Wirtschaft

Chinas Dominanz im globalen Automobilsektor: Warum China die europäische Automobilindustrie vernichten wird

Mit voller staatlicher Unterstützung, technologischem Vorsprung und aggressiver Expansion erobern chinesische Autobauer den Weltmarkt – und setzen Europas Industrie massiv unter Druck. Europa im Rückwärtsgang, während in Peking längst die Weichen für die Zukunft gestellt sind.
07.05.2025 16:03
Lesezeit: 3 min
Chinas Dominanz im globalen Automobilsektor: Warum China die europäische Automobilindustrie vernichten wird
Chinesische Automarken sind in Europa angekommen. Eine umfassende europäische Strategie zur Verteidigung des Automobilstandorts existiert nicht. (Foto: dpa/AP | Ng Han Guan) Foto: Ng Han Guan

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache

Was sich derzeit auf den Weltmärkten abzeichnet, ist kein evolutionärer Wandel – es ist eine tektonische Verschiebung der Machtverhältnisse im globalen Automobilsektor. Während Europas Autobauer noch über CO₂-Grenzwerte, regulatorische Hürden und subventionierte Ladeinfrastruktur diskutieren, hat China längst Fakten geschaffen – technologisch, industriell und geopolitisch. Die europäische Automobilindustrie steht vor ihrer größten Bedrohung seit dem Zweiten Weltkrieg – und sie kommt direkt aus dem Osten.

Im Jahr 2024 wurden weltweit rund 85 Millionen Neuwagen verkauft – über 37 Millionen davon in China. Damit entfällt mehr als ein Drittel des Weltmarkts auf das Reich der Mitte. Noch alarmierender: Zwei Drittel dieses Volumens entfielen auf einheimische Marken, ein Anstieg von über 70 Prozent in nur zehn Jahren. Gleichzeitig wächst der chinesische Anteil am Weltmarkt rasant und liegt inzwischen bei rund 35 Prozent – vor einem Jahrzehnt lag er bei unter 13 Prozent.

Auch im Bereich der Elektromobilität dominiert China: Von weltweit rund 17 Millionen verkauften Elektroautos entfielen über 11 Millionen auf chinesische Marken. Der Marktanteil von E-Fahrzeugen am Gesamtabsatz liegt in China mittlerweile bei über 40 Prozent – und steigt weiter.

Geplante Dominanz: Chinas Strategie greift

Was aus europäischer Perspektive wie ein plötzlicher Sturm wirkt, ist in Wirklichkeit das Ergebnis von zwei Jahrzehnten strategischer Industrieförderung. Subventionen, protektionistische Politik, technologische Aufrüstung und gezielte Marktbereinigung – 2019 gab es in China noch über 500 Hersteller von E-Autos, heute sind es weniger als 100. Ziel ist eine hochskalierte, technologisch führende Industrie, die auf Weltmärkte zielt, nicht nur den heimischen Bedarf.

China hat ausländische Hersteller jahrzehntelang durch Joint Ventures ins Land gelockt – um ihnen Know-how zu entziehen. Westliche Unternehmen wie Volkswagen, BMW oder Toyota haben das chinesische Know-how-Wachstum über Jahre mitfinanziert – freiwillig und unter Zwang. Nun ist der Schüler bereit, den Meister zu überholen – und ihn aus dem Markt zu drängen.

Die zweite Photovoltaik-Katastrophe?

Europa wurde schon einmal von einer chinesischen Industriestrategie überrollt – die Solarbranche liegt seither in Trümmern. Auch dort setzte China auf Überkapazitäten, Preisdumping und aggressive Expansion. Heute kontrolliert das Land über 80 Prozent der weltweiten PV-Produktion, in einigen Segmenten wie Polysilizium liegt der Anteil sogar bei 95 Prozent.

Jetzt wird dieselbe Taktik im Automobilsektor angewendet – nur mit noch größerem Hebel.

Der Angriff auf Europa hat längst begonnen

Chinesische Automarken sind in Europa angekommen. 2019 lag ihr Marktanteil praktisch bei null, heute sind es bereits nahezu 4 Prozent. Das klingt bescheiden, ist aber der Auftakt zur zweiten Welle: Marken wie BYD, NIO, MG (SAIC), Geely und Xpeng investieren massiv in Logistik, Vertrieb und sogar Produktionsstätten in Europa. Ihre Fahrzeuge sind technologisch auf Augenhöhe, oft günstiger und immer öfter auch attraktiver als europäische Modelle.

Europa: gelähmt und planlos

Währenddessen ist Europas Industrie von Regulierung und bürokratischen Zwängen gelähmt. Eine umfassende europäische Strategie zur Verteidigung des Automobilstandorts existiert nicht. Nationale Alleingänge, Förderchaos und Abhängigkeiten von chinesischen Zulieferketten bestimmen das Bild. Gleichzeitig wächst die technologische Kluft.

Ob Batteriezellen, KI-gesteuerte Fahrassistenzsysteme oder Schnellladeinfrastruktur – China ist in fast allen Zukunftsfeldern führend, mit Skalenvorteilen, einem klaren industriepolitischen Kurs und staatlich gelenkten Investitionsprogrammen.

Ein Lokalmarkt gegen einen Hypermarkt

Der technologische Vorsprung Chinas ist längst keine Prognose mehr – er ist Realität. Und doch diskutiert die EU weiterhin über Technologieoffenheit, E-Fuels und sozial gerechte Transformation. Derweil bauen chinesische Konzerne milliardenschwere Fertigungskapazitäten auf, entwickeln in 12-Monats-Zyklen neue Fahrzeuggenerationen und drängen mit strategischer Präzision in ausländische Märkte.

Was bleibt den europäischen Herstellern? Ein rückläufiger Heimatmarkt, politische Orientierungslosigkeit und ein wachsender Preis- und Technologiedruck, dem sie auf Dauer kaum standhalten können.

Fazit: Ein Kontinent schläft, während der Sturm heraufzieht

Die Zerstörungskraft, mit der China auf den globalen Automobilmarkt vorrückt, ist kein Naturereignis – sie ist das Ergebnis politischer Zielstrebigkeit, wirtschaftlicher Koordination und technologischer Weitsicht. Europa hingegen wirkt in seiner Reaktion wie ein gut sortierter Tante-Emma-Laden, der sich auf das Ende vorbereitet – während nebenan ein Hypermarkt mit Vollautomatisierung, Tiefstpreisen und globaler Lieferkette eröffnet.

Die Frage ist nicht mehr, ob China Europas Automobilindustrie überholen wird.

Die Frage ist: Was wird danach noch übrig sein?

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Solarausbauziel in Deutschland bis 2030 zur Hälfte erfüllt
04.07.2025

Deutschland hat bereits einen großen Schritt in Richtung Solarenergie gemacht – doch der Weg ist noch weit. Trotz beachtlicher...

DWN
Politik
Politik One Big Beautiful Bill: Das steckt hinter Trumps Steuererleichterungen
04.07.2025

Am amerikanischen Unabhängigkeitstag setzt Donald Trump ein innenpolitisches Zeichen: Mit dem "One Big Beautiful Bill" will er seine...

DWN
Panorama
Panorama Waldbrand Sachsen: Gohrischheide - über 1.000 Einsatzkräfte im Einsatz
04.07.2025

Hitze, Trockenheit und starker Wind: In Sachsen und Thüringen kämpfen Einsatzkräfte gegen massive Waldbrände. Besonders die...

DWN
Politik
Politik Rentenkasse: Neue Mütterrente wohl erst ab 2028 umsetzbar
04.07.2025

Die Ausweitung der Mütterrente sorgt für Diskussionen: Einigkeit herrscht über das Ziel, Uneinigkeit über das Tempo. Millionen Mütter...

DWN
Finanzen
Finanzen Sparen für Kinder: Welche Anlagen sich wirklich lohnen
04.07.2025

Eltern wollen ihre Kinder finanziell absichern, doch viele verschenken Chancen. Statt renditestarker Anlagen dominiert Vorsicht, oft ohne...

DWN
Technologie
Technologie KI im Jobmarkt: Die große Lüge von der Objektivität
04.07.2025

Algorithmen sollen neutral entscheiden – doch KI entlarvt sich im Personalbereich als versteckter Türsteher: Diskriminierung,...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...