Deutschland

Alkoholverbote und Obergrenzen - das sind die Corona-Forderungen der Bundesregierung im Detail

Lesezeit: 3 min
29.09.2020 11:08
Die Bundesregierung schlägt den Ländern vor den anstehenden Corona-Gesprächen weitreichende Maßnahmen vor.
Alkoholverbote und Obergrenzen - das sind die Corona-Forderungen der Bundesregierung im Detail
Mitglieder der Bundesregierung. (Foto: dpa)
Foto: Kay Nietfeld

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Angesichts anhaltend hoher Corona-Infektionszahlen schlägt der Bund für Feiern in privaten Räumen eine Obergrenze von 25 Teilnehmern vor. In öffentlichen Räumen solle die Grenze bei maximal 50 Teilnehmern liegen, heißt es in einem der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegenden Entwurf einer Beschlussvorlage des Bundes für die Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten an diesem Dienstag. Zuerst hatte die «Bild»-Zeitung über die Zahlen berichtet. Insgesamt schlägt der Bund ein regional abgestuftes Vorgehen vor - keine pauschalen Maßnahmen.

Angesichts der Infektionszahlen sollten derzeit keine weiteren Öffnungsschritte zugelassen werden, heißt es in dem Papier weiter. Die Details des Entwurfes:

Regeln für Restaurants und Alkoholausschank

Um eine korrekte Kontaktnachverfolgung zu ermöglichen, sollen Ordnungsbehörden Verstöße etwa bei falschen persönlichen Angaben in Restaurants mit einem Mindestbußgeld von 50 Euro belegen können. Bund und Länder appellieren hier laut Entwurf an die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger. Diese sollten bei Bar-, Restaurant- und Veranstaltungsbesuchen «durch Angabe richtiger und vollständiger Personendaten und Kontaktinformationen ein schnelles Erkennen und Eindämmen von Corona-Ausbrüchen» unterstützen.

In besonders betroffenen Regionen will der Bund zudem unter bestimmten Bedingungen auch den Alkoholausschank begrenzen lassen. Um Infektionen in der Gastronomie zu minimieren, müssten bei ansteigendem Infektionsgeschehen «zeitlich eingegrenzte Ausschankverbote für Alkohol erlassen werden».

Private Feiern und Grenzwerte bei Neuinfektionen

Offen ist, ob die genannten Maximalzahlen für private Feiern nur gelten sollen, wenn bestimmte Grenzwerte bei den Neuinfektionen gerissen werden. In dem Entwurf heißt es in sogenannten eckigen Klammern, die Länder würden Regelungen zu Teilnehmerzahlen bei Festen erlassen, wenn in einem Landkreis innerhalb von sieben Tagen die Zahl von 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern überschritten ist. Das bedeutet, dass über die kritische Zahl von Neuinfektionen für diese Regelung in der Konferenz noch verhandelt werden muss.

Eine Festlegung niedrigerer Werte durch ein Land oder eine Kommune bleibt nach dem Entwurf jeweils möglich. Ausnahmen könnten für angemeldete Feierlichkeiten mit vom Gesundheitsamt abgenommenen Hygieneplänen zugelassen werden.

Sollten in einem Landkreis innerhalb von 7 Tagen mehr als 50 Menschen pro 100 000 Einwohner infiziert werden, seien weitere Maßnahmen zu erlassen, heißt es in dem Papier weiter. Insbesondere solle dann die Teilnehmerzahl weiter begrenzt werden - nach den Vorstellungen des Bundes auf höchstens 10 Teilnehmer in privaten Räumen und höchstens 25 Teilnehmer in öffentlichen Räumen.

Frühwarnsystem geplant - Corona-Warnampel nicht ausdrücklich genannt

Eine von NRW-Regierungschef Armin Laschet (CDU) und auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vorgeschlagene Corona-Warnampel wird zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Es heißt aber, die Länder würden bereits vor Erreichen einer Zahl von 50 Neuinfektionen pro

100 000 Einwohnern «ein geeignetes Frühwarnsystem einrichten, um möglichst ein Überschreiten dieser Inzidenz zu vermeiden».

Fieberambulanzen für die Herbst- und Winterzeit

Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen und der gleichzeitig zu erwartenden Grippewelle in der Herbst- und Winterzeit schlägt der Bund den Einsatz von Fieber-Ambulanzen vor. Bund und Länder sollten zeitnah ein Konzept vorlegen, wie eine Überlastung vor allem von Krankenhäusern und Hausarztpraxen verhindert werden könne. Ein solches Konzept solle die Möglichkeiten von Fieber-Ambulanzen, Schwerpunktsprechstunden und Schwerpunktpraxen ausloten. Zugleich sollten sich gerade auch Risikogruppen vorsorglich gegen die saisonale Grippe impfen lassen.

AHA-Formel soll durch «L» für Lüften ergänzt werden

Gerade in der kalten Jahreszeit sollen zu der gültigen «AHA»-Formel für Abstand halten, Hygiene und Alltagsmasken zwei weitere Buchstaben hinzugefügt werden: «C» wie Corona-Warn-App und «L» wie Lüften. «Regelmäßiges Stoßlüften in allen privaten und öffentlichen Räumen kann die Gefahr der Ansteckung erheblich verringern», heißt es.

Appell an die Eigenverantwortlichkeit der Bürgerinnen und Bürger

«Angesichts der sinkenden Temperaturen, des vermehrten Aufenthalts in geschlossenen Räumen in der Herbst- und Winterzeit sowie der drohenden Grippesaison müssen wir jetzt besonders vorsichtig sein», heißt es mahnend in dem Entwurf. Dies gelte gerade im Bereich der Freizeitgestaltung und privaten Feiern, die sich zuletzt als maßgebliche Ursachen für regionales Infektionsgeschehen gezeigt hätten. Vorrangiges Ziel der Maßnahmen müsse sein, Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen im Präsenzbetrieb weiter zu betreiben und das Wiederanlaufen der Wirtschaft nicht zu gefährden.

Bildungsministerin Karliczek: Schulbetrieb sicherstellen

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek forderte erhöhte Anstrengungen, um den Schulbetrieb sicherzustellen. Sie mache sich «Sorgen, dass die Pandemie wieder den Unterricht in den Schulen gefährdet», sagte die CDU-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstag). Noch sei die Zahl der Schüler in Quarantäne überschaubar, das müsse aber nicht so bleiben. Die Gesellschaft könne es verhindern, wenn weiter die Grundregeln zur Bekämpfung der Pandemie eingehalten würden. «Aber auch in den Schulen selbst muss von allen Beteiligten diese Disziplin unbedingt aufgebracht werden.»

Kanzlerin warnt vor exponentiellem Anstieg der Corona-Zahlen

Merkel hatte bei einer Videokonferenz des CDU-Präsidiums am Montag nach Angaben aus Teilnehmerkreisen vor einem deutlichen Anstieg der Corona-Neuinfektionen in Deutschland gewarnt. Wenn diese sich wöchentlich so weiterentwickelten, werde es zu Weihnachten 19 200 Neuinfektionen am Tag geben. Die Kanzlerin habe das hochrechnen lassen, hieß es.

Zuletzt hatten Merkel und die Ministerpräsidenten Ende August über Maßnahmen in der Pandemie beraten. Sorgen bereiteten schon damals vor allem Feiern im privaten und Familienkreis, die als eine der Hauptursachen für die steigenden Infektionszahlen gelten. Hier konnten sich Bund und Länder damals nicht auf bundesweit geltende Obergrenzen für Teilnehmerzahlen einigen.

Schwesig gegen bundeseinheitliche Regelungen bei Alltagsfragen

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat sich gegen eine bundeseinheitliche Regelung bei privaten Feiern ausgesprochen. Alltagsfragen wie die Teilnehmerzahl an Familienfeiern müssten nicht bundeseinheitlich geregelt werden, sagte Schwesig dem «Nordkurier» am Montag. «Ich kann verstehen, dass insbesondere die süd- und westdeutschen Länder bei sich Handlungsbedarf sehen. MV aber ist weiter das Land mit den niedrigsten Infektionszahlen in Deutschland. Solange die Zahlen niedrig bleiben, können wir bei Familienfeiern die Teilnehmerzahl von 75 beibehalten.»


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

 

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Eine Welt ohne Europa?
04.05.2024

Der Krieg in der Ukraine und die Spannungen im Nahen Osten gefährden die Zukunftsfähigkeit der EU. Nun steht sie an einem Scheideweg:...

DWN
Finanzen
Finanzen Platzt die ETF-Blase – was dafür, was dagegen spricht
04.05.2024

Kaum eine Investmentform konnte in den zurückliegenden Jahren die Gunst der Anleger derart erlangen wie dies bei Exchange Traded Funds,...

DWN
Immobilien
Immobilien Streikwelle auf Baustellen droht: Gewerkschaft kündigt Massenstreiks an
04.05.2024

Die Bauindustrie steht vor Massenstreiks: Gewerkschaft kündigt flächendeckende Arbeitsniederlegungen mit rund 930.000 Beschäftigten an.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Chinas Einfluss in Südostasien: Herausforderung für deutsche Firmen
04.05.2024

Deutsche Unternehmen suchen verstärkt nach Alternativen zum chinesischen Markt und richten ihr Augenmerk auf die aufstrebenden...

DWN
Technologie
Technologie CO2-Speicherung: Vom Nischenthema zum Wachstumsmarkt
04.05.2024

Anreize durch die Politik, eine neue Infrastruktur und sinkende Kosten: CO2-Speicherung entwickelt sich zusehends vom regionalen...

DWN
Politik
Politik Wahljahr-Turbulenzen: Biden im Kreuzfeuer der Gaza-Proteste
04.05.2024

Seit Monaten sind bei fast jedem öffentlichen Auftritt von Präsident Joe Biden propalästinensische Demonstrationen zu sehen, die sich im...

DWN
Politik
Politik Mindestlohn: Neues Streitthema köchelt seit dem Tag der Arbeit
04.05.2024

Im Oktober 2022 wurde das gesetzliche Lohn-Minimum auf zwölf Euro die Stunde erhöht. Seit Jahresanfang liegt es bei 12,41 Euro, die von...

DWN
Technologie
Technologie Deutsches Start-up startet erfolgreich Rakete
04.05.2024

Ein deutsches Start-up hat eine Rakete von zwölf Metern Länge entwickelt, die kürzlich in Australien getestet wurde. Seit Jahrzehnten...