespräche mit Biden geführt und davor gewarnt, dass Bidens Festhalten an seiner Präsidentschaftsbewerbung dazu führen könne, dass die Demokraten die Kontrolle über beide Kongresskammern verlieren könnten. Das berichteten die „Washington Post“ und ABC News unter Berufung auf anonyme Quellen, die mit der Angelegenheit vertraut sind. Schumers Büro teilte als Reaktion auf die Berichte am Mittwoch mit, der Senator habe Biden die Ansichten seiner Fraktion übermittelt. Solange die Quelle nicht Schumer oder Biden heiße, bewege sich Berichterstattung im Bereich der Spekulation.

Neben dem Präsidentenamt werden bei der Wahl im November auch viele Sitze im Parlament neu vergeben. Das gesamte Repräsentantenhaus wird neu gewählt, im Senat steht ein Drittel der Sitze zur Wahl. Die Demokraten fürchten, dass die Republikaner nach der Wahl sowohl beide Kammern im Kongress als auch das Weiße Haus kontrollieren könnte. Etliche Parlamentarier haben Sorge, dass die fehlende Unterstützung für Biden auch sie die Wiederwahl kosten könnte.

Laufende Nase und Husten

Biden, der nach der Wahl im November im Amt bestätigt werden will, war am Mittwoch in Las Vegas unterwegs, um vor allem bei der hispanischen Bevölkerung um Stimmen zu werben. Der positive Coronatest machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Er habe Atemwegsbeschwerden, eine laufende Nase und Husten, teilte sein Arzt mit. Er habe seine erste Dosis des Covid-Medikaments Paxlovid bekommen. Biden gehört wegen seines hohen Alters zur Risikogruppe. Er war zuletzt im Sommer vor zwei Jahren positiv auf das Virus getestet worden.

Feierstimmung in Milwaukee

Ganz anders als bei den Demokraten ist die Stimmung aktuell bei den Republikanern. Beim Parteitag in Milwaukee wurde Trump am Montag offiziell zum Präsidentschaftskandidaten der Partei gekürt. Seine große Rede wird in der deutschen Nacht zu Freitag erwartet. Seit Beginn des Spektakels in der riesigen Veranstaltungshalle läuft Trump dort jeden Abend unter dem Jubel seiner Parteikollegen auf. Öffentlich äußern tut sich der 78-Jährige, der am Wochenende bei einem versuchten Attentat am Ohr verletzt wurde, nicht. Stattdessen sitzt er in einem speziellen Bereich im Publikum mit einem verbundenen Ohr.

Trumps Vizekandidat will Arbeiter überzeugen

Seine große Bewährungsprobe hatte am Mittwochabend (Ortszeit) Trumps Vizekandidat J. D. Vance. Er stellte Trump in seiner Rede als Mann der Mäßigung dar, der nach dem Attentat zur Einheit aufgerufen habe. Gleichzeitig präsentierte sich der gefeierte Buchautor und studierte Jurist als Mann des Volkes. Der 39-Jährige versuchte in seiner Rede, besonders weiße Arbeiter in den sogenannten Swing States anzusprechen. Das sind wahlentscheidenden Bundesstaaten, die weder fest den Republikanern noch den Demokraten zugerechnet werden können.

Zuvor heizten Trumps Sohn Donald Trump Jr. oder der Gouverneur des Bundesstaats Texas, Greg Abbott, dem Publikum ein. Die Parteimitglieder brachen immer wieder in Jubel aus, hielten Schilder hoch, auf denen „Massenabschiebungen jetzt“ stand oder riefen mit Blick auf Trumps nicht fertiggestellte Grenzmauer an der US-Südgrenze zu Mexiko „Baut die Mauer“. Die Republikaner haben sich in den vergangenen Tagen in Milwaukee geeint präsentiert und zeigen sich mit Blick auf die Wahl im November gerade zu überschwänglich optimistisch.

US-Vize-Präsidentin Kamala Harris bringt sich in Position

Fast zwei Drittel der Wähler der Demokraten sind der Meinung, dass sich US-Präsident Biden aus dem Rennen zurückziehen und ein anderer Kandidat nominiert werden sollte. Nur drei von zehn Demokraten sind noch zuversichtlich, dass Biden über die Fähigkeiten für das Amt verfügt. Bei Befragten unter 45 Jahren wollen sogar drei Viertel, dass Biden aussteigt.

Vizepräsidentin Kamala Harris liegt bei den Beliebtheitswerten ähnlich hoch wie Biden. Etwa sechs von zehn Demokraten glauben, dass Harris eine gute Präsidentin wäre. Nur zwei von zehn sehen das anders. Harris nutzte de vergangenen Wochen, um Unterstützung für den Tag X zu versammeln – selbst bei Republikanern. Harris hofft, Nikki-Haley-Unterstützerinnen auf ihre Seite (und zu den Demokraten) herüberziehen zu können.

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