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FDP-Papier: Für einige in der Parteispitze könnte die Luft wegen des D-Day-Papiers dünn werden

Lesezeit: 5 min
29.11.2024 12:03
Ein internes FDP-Papier über den Ausstieg aus der Ampel-Koalition hat die Parteiführung unter Druck gesetzt und innerhalb der Partei sowie bei den früheren Koalitionspartnern für Kritik gesorgt. Für einige in der Parteispitze könnte die Luft wegen des mit dem Titel "D-Day" überschriebenen FDP-Papiers dünn werden. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hatte immer betont, der Begriff D-Day sei nicht benutzt worden - sein Rücktritt folgte prompt.
FDP-Papier: Für einige in der Parteispitze könnte die Luft wegen des D-Day-Papiers dünn werden
Christian Lindner (FDP), ehemaliger Bundesminister der Finanzen und FDP-Bundesparteivorsitzender: Muss er wegen des FDP-D-Day-Papiers zurücktreten? (Foto: dpa)
Foto: Hannes P. Albert

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FDP-Papier: D-Day bringt FDP-Generalsekretär in Schwierigkeiten

FDP-Präsidiumsmitglied Marie-Agnes Strack-Zimmermann äußerte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass es angesichts der angespannten Regierungssituation zwar notwendig gewesen sei, über Szenarien für einen Ausstieg nachzudenken. Sie betonte jedoch: "Die Wortwahl ist unglücklich, und eine Verschriftlichung in diesem Tonfall nicht vertretbar." Auf X forderte sie später eine selbstkritische Analyse. SPD und Grüne zeigten sich über das FDP-D-Day-Papier empört.

Die FDP veröffentlichte das achtseitige Dokument am Donnerstag selbst, nachdem das Nachrichtenportal "Table.Briefings" bereits darüber berichtet hatte. Bereits zuvor hatte eine "Zeit"-Recherche über die Hintergründe des Koalitionsbruchs Diskussionen entfacht. Laut Berichten plante die FDP-Spitze seit Ende September bei mehreren Treffen Szenarien für einen möglichen Bruch der Koalition.

Das FDP-Papier steht nicht nur wegen seines Inhalts, sondern auch wegen der gewählten Begrifflichkeiten in der Kritik. Der Begriff "D-Day", der historisch durch den Zweiten Weltkrieg geprägt ist, wird in dem Dokument als Synonym für den geplanten Ausstieg aus der Koalition mit SPD und Grünen verwendet. Im Englischen bedeutet "D-Day" so viel wie "Tag X" oder "Tag der Entscheidung". Im deutschen Sprachgebrauch wird er vor allem mit der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 verbunden, die ein entscheidender Schritt zur Befreiung Europas war. Zugleich erinnert "D-Day" an die mit diesem Ereignis verbundenen hohen Opferzahlen.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai erklärte noch am 18. November in einem RTL/ntv-Interview, dass der Begriff "D-Day" in Medienberichten falsch wiedergegeben worden sei. Nach Veröffentlichung des Papiers sagte er der "Welt", dass das Dokument auf Mitarbeiterebene entstanden sei und die Parteiführung nicht informiert gewesen sei. Einen Rücktritt schloss er aus. Seit Freitagvormittag ist klar: Der Druck auf den Generalsekretär war zu hoch, Bijan Djir-Sarai erklärte seinen Rücktritt.

D-Day: FDP-Papier teils mit martialischer Sprache

Das FDP-Papier wurde sehr detailliert ausgearbeitet und kam einem Drehbuch für das Aus der Ampel-Koalition gleich. Besonders auf sozialen Medien sorgte ein Bild der sogenannten "Ablaufpyramide" aus dem Papier für Spott. Diese stellt die vier "D-Day"-Phasen dar, beginnend mit einem ersten "Impuls" - einem Statement des Parteichefs Christian Lindner - bis hin zur "offenen Feldschlacht". Das FDP-Papier wurde von SPD und Grünen scharf kritisiert. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch warf der FDP vor, die Öffentlichkeit wiederholt getäuscht zu haben, und forderte eine Entschuldigung von Christian Lindner. Miersch sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Es ist zynisch, dass die FDP den Bruch der Ampel als 'D-Day' bezeichnet und den Wahlkampf als 'offene Feldschlacht' darstellt. Die FDP-Spitze hat den Einsatz dieser Begriffe stets bestritten."

SPD-Chef Lars Klingbeil kommentierte auf X: "Gut, dass alles ans Licht kommt. Die Bürgerinnen und Bürger können sich nun ein Bild machen." Auch Britta Haßelmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen, äußerte Kritik: "Das Parlament ist kein Schlachtfeld. Der demokratische Wettstreit um die besten Ideen gehört zu unserem System. Diese FDP sollte keine Verantwortung für Deutschland übernehmen."

FDP verteidigt sich mit Transparenz

Die FDP rechtfertigte die Veröffentlichung des Papiers mit einem Streben nach Transparenz und schrieb auf X: "Wir haben nichts zu verbergen." Djir-Sarai erklärte noch in seiner Funktion als FDP-Generalsekretär in einem Statement, dass das Papier Szenarien für ein mögliches Ende der Koalition beleuchte. "Die gesamte Medienlandschaft spekulierte bereits über das Ende der Ampel. Sich darauf vorzubereiten, ist professionell."

Das Papier benennt etwa die Mitte der 45. Kalenderwoche zwischen dem 4. und 10. November als idealen Zeitpunkt für einen "avisierten Ausstieg". Tatsächlich endete die Koalition am 6. November, als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) FDP-Chef Lindner als Finanzminister entließ. Die Bundestagswahl ist für den 23. Februar angesetzt. Laut aktuellen Umfragen liegt die FDP bei drei bis vier Prozent und könnte damit an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern - und aus dem Bundestag fliegen.

Das FDP-Papier und die vorbereitete Koalitionsbruch-Rede des FDP-Chefs

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hatte die Verwendung des Begriffs D-Day im FDP-Papier immer bestritten und angeblich nichts davon gewusst. Schnell wurden Rücktrittsforderungen laut, da der offizielle Titel des Strategiepapiers tatsächlich den Namen D-Day trägt - und ein Generalsekretär doch wissen sollte, was in der Partei geplant ist. Wie nun bekannt ist, folgte der Rücktritt einen Tag nach Veröffentlichung des FDP-Papiers. Und auch für FDP-Chef Christian Lindner dürfte die Luft dünner werden - wegen des "Drehbuchs" für das Aus der Ampel-Koalition und wegen einer vorbereiteten Koalitionsbruch-Rede des FDP-Chefs.

Aus staatspolitischer Verantwortung macht die FDP den Weg für eine vorgezogene Entscheidung der Bürger frei: Das sollte der Tenor der nie gehaltenen Rede von Lindner zum Ende der Koalition sein. Nach dem veröffentlichten Koalitionsbruch-Szenario der FDP sollte der geplante Ablauf vier Phasen haben. Die "Phase 1 - Impuls" sollte von Parteichef Christian Lindner mit einem Statement eröffnet werden. Dieses war bereits ausformuliert und hat folgenden Wortlaut:

"Deutschland ist in die Krise geraten. Wir erleben das zweite Jahr Rezession unserer Wirtschaft und die wachsenden Sorgen um die Zukunft unseres Wohlstandes. Sorge um Arbeitsplätze. Sorge um die Rente. Sorge um den sozialen Zusammenhalt. Sorge um unsere Sicherheit in unsicheren Zeiten. Sorge um unsere Demokratie. Alle diese Sorgen haben einen Ursprung: Unsere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Wir haben das Vertrauen in uns und unser Land verloren. Wir sehen überall die Probleme aber wenig Hoffnung auf bessere Zeiten. Aber: Unsere Wachstumsprobleme sind lösbar, sie erfordern nur entschlossenes und entschiedenes Handeln.

Seit einem Jahr tobt ein Richtungsstreit in der Bundesregierung über den richtigen Kurs zur Stabilisierung unserer Wirtschaft. SPD und Grüne wollen mit Subventionen, gelenkten Löhnen und Preisen, hohen Sozialausgaben, Investitionen und Konsum ankurbeln. Mit neuen Schulden und auf Pump. Die FDP will die strukturellen Standortbedingungen verbessern. Geringere Steuern, weniger Bürokratie, bezahlbare Sozialbeiträge.

Diese fundamental verschiedenen Ansätze der Wirtschaftspolitik lassen sich nicht in einem Kompromiss lösen. Während die Regierungskoalition noch nicht mal das umsetzt, worauf sie sich im Sommer verständigt hat, legen SPD und Grüne wirtschaftspolitische Vorschläge auf den Tisch, die niemals eine Chance auf Umsetzung mit den Freien Demokraten haben. Das kann man nur als Einstieg in den Bundestagswahlkampf werten. Der Richtungsstreit in der Bundesregierung ist selbst zum größten Standortrisiko für unser Land geworden. Unternehmen und ausländische Investoren halten Investitionen zurück, weil sie nicht wissen, wohin die Reise in Deutschland geht. Diesen Stillstand und diese Unentschiedenheit können wir nicht noch ein Jahr hinnehmen. Es geht um Jobs, es geht um Menschen, es geht um die Zukunft von 83 Millionen. Die Bundesregierung ist angetreten, um den Stillstand des Landes am Ende der Ära Merkel zu beenden. Nach 3 Jahren ist aber auch die Ampel zu Stillstand gekommen.

Deshalb muss diese Bundesregierung jetzt enden. Wir müssen zu schnellen Neuwahlen kommen, damit die deutsche Bevölkerung in demokratischen Wahlen entscheiden kann, welchen Weg unser Land nehmen soll. Wollen wir den Weg einer staatlichen Planwirtschaft einschlagen, mit Subventionen und vielen Vorschriften. Oder gehen wir zurück zu den Stärken der sozialen Marktwirtschaft. Freien Unternehmern, klaren Regeln, Leistung die sich lohnt und sozialen Schutz für diejenigen, die ihn brauchen. Wir Freie Demokraten wollen nicht, dass die Ampel das Land in Geiselhaft hält. Deutschland wartet dringend auf Reformen – jetzt! Wir machen den Weg frei zu vorgezogenen Neuwahlen. Wir fordern alle Demokraten im Bundestag auf, die heute Verantwortung tragen oder zukünftig Verantwortung tragen wollen, mit uns gemeinsam einen geordneten Prozess für vorgezogenen Neuwahlen einzuleiten. Wir gehen hierzu heute den ersten Schritt."


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