Unternehmen

Gelingt im VW-Tarifstreit eine Einigung vor Weihnachten?

Im Tarifstreit bei VW liegen die Positionen noch weit auseinander. Bringt ein Verhandlungsmarathon kommende Woche nun den Durchbruch?
12.12.2024 16:02
Lesezeit: 2 min

Mit einem zweitägigen Verhandlungsmarathon wollen VW und IG Metall kommende Woche versuchen, ihren Tarifstreit doch noch vor Weihnachten beizulegen. Beide Seiten wollen am Montag erneut zusammenkommen - und notfalls auch den Dienstag dranhängen. Von einer echten Annäherung sprechen beide bisher aber nicht.

Volkswagen fordert wegen der schwierigen Lage des Konzerns von den Mitarbeitern eine Lohnkürzung von zehn Prozent und will zudem diverse Boni und Zulagen streichen. Auch Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen stehen weiter im Raum. Die IG Metall fordert dagegen den Erhalt aller Standorte und eine Beschäftigungsgarantie für die rund 130.000 Mitarbeiter. Dauerhafte Einschnitte beim Monatslohn lehnt sie ab.

Konstruktiveres Gesprächsklima

Zumindest verbal rüsteten beide Seiten bei der Tarifrunde am Montag spürbar ab. VW-Verhandlungsführer Arne Meiswinkel sprach nach sieben Stunden Verhandlung von "konstruktiven Gesprächen" und "Fortschritten in der Diskussion". Die Zurückweisung der IG-Metall-Vorschläge fiel weniger schroff aus als zuvor. Verhandlungskreisen zufolge wurde erstmals ernsthaft verhandelt statt nur festgefahrene Positionen auszutauschen.

Auch IG-Metall-Verhandlungsführer Thorsten Gröger berichtete von einem "deutlich konstruktiveren Gesprächsklima". Beide Seiten betonten aber: Inhaltlich liege man noch weit auseinander. "Die Atmosphäre unserer jüngsten Gespräche kann man vielleicht am ehesten als `bedingt gestaltungsbereit´ beschreiben", sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo, die für die IG Metall mit am Verhandlungstisch saß.

Drohung mit weiteren Warnstreiks

Zugleich droht die IG Metall: Sollte es vor Weihnachten keine Einigung geben, behalte sie sich vor, die Warnstreiks im neuen Jahr deutlich auszuweiten. Bereits die Tarifrunde am Montag war von einem erneuten Warnstreik an neun der zehn deutschen VW-Standorte begleitet worden.

Laut IG Metall beteiligten sich insgesamt 103.000 Beschäftigte an dem Ausstand. VW sprach dagegen nur von 55.000 Teilnehmern, die bei der Arbeitsagentur gemeldet wurden. Die Gewerkschaft erklärte die Abweichungen mit unterschiedlichen Ansichten über die Meldepflicht von Warnstreikteilnehmern.

Einigung noch vor Weihnachten?

Kann es kommende Woche nun zum Durchbruch kommen? "Eine Beschleunigung der Verhandlungen vor Weihnachten könnte mehr Bewegung in die verfahrene Situation bringen", sagt Branchenexporte Frank Schwope von der Fachhochschule des Mittelstands in Hannover. Eine Einigung vor Weihnachten sei angesichts der noch «meilenweit auseinanderliegenden» Positionen aber nur schwer vorstellbar.

"Allerdings geht es manchmal dann doch schnell", fügt Schwope hinzu. Vorstellbar sei etwa eine Reduzierung der Arbeitszeit auf eine Vier- oder Viereinhalb-Tage-Woche. Mit einer ähnlichen Lösung war bei VW 1993 schon einmal ein massiver Stellenabbau verhindert worden.

Nahendes Fest erhöht Druck

Das nahende Weihnachtsfest hat bei VW bereits in der Vergangenheit wiederholt den Druck erhöht, Konflikte vorher beizulegen. Vor einem Jahr einigten sich Konzern und Betriebsrat am 19. Dezember nach monatelangem Ringen auf Eckpunktes eines ersten Effizienzprogramms. Schnell erwies sich dieses als nicht ausreichend - deshalb will VW jetzt nachlegen.

Auch der Machtkampf zwischen Cavallo und dem damaligen Konzernchef Herbert Diess wurde 2021 am 9. Dezember entschärft - zumindest vorläufig. Acht Monate später musste der Vorstandsvorsitzende trotzdem seinen Hut nehmen. Auch im aktuellen Tarifstreit haben beide Seiten mehrfach erklärt, den Konflikt bis zum Fest beilegen zu wollen.

Experte befürchtet zu große Zugeständnisse

Branchenexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach warnt davor, auch diesmal allzu große Zugeständnisse zu machen. Er befürchte, dass man sich am Ende wieder nur auf einige kleine Maßnahmen verständige, die aber nicht reichten.

"Man schraubt hier ein bisschen, schraubt da ein bisschen. Aber nicht so grundlegend, dass VW wieder an die Spitze kommt", befürchtet Bratzel. "Das wäre aus meiner Sicht die schlechteste Variante." Die Probleme wären dann in einigen Jahren nur umso größer.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

DWN
Technologie
Technologie KI als Mobbing-Waffe: Wenn Algorithmen Karrieren zerstören
13.07.2025

Künstliche Intelligenz soll den Arbeitsplatz smarter machen – doch in der Praxis wird sie zum Spion, Zensor und Karriere-Killer. Wer...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Keine reine Männersache – Geschlechterunterschiede beim Investieren
13.07.2025

Obwohl Frauen in sozialen Medien Finanzwissen teilen und Banken gezielt werben, bleibt das Investieren weiterhin stark männlich geprägt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Renault: Globales KI-System soll helfen, jährlich eine Viertelmilliarde Euro einzusparen
13.07.2025

Produktionsstopps, Transportrisiken, geopolitische Schocks: Renault setzt nun auf ein KI-System, das weltweite Logistik in Echtzeit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Kapitalmarktunion im Rückstand: Banker fordern radikale Integration
12.07.2025

Europas Finanzelite schlägt Alarm: Ohne eine gemeinsame Kapitalmarktunion drohen Investitionen und Innovationen dauerhaft in die USA...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauzinsen aktuell weiterhin hoch: Worauf Häuslebauer und Immobilienkäufer jetzt achten sollten
12.07.2025

Die Zinsen auf unser Erspartes sinken – die Bauzinsen für Kredite bleiben allerdings hoch. Was für Bauherren und Immobilienkäufer...

DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...

DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...