Politik

Union fordert Steuererleichterungen: Der Durchbruch für Deutschlands Unternehmen?

Deutschland verliert dramatisch an Attraktivität im internationalen Wettbewerbsranking. Können Steuererleichterungen für Unternehmen das Wachstum ankurbeln? Die CDU/CSU präsentiert einen ambitionierten Plan – ist dies die Rettung unserer Wirtschaft oder nur ein leeres Versprechen?
31.07.2024 08:07
Aktualisiert: 31.07.2024 08:55
Lesezeit: 3 min
Union fordert Steuererleichterungen: Der Durchbruch für Deutschlands Unternehmen?
Die CDU/CSU-Fraktion präsentiert einen ambitionierten Antrag zur Steuererleichterung für Unternehmen. (Foto: iStock.com, gopixa) Foto: gopixa

Deutschland hat in den letzten Jahren stark an Attraktivität im internationalen Ranking verloren. Eine aktuelle ifo-Umfrage zeigt: Fast die Hälfte der Experten erwartet einen weiteren Rückfall im Standortwettbewerb in den nächsten zehn Jahren. Können Steuererleichterungen das Wachstum ankurbeln?

Die CDU/CSU-Fraktion präsentiert einen ambitionierten Antrag zur Steuererleichterung für Unternehmen. Julia Klöckner (CDU) betont: „Wir wollen die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessern, Unternehmen und Beschäftigte entlasten, Leistung wieder mehr anreizen und Freiräume für mehr Unternehmertum schaffen.“ Aber steckt hinter diesen Worten tatsächlich ein erfolgversprechender Plan?

Deutschland im Konjunkturtief: Dringende Maßnahmen gegen die Wirtschaftskrise – der Vorschlag der Union

Ein wichtiger Punkt ist die Senkung der Steuern auf thesaurierte Gewinne auf 25-Prozent ab 2025. Außerdem soll eine „Turboabschreibung“ Investitionen in moderne Maschinen und Technologien fördern, indem Unternehmen ihre Ausgaben schneller absetzen können. Die Regeln für Verlustvorträge und -rückträge sollen ebenfalls verbessert werden, damit Unternehmen Verluste besser mit Gewinnen verrechnen können und die Union will bürokratische Hürden abbauen.

Alle Formalitäten für Gründungen, Ummeldungen und Betriebsaufgaben sollen bei einer Behörde gebündelt werden, um besonders Start-ups zu entlasten. Auch das Besteuerungsverfahren soll digitalisiert werden, um Steuererklärungen und -prüfungen effizienter und präziser zu gestalten. Zudem setzt sich die Fraktion für eine EU-weite Harmonisierung des Quellensteuerverfahrens, die Abschaffung des Solidaritätszuschlags und eine Reform der Grunderwerbsteuer ein.

Fritz Güntzler (CDU) betont, dass angesichts der Wirtschaftskrise unter der Ampelkoalition dringende Maßnahmen erforderlich sind. Während die Weltwirtschaft um 3-Prozent wachse, liege Deutschlands Wachstum bei nur 0,3-Prozent. Deutschland sei ein konjunkturelles Schlusslicht. Firmenzusammenbrüche erreichen einen Höchststand, die Industrieproduktion ist rückläufig: „Das können wir uns schlicht nicht leisten.“

Steuersenkungen: Alte Debatte ohne garantierten Erfolg?

Die Diskussion über Unternehmenssteuersenkungen ist nicht neu. 2008 wurde der Körperschaftsteuersatz von 25- auf 15-Prozent gesenkt – leider ohne den erwarteten Investitionsboom. Maurice Höfgen, Ökonom & wissenschaftlicher Mitarbeiter für Finanzpolitik im Bundestag, vertritt die Auffassung, dass Steuersenkungen allein ohne starke Nachfrage und stabile Bedingungen keine nachhaltige Belebung bringen. „Wer einen privaten Investitionsboom will, muss erst die Nachfrage ankurbeln und Planungssicherheit schaffen.“ Der Ruf nach Steuersenkungen sei ein alter Hut der Lobbyverbände und begünstige große Konzerne.

Höfgen verweist auf Simulationen des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), dass geplante Steuersenkungen von 32 Milliarden Euro nur magere 11 Milliarden Euro an privaten Investitionen auslösen – kaum spürbar für die Wirtschaftsleistung. Viele Unternehmen würden das Geld eher zur Schuldenreduzierung oder Dividendenerhöhung nutzen, statt in neue Projekte zu investieren. Zu guter Letzt könnten Steuersenkungen zu Kürzungen an anderer Stelle führen, da die Schuldenbremse eingehalten werden muss. Steigen andere Steuern und Abgaben wie die Mehrwertsteuer auf Gas, Fernwärme, Gastronomie, die LKW-Maut, der CO2-Preis, die Sozialbeiträge, die Flugticketsteuer und die Plastikabgabe, belastet dies die Wirtschaft zusätzlich - statt Wachstum zu fördern.

Positive Effekte von Steuersenkungen: Empirische Belege und internationale Beispiele

Andere Experten und empirische Daten belegen die positiven Effekte von Steuersenkungen auf das Wirtschaftswachstum. Niedrigere Steuern verschaffen Unternehmen finanzielle Spielräume, die sie in Wachstum und Beschäftigung investieren können. Dies kann zu höheren Steuereinnahmen führen, da ein wachsender Wirtschaftskreislauf die Steuerbasis verbreitert.

Besonders Klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) profitieren: Eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zeigt, dass Steuererleichterungen KMU zu höheren Investitionen und Innovationen verhelfen, was Arbeitsplätze schafft und die Wettbewerbsfähigkeit stärkt. Steuersenkungen signalisieren Unternehmen und Investoren, dass die Regierung die Wirtschaft fördern will, was das Vertrauen stärkt und Investitionen anregt.

Internationale Beispiele verdeutlichen die positiven Auswirkungen von Steuersenkungen. Die US-Steuerreform 2017 senkte den Körperschaftsteuersatz von 35- auf 21-Prozent und führte zu einem signifikanten Anstieg der Unternehmensinvestitionen und einer Belebung des Wirtschaftswachstums. Laut dem Council of Economic Advisers stiegen die Investitionen in den ersten beiden Jahren nach der Reform um 10-Prozent.

Ungleichgewicht in Staatsausgaben: Dringend benötigte Hilfe für Unternehmen

Letztlich stellt sich auch die Frage, wofür der Staat bereit ist, Geld auszugeben. Milliarden fließen in Projekte wie den Klimaschutz, die Ukraine-Hilfe und die Flüchtlingsunterstützung, während Unternehmer durch hohe Steuern und Bürokratie belastet werden – eine Schieflage, die korrigiert werden muss. Wo bleibt die dringend benötigte Hilfe für deutsche Unternehmen? Diese berechtigte Frage wird vom Mittelstand immer lauter.

Steuersenkungen sind kein Allheilmittel, sondern ein essenzieller Bestandteil zur Stärkung der Wirtschaft. Sie erhöhen die Liquidität der Unternehmen und ermöglichen Investitionen in neue Technologien und Arbeitsplätze. Selbst wenn vergangene Senkungen keinen Investitionsboom auslösten, wäre die Situation ohne sie wahrscheinlich noch schlimmer gewesen. Zudem muss berücksichtigt werden, dass das Ausbleiben des Investitionsbooms nach der letzten Steuersenkung auch durch die globale Finanzkrise bedingt war.

Statt sich vor Unternehmenssteuersenkungen zu drücken, sollten die Ausgaben überprüft werden. Unternehmer sind frustriert zu sehen, wie die Regierung anderswo Mittel zur Verfügung stellt, während sich ihre Situation zunehmend verschlechtert. Wieso nicht sinnvoll einsparen und den Unternehmen die notwendigen Unterstützungen zukommen lassen? Der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. fordert dies seit langem und betont, dass „Deutschland kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem“ hat.

Modernisierung des Unternehmenssteuerrechts: Neuer Anlauf nach gescheitertem Versuch

Bereits 2019 hatte die CDU/CSU-Fraktion ein umfassendes Konzept zur Modernisierung des Unternehmenssteuerrechts vorgestellt. Damals scheiterte die Umsetzung jedoch an der Ablehnung durch den Koalitionspartner SPD. Der aktuelle Antrag liegt nun dem Finanzausschuss zur weiteren Beratung vor.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Panorama
Panorama 100 Jahre Rolltreppe: Aufstieg in 30 Sekunden
13.07.2025

Die Rolltreppe ist allgegenwärtig – und doch übersehen wir oft ihre faszinierende Geschichte. Seit 100 Jahren bewegt sie Menschen durch...

DWN
Technologie
Technologie The bright, bright future ahead (AI): Bringt künstliche Intelligenz uns eine bessere Zukunft?
13.07.2025

Es geht Schlag auf Schlag. Bald, so hört man, haben wir die AGI (artificial general intelligence) und danach kommt die Superintelligence....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Geschäftsideen schützen: Mehr Umsatz für Unternehmen mit Patenten und Marken
13.07.2025

Mehr als 50-Prozent mehr Umsatz für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Innovationen schützen – warum cleverer Schutz der...

DWN
Politik
Politik Patient Pflegeversicherung: Es fehlen Milliarden in den Kassen
13.07.2025

Immer mehr Pflegebedürftige in Deutschland – und die Finanzierungslücke wächst. Der Bundesrechnungshof warnt und spricht von über 12...

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...