Wirtschaft

Russland verkauft Öl teurer als 60-Dollar-Preisdeckel

In Asien wird der von den G7-Staaten verhängte Preisdeckel auf russisches Öl ignoriert. Russland kann sein Öl dort weiterhin für mehr als 60 Dollar verkaufen.
Autor
09.12.2022 17:27
Lesezeit: 2 min
Russland verkauft Öl teurer als 60-Dollar-Preisdeckel
Einige Marktteilnehmer in Asien ignorieren den Preisdeckel gegen russisches Gas. (Foto: dpa) Foto: Joy Saha

Der Preis für russisches Rohöl in China scheint sich deutlich über der von den G7-Staaten gesetzten Obergrenze von 60 Dollar pro Barrel zu halten. Offensichtlich verfügt Russland vorerst über genügend Öltanker und Versicherungskapazitäten, um den Bedarf für seine Exporte zu decken.

Einige chinesische Raffinerien kaufen nach Angaben von Händlern russische ESPO-Ladungen, die im Januar geliefert werden sollen. Diese wichtigste Erdölsorte aus dem Fernen Osten fließt über die Ostsibirien-Pazifik-Pipeline (Eastern Siberia–Pacific Ocean, ESPO) in die Pazifikregion. Der Exportpreis wurde am Donnerstag von Argus Media, dessen Zahlen die russische Regierung bei der Berechnung der Ausfuhrzölle zugrunde legt, auf 67,11 Dollar geschätzt.

Die Raffinerien erhalten ihre Ladungen auf Lieferbasis, was bedeutet, dass Logistik und Versicherungen oft vom Verkäufer übernommen werden, wie an den Transaktionen beteiligte Händler gegenüber Bloomberg berichten. Sie fügten hinzu, dass russische Tanker für den Transport von ESPO eingesetzt werden und dass die Versicherung der Schiffe häufig von den OPEC+-Produzenten selbst übernommen wird.

Damit ist eine wichtige Hürde, die sich aus der Preisobergrenze ergeben hat, genommen. Sollten sich die Käufer für russisches Rohöl entscheiden und sich dabei nicht an den Preisdeckel in Höhe von 60 Dollar pro Barrel halten wollen, so haben sie keinen Zugang zu wichtigen Transport- und Versicherungsdienstleistungen von europäischen Anbietern.

Die Verkäufer leisten die "notwendige Laufarbeit", um sicherzustellen, dass die Ladungen die Käufer erreichen, zitiert Bloomberg Emma Li, eine Ölmarktanalystin bei Vortexa. Alles, was Chinas Raffinerien brauchen, ist ein Preisnachlass auf die Gesamtkosten, damit sie im Vergleich zu anderen ähnlichen Rohölsorten wettbewerbsfähig sind", fügte sie hinzu.

China kauft nicht zum ersten mal Rohölsorten, die von anderen gemieden werden. Die Raffinerien des Landes haben venezolanisches Rohöl gekauft und nehmen regelmäßig iranische Ladungen ab, obwohl die Lieferungen aus Teheran den US-Sanktionen unterliegen. ESPO kann in weniger als einer Woche nach China transportiert werden und ermöglicht die Produktion profitabler Kraftstoffe wie Diesel.

Der stellvertretende US-Finanzminister Wally Adeyemo sagte bereits Anfang dieses Jahres, als die Idee eines Preisdeckels auf russisches Öl aufkam, dass er nicht damit rechne, dass Washington Sanktionen gegen jene Länder oder Unternehmen verhängen werde, die sich nicht an die vorgeschlagene Preisobergrenze für russisches Öl halten.

Beim jüngsten Handel kaufte die Wudi Xinyue Chemical Group eine ESPO-Ladung für die Ankunft im Januar mit einem Abschlag von mehr als 4 Dollar pro Barrel auf den ICE Brent-Preis für März. Der endgültige Preis wird bekannt sein, wenn die durchschnittlichen Vertragspreise für März vorliegen, aber es ist unwahrscheinlich, dass er unter die Obergrenze der G-7 fällt.

Im Vergleich zum teureren Erdöl aus der Ostsibirien-Pazifik-Pipeline wurde Russlands Vorzeige-Rohöl aus dem Ural, das über den Hafen von Primorsk (140 Kilometer westlich von Sankt Petersburg) exportiert wird, am Donnerstag mit nur 41,59 Dollar pro Barrel bewertet, wie Argus-Daten zeigen. Der Preis lag damit deutlich unter der Preisobergrenze.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Umfrage: Deutsche gegen militärische Führungsrolle in Europa
25.11.2025

Rente, Bürgergeld, Wehrdienst – bei solchen Themen ist die Stimmung der Bürger gut erforscht. Für die Außenpolitik gilt das hingegen...

DWN
Politik
Politik Lawrow zu Europa: "Ihr hattet eure Chancen, Leute"
25.11.2025

Haben sich die Ukraine und die USA geeinigt? Europa jedenfalls habe seine Chance verspielt, den Ukrainekonflikt politisch zu entschärfen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Biotech-Unternehmen wandern aus: Europa verliert 13 Mrd. Euro an die USA
25.11.2025

Europas Biotech-Branche steht an einem Wendepunkt, weil zentrale Finanzierungsquellen immer seltener im eigenen Markt zu finden sind....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
25.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI-Blase: Experten warnen vor wachsenden Risiken am Markt
25.11.2025

Die Finanzmärkte stehen unter spürbarer Spannung, während Anleger die Dynamik rund um künstliche Intelligenz bewerten. Doch weist die...

DWN
Finanzen
Finanzen Doppelbesteuerung Rente: Ob Sie betroffen sind und was Sie tun können!
25.11.2025

In Deutschland müssen auch Rentner ihre Rente versteuern, weil Renten als Einkünfte gewertet werden, obwohl Arbeitnehmer bereits im...

DWN
Politik
Politik Georgiens Krise: Welche Machtverschiebung Europa jetzt alarmieren sollte
25.11.2025

Ein Land am Schwarzen Meer verliert seine demokratischen Sicherungen, während die Regierung Kritiker verfolgt und neue Allianzen mit...

DWN
Politik
Politik Insa-Umfrage aktuell: AfD bleibt in Sonntagsfrage vor Union
25.11.2025

Die aktuelle Insa-Umfrage zeigt eine AfD auf Rekordkurs - und eine Union, die langsam näher rückt. Gleichzeitig bröckelt das Tabu-Image...