Politik

Trumps Wunschinsel Grönland vor Regierungswechsel

In Grönland möchte kaum jemand, dass die Insel ein US-Territorium wird, auch die allermeisten Politiker nicht. Dafür wird die Wahlsieger eine andere große Frage zur Zukunft beschäftigen.
12.03.2025 08:01
Lesezeit: 3 min
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Die von US-Präsident Donald Trump umworbene Insel Grönland steht vor einem Regierungswechsel. Zwei Oppositionsparteien wurden bei der Parlamentswahl auf der größten Insel der Erde die neuen stärksten Kräfte im grönländischen Parlament Initsisartut. Beide Parteien haben unterschiedliche Vorstellungen, wie man hin zu einer möglichen Unabhängigkeit vom Königreich Dänemark vorgeht.

Die sozialliberale Demokraatit (Demokraten) kam nach vorläufiger Auszählung aller Stimmen auf 29,9 Prozent. Die auf eine schnelle Loslösung von Dänemark pochende Naleraq erreichte 24,5 Prozent. Der Rundfunksender KNR rief Demokraatit bereits am frühen Morgen als Sieger der Wahl aus. Etwas mehr als 40.000 Grönländerinnen und Grönländer durften ihre Stimmen abgeben.

Dem erst 33 Jahre alten Demokraatit-Chef Jens-Frederik Nielsen wird es nun zufallen, sich an der Bildung der nächsten grönländischen Regierung zu versuchen. Er kündigte noch in der Nacht an, seine Hand in Richtung aller weiteren Parteien auszustrecken - auch zur Naleraq. Diese wird in weiten Teilen des politischen Spektrums kritisch betrachtet. Zu ihr gehören einige der wenigen Politiker, die sich zwischenzeitlich positiv über Trumps Begehrlichkeiten geäußert hatten.

"Wir werden natürlich mit ihnen reden, genau wie mit allen anderen", sagte Nielsen nach Angaben des dänischen Rundfunksenders DR in der Wahlnacht. "Das ist die zweitgrößte Partei, daher kommen wir um sie nicht herum." Er sprach sich demnach gleichzeitig für einen "ruhigen Kurs" gegenüber den USA aus und dafür, dass zunächst "ein Fundament" geschaffen werden müsse, ehe man über eine Staatsgründung sprechen könne. Auch Naleraq-Chef Pele Broberg wollte eine Zusammenarbeit der beiden Parteien nicht ausschließen.

Trump-Debatte prägt Wahl

Die Parlamentswahl stand stark unter dem Eindruck von Trumps Besitzansprüchen. Er hatte in den vergangenen Monaten immer wieder erklärt, die Kontrolle über die größte Insel der Erde übernehmen zu wollen. Er begründet diese Forderung wahlweise mit der nationalen oder der internationalen Sicherheit.

Zuletzt hatte sich Trump in die heiße Phase des Wahlkampfes eingemischt, indem er den Grönländern über seine Plattform Truth Social neue Arbeitsplätze und Reichtum versprach. In dem Beitrag lud er die knapp 57.000 Einwohner der Insel kurz vor der Wahl noch einmal ein, "ein Teil der großartigsten Nation der Welt" zu werden, wenn sie das wollten.

So einfach, wie Trump sich das vorstellt, ist es allerdings nicht. Anders als etwa im Falle Alaskas 1867 können die USA Territorium heutzutage nicht einfach von anderen Staaten abkaufen. Eine klare Mehrheit der Grönländer ist einer Umfrage zufolge zudem dagegen, Teil der USA zu werden. Vor diesem Hintergrund ist es zum jetzigen Stand völlig unrealistisch, dass die nächste grönländische Regierung dem Trump-Wunsch in irgendeiner Weise Folge leistet.

Herbe Verluste für Regierungsparteien

Im Zuge der Trump-Debatte ist Regierungschef Múte B. Egede zum internationalen Gesicht Grönlands geworden. Er hatte immer wieder deutlich gemacht, dass Grönland nicht zum Verkauf stehe, aber durchaus Interesse an einer stärkeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den USA habe, etwa beim Abbau der immensen Rohstoffvorkommen auf der Insel.

Egede hatte sich dabei als besonnener und um Einheit bemühter Anführer bewiesen - etwas, das die Wähler mit ihren Stimmen offensichtlich nicht ausreichend goutieren wollten. Seine linke Partei Inuit Ataqatigiit (IA) und ihr sozialdemokratischer Koalitionspartner Siumut verloren jeweils um die 15 Prozentpunkte, womit sie noch auf 21,4 beziehungsweise 14,7 Prozent kamen.

"Wir respektieren den Ausgang der Wahl", schrieb Egede auf Facebook. "Jetzt beginnt die Arbeit in der neuen Wahlperiode. Und wir sind gespannt zu hören, was die Parteien für die Verhandlungen anbieten werden - wir sind bereit."

Die große Unabhängigkeitsfrage

Bei der Regierungsbildung wird vor allem interessant zu beobachten sein, wie sich die beteiligten Parteien in der Unabhängigkeitsfrage und zur Zukunft des angespannten Verhältnisses zu Dänemark verhalten. Der Großteil der sechs angetretenen Parteien war sich im Wahlkampf im Grundsatz einig gewesen, dass Grönland eines Tages von seiner einstigen Kolonialmacht Dänemark unabhängig werden sollte.

Uneins sind sie sich aber, wann der richtige Zeitpunkt dafür gekommen sein könnte: Während Naleraq für eine schnelle Abspaltung der Insel von Dänemark einsteht, möchte Demokraatit wie andere Parteien deutlich langsamer vorgehen. In ihrem Wahlprogramm machen die Demokraten zwar klar, dass die Unabhängigkeit "das Ziel" sei - aber auch, dass dafür zunächst die richtigen Bedingungen geschaffen werden müssten.

Hauptknackpunkt ist dabei Grönlands nach wie vor starke finanzielle Abhängigkeit von Kopenhagen. "Wir müssen unsere Wirtschaft um etwa fünf Milliarden Kronen (670 Mio. Euro) pro Jahr verbessern, wenn wir politische Unabhängigkeit anstreben und gleichzeitig das derzeitige Wohlstandsniveau aufrechterhalten wollen", heißt es dazu im Demokraatit-Wahlprogramm. Ein Weg dorthin - das haben nicht zuletzt Egedes Aussagen gezeigt - könnte eine stärkere wirtschaftliche Kooperation mit den USA sein.

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