Deutschland

Drosten: Coronavirus wurde wahrscheinlich nicht im Labor erzeugt

Lesezeit: 2 min
05.06.2021 17:36
Der Berliner Virologe Christian Drosten nennt Chinas Pelzindustrie als die plausibelste Quelle für das Coronavirus. Belege dafür hat er nach eigenen Angaben aber nicht.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Berliner Virologe Christian Drosten sieht unter den verschiedenen Hypothesen zur Herkunft von Sars-CoV-2 den Weg über die Pelzindustrie als plausibelste an. «Ich habe dafür keinerlei Belege, außer die klar belegte Herkunft von Sars-1, und das hier ist ein Virus der gleichen Spezies. Viren der gleichen Spezies machen die gleichen Sachen und haben häufig die gleiche Herkunft», sagte Drosten dem Schweizer Online-Magazin «Republik». In den Jahren 2002 und 2003 hatte eine von China ausgehende Infektionswelle weltweit zu etwa 800 Todesopfern geführt. Die Erkrankung wurde Schweres Akutes Atemwegssyndrom (Sars) genannt. Der Ende 2019 erstmals nachgewiesene Erreger Sars-CoV-2 ist mit dem damaligen Virus sehr eng verwandt.

Beim ersten Sars-Virus seien die Übergangswirte Marderhunde und Schleichkatzen gewesen, sagte Drosten. «Das ist gesichert.» In China würden Marderhunde nach wie vor in großem Stil in der Pelzindustrie verwendet. Dabei würden immer wieder auch wilde Marderhunde in die Zuchtbetriebe gebracht, die zuvor Fledermäuse - die als wahrscheinlichster Ursprung von Sars-CoV-2 gelten - gefressen haben können. «Marderhunden und Schleichkatzen wird lebendig das Fell über die Ohren gezogen», erklärte der Charité-Virologe. Die stoßen Todesschreie aus und brüllen, und dabei kommen Aerosole zustande. Dabei kann sich dann der Mensch mit dem Virus anstecken.»

Für ihn sei überraschend gewesen, dass diese Zucht überhaupt noch einmal als möglicher Ausgangspunkt einer Pandemie infrage kommen würde - bis vor kurzem habe er «in der naiven Vorstellung» gelebt, dass Schleichkatzen und Marderhunde als bekannte potenzielle Übergangswirte inzwischen kontrolliert würden. «Für mich war das eine abgeschlossene Geschichte. Ich dachte, dass diese Art von Tierhandel unterbunden worden sei und dass das nie wieder kommen würde. Und jetzt ist Sars zurückgekommen.»

Konkrete Hinweise, dass der Übergang auf den Menschen über Pelztierfarmen ablief, gebe es nicht - es gebe überhaupt keine Studien in diesem Bereich, zumindest seien keine öffentlich geworden. Darum sei vollkommen unklar, ob Marderhunde in chinesischen Farmen oder auch andere Karnivoren in solchen Zuchten - etwa Nerze - Sars-CoV-2 tragen. «2003 und 2004 gab es große Studien, die in China gemacht wurden und die für Sars-1 die Verbindung zu Marderhunden und Schleichkatzen belegten.» Diesmal sei das - zumindest bisher - offenbar nicht passiert.

Jetzt dort noch genauer hinzusehen, habe möglicherweise keinen Sinn: «Was man sich natürlich klarmachen muss: Wenn man jetzt solche Bestände untersuchen würde, würde man vielleicht nicht mehr das Virus finden, das da - möglicherweise - vor anderthalb oder zwei Jahren gewesen ist. Wenn zwischendurch gekeult wurde. Oder wenn sich das Virus auf eine andere Art totgelaufen hat.»

Wurde Corona im Labor erzeugt?

Zu der These, das Virus sei versehentlich oder absichtlich in einem Labor erzeugt worden, sagte Drosten, dies liege zwar rein technisch betrachtet im Rahmen des Möglichen, aber: «Wenn jemand auf diese Weise Sars-2 entwickelt hätte, dann würde ich sagen, der hat das ziemlich umständlich gemacht.» Mit dem ersten Sars-Virus als Grundlage hätte man zu Forschungszwecken am ehesten nur ganz bestimmte Bereiche verändert - Sars-CoV-2 aber sei voller Abweichungen zum ersten Virus.

«Lassen Sie es mich mit einem Bild erklären: Um etwa zu überprüfen, ob Anpassungen das Virus ansteckender machen, würde ich ein bestehendes System nehmen, da die Änderung einbauen und das dann vergleichen mit dem alten System», erklärte der Virologe. «Wenn ich wissen will, ob ein neues Autoradio den Klang verbessert, dann nehme ich ein bestehendes Auto und tausche da das Radio aus. Dann vergleiche ich. Ich baue dafür nicht ein komplett neues Auto. Genau so war das aber bei Sars-2: Das ganze Auto ist anders.»

Darum sei die Idee eines Forschungsunfalls für ihn «ausgesprochen unwahrscheinlich». Zur Idee eines böswilligen Einsatzes irgendeines Geheimdienstlabors müsse man letztlich Geheimdienste fragen: «Wenn überhaupt, dann käme so etwas wohl nicht aus dem Wuhan-Virologie-Institut. Das ist ein seriöses akademisches Institut.»

Mehr zum Thema:

Zwischen Wahrheit und „Verschwörungstheorie“: USA fordern neue Überprüfung der Ursprünge des Coronavirus

Der Wind dreht sich: Anthony Fauci schließt nicht mehr aus, dass das Corona-Virus aus dem Labor in Wuhan stammen könnte

Corona-Virus, Klima, Digitalisierung: China führt Deutschland und die Welt hinters Licht

Chefin von US-Gesundheitsbehörde schließt nicht mehr aus, dass das Corona-Virus aus dem Wuhan-Labor stammen könnte


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Rekordhoch: Kryptowährung über 90.000 Dollar - und jetzt?
12.11.2024

Der Bitcoin-Kurs befindet sich nach der US-Präsidentschaftswahl in einer kräftigen Aufwärtsrally. Mit einem Anstieg von rund 30 Prozent...

DWN
Politik
Politik Belarus wird BRICS-Partner: Was bedeutet das für Europa?
12.11.2024

Belarus wird BRICS-Partner! Was bedeutet das für Europa? Mit der Aufnahme von Belarus in die BRICS-Gruppe verschiebt sich das...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX rutscht ab: Unternehmensprognosen dämpfen die Anlegerstimmung
12.11.2024

Der DAX hat seine Gewinne vom Wochenbeginn am Dienstag wieder abgegeben und sich der psychologisch bedeutenden Marke von 19.000 Punkten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Start-up-Gründungen: Wirtschaftsminister Habeck will Frauenförderung verbessern
12.11.2024

In Deutschland wird weniger als jedes fünfte Start-up von einer Frau gegründet. Wirtschaftsminister Habeck betrachtet die...

DWN
Technologie
Technologie Cyberangriffe in Deutschland: Neue Gefahren und Sicherheitslücken
12.11.2024

Die IT-Sicherheitslage in Deutschland ist angespannt. Betroffen sind nicht nur Unternehmen, sondern auch Kommunen.

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Öl- und Gasproduktion 2023: Rekordzahlen und Klimarisiken
12.11.2024

Auf dem Klimagipfel in Baku diskutieren die Staaten über den weiteren Verlauf des Kampfes gegen die Erderwärmung. Doch die anhaltend hohe...

DWN
Politik
Politik Hasspostings im Internet: Polizei durchsucht Wohnungen bundesweit
12.11.2024

Im Zentrum der Durchsuchungen stehen vor allem die Urheber von antisemitischen Hassbotschaften im Internet. Die Fallzahlen nehmen stark zu,...

DWN
Politik
Politik Neuwahl: BSI verstärkt technische Absicherung
12.11.2024

Bundestags-Neuwahl und Cybergefahren – Wie bereitet sich das #BSI auf Hackerangriffe und Fake-News vor? Lesen Sie, welche neuen...