Politik

US-Kongress zertifiziert Trumps Sieg bei den Präsidentenwahl jetzt auch offiziell

Was üblicherweise eine Formalie nach der Wahl ist, eskalierte nach Donald Trumps Niederlage vor vier Jahren zu einem Gewaltexzess seiner Anhänger. Nach seinem Wahltriumph läuft nun alles reibungslos im Kapitol. Ausgerechnet Kamala Harris muss als amtierende Vizepräsidentin der USA dem grotesken Schauspiel beiwohnen. Die gewalttätigen Aufrührer von vor vier Jahren sollen schon bald alle begnadigt werden.
07.01.2025 05:05
Lesezeit: 3 min
US-Kongress zertifiziert Trumps Sieg bei den Präsidentenwahl jetzt auch offiziell
US-Vizepräsidentin Kamala Harris spricht während einer gemeinsamen Sitzung mit dem Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, im US-Kapitol, während der Kongress zusammentritt, um den Wahlsieg des designierten US-Präsidenten Trump bei den Präsidentschaftswahlen zu zertifizieren. (Foto: dpa) Foto: Matt Rourke

Der US-Kongress hat den Sieg des Republikaners Donald Trump bei der Präsidentenwahl offiziell bestätigt. Die amtierende Vizepräsidentin Kamala Harris, die bei der Wahl gegen Trump angetreten war, gab das amtliche Endergebnis in einer gemeinsamen Sitzung beider Parlamentskammern bekannt.

In ihrer Rolle als Senatspräsidentin kam nun ausgerechnet der Wahlverliererin Harris die Aufgabe zu, das formale Prozedere zu leiten. Die Zertifizierung des Wahlausgangs im Parlament war die letzte große Wegmarke vor Trumps Vereidigung am 20. Januar.

Der Horror vor vier Jahren

Was üblicherweise eine Formalie nach der Wahl ist, war vor vier Jahren zu einem Gewaltexzess wütender Trump-Anhänger eskaliert. Trump hatte damals von massivem Wahlbetrug gesprochen und seine Unterstützer damit aufgewiegelt. Er erkennt seine Niederlage bei der Präsidentenwahl 2020 gegen den Demokraten Joe Biden bis heute nicht an, obwohl es keinerlei Belege für seine Wahlbetrugsbehauptungen gibt.

Am 6. Januar 2021, als Bidens damaliger Wahlsieg im Parlament bestätigt werden sollte, hatten Randalierer während der laufenden Parlamentssitzung - angeheizt von einer Rede Trumps - in Scharen Sicherheitsbarrikaden am Kapitol durchbrochen und Fensterscheiben zerschlagen. Sie drangen gewaltsam in Sitzungssäle und Büros ein und prügelten Sicherheitskräfte brutal nieder. Polizisten versuchten verzweifelt, sich gegen die Übermacht der Eindringlinge zur Wehr zu setzen. Abgeordnete mussten sich vor den Angreifern in Sicherheit bringen. Infolge der Krawalle kamen fünf Menschen ums Leben.

Der beispiellose Gewaltausbruch hat sich in das kollektive Gedächtnis Amerikas eingebrannt, und der Schatten jener Attacke lag auch jetzt über dem Prozedere im Parlament. Dass ausgerechnet jener Mann, der sich als damaliger Präsident mit allen Mitteln gegen seine Wahlniederlage auflehnte und jenen Angriff auf die US-Demokratie mitverantwortete, in einigen Tagen erneut ins Weiße Haus einziehen wird, stößt bei vielen Amerikanern auf Unverständnis. Viele andere im Land wiederum sind eiserne Unterstützer Trumps, die ihm jeden Tabubruch verzeihen.

Sitzung ohne Zwischenfälle

Es gab diesmal jedoch niemanden, der den Ablauf der Wahl und deren Ausgang öffentlich anzweifelte. Verzögerungen, Einsprüche oder Störaktionen gab es bei der Sitzung im Parlament daher nicht. Für die Demokraten ist der Nachgang der jüngsten Wahl eine Gelegenheit, sich als Gegenentwurf zu den Republikanern zu präsentieren: zu beweisen, dass sie gute Verlierer sind, dem demokratischen Prozess vertrauen und ihn anerkennen.

In den USA wird der Präsident indirekt vom Volk gewählt. Die Stimmen der Wähler entscheiden über die Zusammensetzung des Wahlkollegiums, das den Präsidenten dann im Dezember wählt. Jeder Bundesstaat hat eine bestimmte Zahl von Stimmen in dem 538-köpfigen Gremium aus Wahlleuten zu vergeben. Für einen Sieg braucht ein Kandidat nicht die höchste absolute Stimmenzahl, sondern die Mehrheit der 538 Wahlleute - also mindestens 270.

Bei der Wahl Anfang November hatte sich Trump klar durchgesetzt und 312 Stimmen der Wahlleute gesichert, Harris kam auf 226. Die Resultate aus den einzelnen Bundesstaaten wurden in der Kongresssitzung verlesen und gezählt - zügig und ohne Zwischenfälle. Am Ende verkündete Harris das Endresultat und machte Trumps Wahlsieg - und ihre eigene Wahlniederlage - damit amtlich.

Die Sitzung fand unter großen Sicherheitsvorkehrungen statt. Das Gelände um das Kapitol war von Absperrungen umgeben, Polizisten patrouillierten, Eingänge waren verschlossen, Aufzüge gesperrt. Über Nacht hatte außerdem ein Schneesturm die US-Hauptstadt in Weiß gehüllt, was die stille Schwere verstärkte. Teile Washingtons waren lahmgelegt, auch der Parlamentssitz war von dichten Schneemassen umgeben.

Trump will Angreifer von damals begnadigen

Genau dort, vor dem Kapitol, wird Trump in zwei Wochen feierlich als Präsident vereidigt. Im Wahlkampf hat er versprochen, gleich am ersten Tag im Amt im großen Stil Anhänger zu begnadigen, die sich an dem gewaltsamen Sturm auf das Kapitol beteiligt hatten und deshalb verurteilt wurden. Trump bezeichnet sie als "politische Gefangene".

Die Demokraten warnen vor einer Umdeutung der Ereignisse des 6. Januars 2021 und vor dem Vergessen - angetrieben von Trump als Präsident. Jede Nation, die die Vergangenheit vergesse, sei dazu verdammt, sie zu wiederholen. "Wir können nicht akzeptieren, dass sich das, was vor vier Jahren geschah, wiederholt", schrieb Biden in der "Washington Post". Trump hatte wiederholt im Wahlkampf gesagt, der 6. Januar 2021 sei ein "Tag der Liebe" gewesen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Wohnquartiere überfordert
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reiche fordert den Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland
09.05.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche setzt auf einen schnellen Ausbau von Gaskraftwerken in Deutschland. Die Gründe dafür...