Wirtschaft

Generation Z und Handwerk: Glühbirne wechseln? Zu gefährlich! Heimwerker-Nachwuchs mit zwei linken Händen?

„Do-it-yourself“ wird die Zukunft: Unbesetzte Stellen, hohe Personal- und Materialkosten führen zu monatelangen Wartezeiten und teuren Handwerkerrechnungen. Auch gehen die Handwerker-Boomer bald in Rente und der Nachwuchs fehlt. Doch wie fit ist Generation Z? Eine Studie aus England mit überraschenden Erkenntnissen zum Heimwerken.
23.01.2025 11:03
Lesezeit: 4 min

Wer in eine eigene Wohnung zieht, muss spätestens dann erstmals handwerkliche Aufgaben erledigen: Ob Möbel aufbauen oder Löcher in die Wand bohren, geht vielleicht noch selbst sollte man denken. Doch Generation Z braucht Handwerker offenbar schon bei sehr simplen Aufgaben.

Die Jahrgänge zwischen 1995 und 2010 sind die Ersten, die mit Smartphone aufgewachsen ist. Eine Generation der zwei linken Hände? Was für die Boomer noch eine lebensnotwendige Selbstverständlichkeit war, scheint sich langsam in Luft aufzulösen – zumindest in Großbritannien.

Generation Z braucht bei simplen DIY-Aufgaben Hilfe

Das legt zumindest eine Umfrage nahe, die das britische Handelskette Halfords in Auftrag gegeben hat: Junge Menschen trauen sich immer weniger zu, Dinge selbst zu erledigen. Dafür geben sie ein Vielfaches mehr für Profis aus. Das zeigt die Befragung der auf Auto- und Fahrradteile spezialisierten Handelskette Halfords. 2000 Briten zwischen 18 und 27 wurden gefragt, welche Handwerks- und Alltagsaufgaben sie selbst erledigen. Und erstaunlich viele scheiterten schon an den leichtesten Aufgaben.

Gen Z: Überfordert beim Wechseln der Glühbirne

Ganze 22 Prozent der Befragten gaben etwa an, die Glühbirne einer Deckenlampe im eigenen Zuhause nicht selbst wechseln zu können – und lieber einen Profi heranzulassen. Weitere 22 Prozent würden die Eltern darum bitten. Die Begründung: Es sei zu gefährlich. Ein knappes Viertel hatte den Verdacht, die Glühlampe könnte zu heiß sein und wollte sie lieber nicht wechseln. Weitere 20 Prozent erklärten, auf Leitern zu steigen sei einfach zu gefährlich.

Millennials sollten an dieser Stelle aber nicht zu arrogant sein: In einer weiteren Umfrage kamen die 28- bis 43-Jährigen nämlich mit 22 Prozent Handwerkereinsatz und 19 Prozent Anrufen bei den Eltern nämlich auf ganz ähnliche Werte. Die Angst ist aber grundlegender: Man wolle allgemein lieber nicht mit Elektronik herumwerken, sagten ganze zwei Drittel dieser Altersgruppe.

Die Generation Z hat aber noch weitere Schwächen beim Heimwerken:

  • Elf Prozent würden sich nicht mal zutrauen, ein Bild aufzuhängen
  • 21 Prozent konnten keinen Schraubenschlüssel identifizieren
  • Und ganze 30 Prozent wussten nicht, was ein Schlitz-Schraubendreher ist

Wissen rund ums Auto: Wo ist die Batterie?

Beim Auto ist die Lage nicht besser. Die Hälfte der Gen-Z-Befragten wusste nicht mal, wie man einen Autoreifen aufpumpt – und lässt sich an der Tankstelle jedes Mal helfen. Selbst das Reinigen des Wagens ist ein Problem: Ein Fünftel gibt zu, nicht zu wissen, wie man ein Auto sauber macht – und bezahlt lieber dafür. Weitere zehn Prozent betteln die Eltern an, die Aufgabe zu übernehmen.

Da wundert es nicht, dass leichte Autoreparaturen gleich ganz ausfallen. Zwei Drittel der Befragten gaben an, die Scheibenwischer nicht wechseln zu können. Die Autobatterie konnten auf einem Bild nur 34 Prozent der Teilnehmer korrekt identifizieren.

Generation Z: Andere machen lassen, ist teuer

Und so zahlt die junge Generation deutlich mehr für Handwerker: Knapp 1300 Pfund (etwa 1500 Euro) gab Gen Z im letzten Jahr laut der Umfrage im Schnitt für Handwerker aus. Unter Mitgliedern der Gen X, also 44- bis 59-Jährigen, waren es nur 386 Pfund. Noch mehr sparten sich die Babyboomer über 60: Sie zahlten im Schnitt gerade mal 253 Pfund im Jahr für externe Handwerkshilfe – also weniger als ein Fünftel der Gen Z.

Dafür, dass sich die Generation Z gerade in England mit handwerklichen Arbeiten schwertut, hat die Gen-Z Journalistin Ellie Muir eine einleuchtende Erklärung: „Von der Dramatik mal abgesehen, hat die Abhängigkeit vom Mietmarkt für meine Generation durchaus einen spürbaren Effekt“, erklärt sie. Weil moderne Mietverträge in England selber Handwerken oft explizit verbieten, bestünde ihre Reaktion auf ein Problem in der Wohnung meist daraus, „gemeinsam mit meinen Mitbewohnern an einer höflichen, aber bestimmten Nachrichten an unseren Vermieter“ zu arbeiten, bis dann „einige Tage später magisch ein Handwerker erscheint.“ Wer heutzutage hingegen in Deutschland einen Handwerker sucht, muss sich in Geduld üben.

In Deutschland herrscht Handwerker-Flaute

Da rund 150.000 Stellen unbesetzt sind, müssen potenzielle Kunden auf der Suche nach Fachleuten aktuell wochenlange Wartezeiten in Kauf nehmen. Eine weitere Konsequenz strapaziert den Geldbeutel: die Kosten für Handwerkerarbeiten steigen immer mehr an. Dazu kommt: Bis 2030 suchen rund 125.000 Handwerksbetriebe laut Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) einen neuen Chef, da die sogenannten Boomer in Rente gehen. Bis 2045 sind es sogar rund 450.000 Betriebe.

Von Renovierungen von Altbauwohnungen über einfache Reparaturen bis hin zur Instandsetzung der Heizung – der Mangel an Handwerkern ist deutlich spürbar. Wer die Möglichkeit hat, wird selbst zum Hobby-Heimwerker. Do-it-yourself – für Generation Z als pragmatische Lösung gegen die Handwerker-Flaute und für den klammen Geldbeutel?

Zukunft: Wird Handwerken in Eigenregie Standard?

Für Deutschland gibt es noch keine vergleichbare Umfrage. Es ist aber zu befürchten, dass die handwerklichen Fähigkeiten der Generation Z ähnlich wenig ausgeprägt sein dürften. Technikbegeistert, aber wenig Bock auf körperliche Arbeit. Das Problem dabei: In Deutschland erscheint nicht „magisch ein paar Tage später“ ein Fachmann zu Hause, den es gibt zunehmend zu weniger Handwerker.

Immerhin scheint es dank Social-Media einen neuen Trend zu geben: Immer mehr Amerikaner der Generation Z pfeifen auf ein Studium. Stattdessen begeistern sie sich für Handwerks- und Arbeiterberufe. Dank Social-Media-Postings und Videos von Influencern bei ihrer Arbeit auf dem Bau, als Elektriker oder Klempner, gelten Handwerkerjobs in den USA zunehmend als cool. Dieser Trend könnte nach Deutschland überschwappen, wo auch Handwerksbetriebe versuchen, junge Menschen über soziale Medien zu begeistern. Das „Deutsche Handwerksblatt“ berichtet bereits über Workshops zum Einsatz von Social-Media. In Amerika sind vor allem Clips von jungen Frauen bei körperlicher Arbeit wie Fliesenlegen oder Schweißen populär. Die Bezahlung ist gut. Und mit Influencer-Postings in sozialen Netzwerken verdienen sich einige Gen-Z-Handwerker noch Tausende Dollar extra dazu.

 

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Mirell Bellmann

Mirell Bellmann schreibt als Redakteurin bei den DWN über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor arbeitete sie für Servus TV und den Deutschen Bundestag.

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