Unternehmen

Baubranche erwartet Einbruch beim Wohnungsbau

Anstelle der von der Bundesregierung ausgerufenen Offensive im Wohnungsbau droht laut Baubranche ein dramatischer Rückgang.
06.12.2022 12:26
Lesezeit: 2 min

In diesem Jahr dürften etwa 280.000 Wohnungen fertiggestellt werden, im kommenden Jahr nur noch etwa 245.000, erklärte der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) am Dienstag. Das wäre der dritte Rückgang in Folge, nach gut 293.000 im Jahr 2021. Das Ziel der Bundesregierung von jährlich 400.000 Wohnungen rückt damit in immer weitere Ferne. Besserung ist nicht in Sicht.

"In 2024 wird sich die derzeitige Zurückhaltung bei den Investitionsentscheidungen noch deutlicher bei den Baufertigstellungen bemerkbar machen", so ZDB-Präsident Reinhard Quast. Die Bauwirtschaft rechnet insgesamt für 2023 mit dem dritten realen Umsatzrückgang in Folge und erstmals seit 2009 auch wieder mit einem leichten Beschäftigungsrückgang.

"Sorgenkind ist dabei vor allem der Wohnungsbau", sagte Quast. Aber auch Wirtschaftsbau und öffentlicher Bau seien stark rückläufig. Die Mischung aus steigenden Bau-, Finanzierungs- und Lebenshaltungskosten schlage zunehmend auf die Nachfrage nach Bauleistungen durch. Für 2022 erwarte der Verband unter Herausrechnung der gestiegenen Preise einen realen Umsatzverlust von 5,5 Prozent und 2023 noch einmal um sieben Prozent.

Der befürchtete Jobabbau hält sich aber womöglich in Grenzen. "Derzeit rechnen wir für 2023 mit etwa 910.000 Beschäftigten nach 917.000 in diesem Jahr", sagte Quast. Da jährlich etwa 15.000 Beschäftigte altersbedingt ausschieden, würden immer noch neue Leute und Auszubildenden eingestellt.

Der Verband forderte die Bundesregierung auf, die Neubauförderung nicht wie vorgesehen zu kürzen und geplante Sonderabschreibungen beim Wohnungsbau nicht an den besonders hohen Energieeffizienzstandard EH-40 zu koppeln. "Wir werden im Bereich Neubauförderung mehr tun müssen, und das werden wir auch deutlich im Bündnis ansprechen", sagte ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. Am Mittwoch berät das von Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) ins Leben gerufene "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" auf Arbeitsebene über den Stand der Dinge.

"Es brennt nicht die Kerze, sondern es brennt wirklich der Wohnungsbaum", sagte Pakleppa mit Blick auf den Nikolaustag. Der Wohnungsbau gehe zurück, obwohl es viel Zuzug gebe. Seit 2015 seien fast vier Millionen Menschen nach Deutschland gekommen. In dieser Situation habe das Wirtschaftsministerium die KfW-Neubauförderung für 2023 drastisch verringert auf eine Milliarde Euro. Und die Fördervoraussetzungen für das Geld würden erst im zweiten Quartal 2023 bekanntgegeben: "Das ist ein verlorenes Jahr." Das liege aber nicht am Bauministerium, sondern woanders. "Das Thema Neubau ist nicht in allen Ampel-Parteien gleich en vogue", sagte Pakleppa mit Blick auf das vom Grünen-Politiker Robert Habeck geführte Wirtschafts- und Klimaministerium.

Verbandspräsident Quast unterstrich dennoch, dass der ZDB derzeit nur von einer "Delle in der Baukonjunktur in diesem und im kommenden Jahr" ausgehe. Die Betriebe hätten in vergangenen Jahren ihr Eigenkapital gestärkt. "Mit dem Saison-Kurzarbeitergeld kommen sie darüber hinaus gut über den Winter und können so auch eine Delle verkraften", sagte Quast. "Aber wir brauchen jetzt kluge Investitionsanreize sowie öffentliche Investitionen, damit es bei der Delle bleibt."

In einer Verbandsumfrage bei gut 1600 Mitgliedsunternehmen gehen laut ZDB über 60 Prozent der Unternehmen von einer Verschlechterung der Geschäftsentwicklung in den nächsten sechs Monaten aus. Dies betreffe insbesondere den Wohnungsbau. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Trumps US-Sicherheitsstrategie und die Folgen für Europa
05.12.2025

Donald Trumps neue US-Sicherheitsstrategie rückt Europa ins Zentrum – allerdings als Risiko. Das 33-seitige Papier attackiert...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs schließt über 24.000 Punkten: Erholung geht am Freitag weiter
05.12.2025

Der deutsche Aktienmarkt legt zum Wochenschluss spürbar zu und der Dax überschreitet eine wichtige Schwelle. Doch der Blick richtet sich...

DWN
Politik
Politik Putin in Indien: Strategische Unabhängigkeit in der neuen Weltordnung
05.12.2025

Indien empfängt den russischen Präsidenten mit allen protokollarischen Ehren und stellt damit gängige westliche Erwartungen an globale...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Handwerkskunst aus Deutschland: Pariser Luxus-Modehäuser vertrauen auf die Stickerei Müller
05.12.2025

Die Stickerei Müller aus Franken fertigt für große Modehäuser wie Balenciaga und Yves Saint Laurent. Auf schwierige Jahre nach der...

DWN
Politik
Politik Rentenpaket im Bundestag: Folgen für Rentner und Beitragszahler
05.12.2025

Der Bundestag hat das Rentenpaket mit knapper, aber eigener Mehrheit durchgesetzt und eine Koalitionskrise verhindert. Doch hinter den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Auftragseingang in der deutschen Industrie steigt unerwartet kräftig
05.12.2025

Unerwartet starke Impulse aus der deutschen Industrie: Die Bestellungen im Verarbeitenden Gewerbe ziehen an und übertreffen Prognosen...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie stabil: Analystenkommentar von Bank of America bewegt Rüstungsaktien
05.12.2025

Am Freitag geraten deutsche Rüstungsaktien in Bewegung: Ein US-Großbank-Analyst sortiert seine Favoriten neu. Welche Titel profitieren,...

DWN
Politik
Politik Neuer Wehrdienst: So soll das Modell ab 2026 greifen
05.12.2025

Ab 1. Januar soll der neue Wehrdienst starten: mit Pflicht-Musterung, frischer Wehrerfassung und ehrgeizigen Truppenzielen. Die Regierung...