Politik

Kiew darf zuschlagen: Merz gibt grünes Licht für Angriffe auf Russland

Westliche Zurückhaltung war gestern: Deutschland, Frankreich, die USA und Großbritannien erlauben der Ukraine nun den Einsatz gelieferter Waffen gegen Ziele in Russland. Kanzler Merz bestätigt eine stille, aber folgenreiche Eskalation. Droht nun ein weiterer Dammbruch in Europas Sicherheitsordnung?
28.05.2025 10:21
Aktualisiert: 28.05.2025 10:30
Lesezeit: 2 min
Kiew darf zuschlagen: Merz gibt grünes Licht für Angriffe auf Russland
Dass gelieferte Waffen keiner Reichweitenbeschränkung mehr unterliegen sollen, ist ein klares Statement aus Europa in Richtung Russland. (Foto: dpa) Foto: Kay Nietfeld

Reichweitenbeschränkungen für westliche Waffenlieferungen aufgehoben

Bundeskanzler Friedrich Merz hat bestätigt, dass westliche Verbündete keine Beschränkungen mehr für die Reichweite der Waffen setzen, die sie der Ukraine liefern, so das litauische Portal Verslo Zinios. Diese Entscheidung, so Merz in einem Interview mit dem öffentlich-rechtlichen Sender WDR, gelte sowohl für Deutschland als auch für Frankreich, Großbritannien und die USA.

„Es gibt keine Reichweitenlimits mehr – das bedeutet, dass die Ukraine nun auch militärische Ziele auf russischem Staatsgebiet angreifen darf“, sagte Merz. Damit markiert der neue Kurs einen klaren Bruch mit der vorsichtigeren Linie der Vorgängerregierung unter Olaf Scholz, die lange gezögert hatte, etwa Langstreckenraketen des Typs Taurus zu liefern.

Zunehmender Konsens im Westen – scharfe Reaktion aus Moskau

Merz präzisierte später, dass die Aufhebung der Beschränkungen bereits vor einigen Monaten erfolgt sei – nur bislang nicht öffentlich kommuniziert wurde. Strategisch will sich seine Regierung künftig nicht mehr im Detail zur Art und Reichweite gelieferter Waffen äußern. Damit wird ein Signal gesetzt: Kiew erhält militärisch mehr Freiraum – auch außerhalb der eigenen Landesgrenzen.

Der Kreml reagierte prompt. Dmitri Peskow, Sprecher von Präsident Putin, bezeichnete die westlichen Entscheidungen als „gefährlich“ und warnte, sie stünden einer politischen Lösung entgegen. Man wolle Frieden, aber nicht unter diesen Bedingungen, ließ Moskau verlauten.

Geopolitische Eskalationsdynamik: Die Grenze der Zurückhaltung ist überschritten

Die Entscheidung, Reichweitenbeschränkungen aufzuheben, ist weit mehr als eine technische Anpassung. Sie signalisiert eine geopolitische Eskalationsbereitschaft, die lange vermieden wurde. Die Möglichkeit, russische Militärziele auf eigenem Boden anzugreifen, könnte als strategische Wende im Ukrainekrieg bewertet werden. Russland wird damit konfrontiert, dass das eigene Territorium nicht länger als unantastbar gilt.

Gleichzeitig zeigt sich: Die westlichen Partner – insbesondere Deutschland – verabschieden sich von ihrer bisherigen Abschreckung durch Zurückhaltung. Eine klare Botschaft an Moskau, aber auch an andere autoritäre Regime wie China oder Iran: Der Westen ist bereit, rote Linien zu verschieben, wenn seine Regeln gebrochen werden.

Was bedeutet das für Deutschland?

Für Deutschland bedeutet der Kurswechsel eine deutlich aktivere Rolle in der militärischen Unterstützung der Ukraine – mit weitreichenden geopolitischen Implikationen. Die Bundesregierung verabschiedet sich von einer „Vermeidungsstrategie“ gegenüber Moskau und positioniert sich als militärischer Mitgestalter.

Das birgt auch innenpolitische Risiken: Die öffentliche Debatte über Taurus-Raketen oder mögliche Vergeltungsschläge auf deutschem Boden dürfte sich zuspitzen. Zudem könnte der Kurs Einfluss auf die Beziehungen zu Ländern wie China haben, die die NATO-Beteiligung am Ukrainekrieg kritisch sehen.

Fazit: Eskalation durch Öffnung – strategische Wende im Ukrainekrieg

Die Aufhebung der Reichweitenbeschränkungen markiert einen historischen Wendepunkt. Es ist das Ende der militärischen Selbstfesselung – und der Beginn eines aktiveren, aber auch riskanteren Westens. Deutschland steht im Zentrum dieser Neuausrichtung. Ob daraus strategischer Vorteil oder neue Eskalationsgefahr erwächst, wird sich in den kommenden Monaten entscheiden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

DWN
Politik
Politik Kritik an CSU-Plänen: Arbeitgeber fordern Kurswechsel bei der Mütterrente
31.10.2025

Angesichts der schwächelnden Konjunktur ruft Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger die Bundesregierung und CSU-Chef Markus Söder zum...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Weihnachtsgeschäft auf Rekordkurs: Neue iPhones beflügeln Apple
31.10.2025

Künstliche Intelligenz mag bei Apple noch keine Hauptrolle spielen – doch die neuen iPhones verkaufen sich glänzend. Der Konzern...

DWN
Technologie
Technologie E-Patientenakte im Praxistest: Wo die Digitalisierung noch stockt
31.10.2025

Die elektronische Patientenakte soll den Austausch medizinischer Daten erleichtern – doch der Start verläuft holprig. Seit vier Wochen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Facebook-Konzern will KI-Ausbau beschleunigen
31.10.2025

Mark Zuckerberg treibt den Ausbau von Künstlicher Intelligenz bei Meta voran. Milliarden fließen in neue Rechenzentren und die Abwerbung...

DWN
Politik
Politik Wie man Deutschlands Industrie helfen kann: Experten fordern Europa zum Handeln auf
31.10.2025

Die deutsche Industrie gerät unter Druck und beeinflusst die gesamte europäische Wirtschaft. Europa steht vor der Aufgabe, Maßnahmen zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte im Fokus: Nokia profitiert von Nvidia-Deal und Technologie-Giganten setzen neue Rekorde
30.10.2025

Die Finanzmärkte zeigen aktuell eine Mischung aus leichten Rücksetzern und überraschenden Kursgewinnen. Während Anleger Zinssenkungen...

DWN
Politik
Politik Handelskrieg USA China: Trumps fataler Irrtum mit globalen Folgen
30.10.2025

Ein strategisches Planspiel in Washington zeigt, dass die USA den Wirtschaftskonflikt mit China längst hätten gewinnen können – wenn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation lässt nach: Aber weiter über zwei Prozent
30.10.2025

Die Inflation geht zurück, doch von Entlastung kann keine Rede sein. Zwar sinken die Preise für Energie leicht, dafür verteuern sich...