In Deutschland droht die Einführung einer neuen Steuer. Begründet wird sie mit dem “Tierwohl”. Zuvor hatten Agrarministerin Klöckner und der Bauernverband die Bürger dafür kritisiert, dass sie zu wenig Geld für teures Fleisch ausgeben. Die Kritik richtete sich an alle Einkommensklassen.
Die neue Steuer kommt unter dem Deckmantel des Tierwohls daher, ist im Grunde jedoch nichts anderes als eine Steuer auf Fleischkonsum. Kommt es zu einer Situation wie in früheren Zeiten, als es Braten nur am Sonntag gab, weil sich der Großteil der Deutschen Fleisch lediglich einmal pro Woche leisten konnte? Mit ziemlicher Sicherheit nicht. Der Mittelstand wird auch nach Einführung der Steuer finanziell in der Lage sein, mehr als einmal in der Woche Fleisch zu essen. Aber: Für einkommensschwächere Schichten könnte der "Sonntagsbraten" wieder Realität werden.
Die Frage ist auch: Was geschieht wirklich mit den zusätzlichen Einnahmen? Werden sie tatsächlich dem "Tierwohl" zugute kommen? Darüber hinaus drängt sich der Eindruck auf, dass die Politik bei der Bekämpfung von Missständen - dem tatsächlich oft inhumanen Umgang mit Nutztieren - mal wieder nichts anderes einfällt, als die Bürger zur Kasse zu bitten.
Ein Großteil der bundesdeutschen Presse steht der Einführung einer "Tierwohl-" beziehungsweise "Fleischsteuer" dann auch kritisch gegenüber.
Die Ludwigsburger Zeitung führt aus: “Bei aller Notwendigkeit, mehr für das Tierwohl zu tun: Das größte Problem bei der Einführung einer Fleischsteuer wäre ihre soziale Schieflage. Wer genug im Portemonnaie hat, spürt beim Einkauf nicht, ob die Mehrwertsteuer sieben oder 19 Prozent beträgt. Bei jemandem, der jeden Euro zweimal umdrehen soll, sieht das schon anders aus. Dann eben seltener ein Steak oder Schnitzel, wenden manche ein, dafür ein gutes. Richtig. Das sollte jedoch eine bewusste Entscheidung sein, keine durch eine politisch verordnete Preiserhöhung erzwungene. Die Politik muss aufpassen, dass sie nicht übertreibt. Sonst werden viele, die jetzt schon kaum über die Runden kommen, vollends abgehängt."
Das “Darmstädter Echo” berichtet: “Besser als eine Fleischsteuer wären klare Regeln und gesetzliche Standards für Erzeuger und Lieferanten, die Fleisch für den deutschen Markt liefern. Und natürlich müsste genau überprüft werden, ob die Regeln eingehalten werden. Zugegeben, das ist schwierig und teuer, weshalb heimische Erzeuger gefördert werden sollten. Nur so lässt sich das Überangebot an Billigfleisch deutlich reduzieren, lassen sich die Haltungsbedingungen spürbar verbessern.”
Die HAZ wörtlich: “In der Landwirtschaftspolitik gibt es keine einfachen Antworten. Minimum für eine halbwegs wirksame Lösung wäre eine EU-weite einfache und klare Kennzeichnung, die auf den ersten Blick erkennbar macht, wie die Tiere gehalten wurden. Eine nachhaltig wirksame Lösung ist nur möglich, wenn die EU ihre gesamte Agrarpolitik radikal umstellt. Subventionen darf es nur noch für Bauern geben, die nach strengen Ökokriterien arbeiten. Nur so würde Klimaschutz funktionieren und die Nitratbelastung im Grundwasser deutlich zurückgehen. Die Fleischproduktion in der EU würde zwangsläufig drastisch reduziert. Politiker müssen sich dann allerdings darüber im Klaren sein, dass es mit Preiserhöhungen von ein paar Cent nicht getan ist. Selbst Schweinenackensteaks ohne Knochen würden dann wieder zu einem sehr teuren, einem kostbaren Nahrungsmittel.”
“Bis vor wenigen Jahrzehnten gab es, der ,Sonntagsbraten’ sagt es deutlich, Fleisch als Hauptgericht einmal in der Woche. Am Freitag gab es Fisch, den Rest der Woche waren die Menschen mit deftigen Eintöpfen Vegetarier, ohne das Wort zu kennen. Als das Fleisch noch seinen Preis hatte, hatte der Bauer sein Auskommen, und die Tierhaltung war so weit umweltverträglich. Seit bei immer mehr Menschen immer öfter Fleisch auf den Teller kommt und dieses immer billiger wird, ist die Tierhaltung aus dem Gleichgewicht geraten, wirtschaftlich und ökologisch. Eine Steuer auf Fleisch von ein paar Cent wird da kein Umdenken bringen. Vielmehr dürfte die Warnung des Bauernverbandes wahr werden, wonach die Verbraucher weiter das billigste Fleisch kaufen, dann eben aus dem Ausland”, so die NOZ.
Die AZ berichtet: “Qualität wird beim Fleisch immer seinen Preis haben. Mehr Tierwohl zum Nulltarif wird kaum machbar sein. Es bleibt aber höchst fraglich, ob man mit einer Steuererhöhung die gewünschte Lenkungsfunktion erreichen kann. Bleibt noch der Aspekt Klimaschutz und Moral: Wer weniger Fleisch essen will und damit glaubt, zur Lösung der Erderwärmung beizutragen, soll das bitteschön machen. Und wer weiter sein Steak grillen will, soll das mit gutem Gewissen weiter tun können.”
“Es ist zweifellos sinnvoll, kritisch über unseren Fleischkonsum nachzudenken und mehr noch über die Art und Weise, wie das Fleisch erzeugt wird und woher es stammt. Auch die Frage nach Anreizen für klimafreundliches Verhalten ist angebracht. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleischprodukte wäre allerdings ein hilfloser Versuch, Fehlentwicklungen auf den Weltmärkten mit den vergleichsweise kleinen Stellschrauben nationaler Politik verändern zu wollen. Und erfahrungsgemäß gibt es nicht einmal eine Garantie, dass Mehreinnahmen aus einer höheren Mehrwertsteuer auch wirklich zweckgebunden und vor allem sinnvoll in das sogenannte Tierwohl investiert würden. Sinnvoller wäre eine Umkehr der Förderpolitik”, so die Oberhessische Presse.
Der Kölner Stadt-Anzeiger führt aus: “In der Landwirtschaft gibt es keine einfachen Antworten. Eine nachhaltig wirksame Lösung ist nur möglich, wenn die EU ihre Agrarpolitik radikal umstellt. Subventionen darf es nur noch für Bauern geben, die nach strengen Öko-Kriterien arbeiten. Die EU-Kommission in Brüssel käme wohl auch nicht daran vorbei, Fleisch-Importe aus konventioneller Haltung mit hohen Zöllen zu belegen. Und Politiker müssen sich darüber im Klaren sein, dass es dann mit Preiserhöhungen für Fleisch von ein paar Cent nicht getan ist.”