Unternehmen

Spediteure in der Zwickmühle: Batterien zu schwer, Wasserstoff zu teuer

Auf welche Technologie sollen Speditionen künftig setzen: Brennstoffzellen oder Batterien? Beide bringen eine Reihe von Nachteilen mit sich, die Spediteure nun vor ein Dilemma stellen.
17.02.2023 13:08
Aktualisiert: 17.02.2023 13:08
Lesezeit: 3 min
Spediteure in der Zwickmühle: Batterien zu schwer, Wasserstoff zu teuer
Die Fahrerkabine eines LKW wurde nach vorne gekippt, wodurch Wasserstofftanks dahinter sichtbar sind. (Foto: dpa) Foto: Julian Rettig

Batterien oder Wasserstoff-Brennzellen? Bei der Frage, welche Technologie fossile Treibstoffe bei schweren Nutzfahrzeugen ersetzen soll, haben Spediteure ein gewichtiges Wort mitzureden. Wenn ihre Lkw-Flotten rollen, kalkulieren sie Kosten und Effizienz ganz genau.

Batteriebetriebene Lkw schneiden da nicht immer gut ab. Das hohe Gewicht und die vergleichsweise langen Ladezeiten schrecken Kunden ab. Vittore Fulvi betreibt im italienischen Perugia eine Speditionsfirma mit 60 Diesel-Lkw und kalkuliert, dass der Einsatz von Elektro-Lkw die Ladekapazität um 15 Prozent verringern würde.

„Wir müssten mehr Lkw kaufen, mehr als einen zusätzlichen für jeweils zehn, die wir schon haben. Das ist nicht machbar“, sagt der Firmen-Besitzer. Als Alternative schaue er sich Wasserstoff betriebene Lkw an.

Wasserstoff: Vor- und Nachteile im Vergleich zu Batterien

Der Vorteil von Wasserstoff-Fahrzeugen: Sie sind deutlich leichter, müssen nur wenige Kilogramm Wasserstoff tanken und können deswegen schwerere Lasten transportieren. Dazu kommt: Der Wasserstoff ist in wenigen Minuten an Tankstellen nachgefüllt, die Fahrzeuge stehen nicht für längere Zeit an Ladesäulen. Außerdem werden deutlich weniger seltene Erden benötigt, weil Batterien zwar nicht gänzlich wegfallen, aber signifikant kleiner ausfallen können als bei Batterie-Fahrzeugen.

Der Nachteil: Bei der Brennstoffzellen-Technologie ist noch mehr Entwicklungsarbeit als bei Elektro-Trucks nötig. Außerdem mangelt es bislang an grünem Wasserstoff. Dieser ist vergleichsweise teuer – und um ihn rangeln sich eine Vielzahl anderer Interessenten wie Stahlkocher, die damit Kohle und Erdgas ersetzen wollen.

Zudem wird bei der Produktion von Wasserstoff durch Elektrolyse viel Strom benötigt; die Effizienz von Brennstoffzellen-Fahrzeugen ist deutlich geringer als die von Batterie-Autos, was vor allem Umwelt-Lobbygruppen bemängeln.

„Der Fakt ist, dass wir sowohl Batterie-Fahrzeuge als auch Wasserstoff brauchen“, sagte Daimler- Truck-Chef Martin Daum zu Reuters. „Für Batterie-Lastwagen wird so viel Energie benötigt, dass ich Engpässe in unserem Stromnetz sehe.“

Preis für Wasserstoff-Tankfüllung noch zu hoch

Für die britische Supermarktkette Asda, die derzeit 1000 große Diesellaster für die Belieferung der Supermärkte aus den zentralen Depots nutzt, sind es vor allem Nachfüllzeit und Reichweite, die die Technologie interessant machen. „Ich verschließe mich den Batterien nicht gänzlich, aber der Vorteil von Wasserstoff ist, dass die Fahrzeuge nicht beim Laden herumstehen und dass sie eine bessere Reichweite schaffen“, sagt Flottenmanager Sean Clifton.

Spediteur Horst Kottmeyer aus Bad Oeynhausen und Betreiber einer Flotte von rund 200 Lastwagen stimmt zu: „Der Kunde gibt den Takt vor, mit Zeitfenstern.“ Da sei nicht immer Zeit, Batterie-Fahrzeuge zu laden – Wasserstoff-Lkw, die schneller betankt werden könnten, seien im Vorteil.

Bislang sind aber nicht nur die Fahrzeuge Mangelware – es fehlt auch an Wasserstoff-Tankstellen. H2 Mobility betreibt nach eigenen Angaben das weltweit größte Tankstellen-Netz, dazu kommen einige weitere Anbieter. Insgesamt gibt es H2 Mobility zufolge knapp 100 Tankstellen in Deutschland, vorwiegend an den Autobahnen und in den großen Städten.

Ein weiteres Manko: die Preise für Wasserstoff. Rund 13 Euro sind bei H2-Mobility für ein Kilo fällig. Damit sich Wasserstoff im Verkehr lohnt, muss nach Einschätzung von Brancheninsidern der Preis drastisch sinken – als eine Schwelle werden vier Euro pro Kilo genannt. „Den Kunden geht es um den Preis“, sagt Spediteur Kottmeyer.

Doch der Ausbau kommt. In den USA stehen im Rahmen des Inflation Reduction Act Mittel für den Aufbau einer Tankstellen-Infrastruktur bereit, was nach Einschätzung von Experten die Entwicklung von Brennstoffzellen-Nutzfahrzeugen vorantreiben wird. Ziel ist es dabei, den Preis für Wasserstoff drastisch zu senken. Auch in der Europäischen Union steht das Thema auf der Tagesordnung.

„Dank des IRA bewegen sich Dinge in den USA schneller“, sagt Philippe Rosier, Chef des französischen Brennstoffzellen-Herstellers Symbio, einem Joint Venture von Faurecia und Michelin, bei dem auch der weltweit drittgrößte Autobauer Stellantis einsteigt. Bis 2026 wolle er in den USA bereit für Wasserstoff-Pickup-Trucks sein, sagte Rosier. Der Markt für Wasserstoff-Fahrzeuge dürfte bis 2030 auf jährlich zwei Millionen steigen - Symbio strebt davon einen Marktanteil von zehn Prozent an.

Asiatische Hersteller technologisch tonangebend

Technologisch sind asiatische Hersteller führend: Toyota etwa hat tausende Patente für Brennstoffzellen und ihre Teile angemeldet, europäsche und US-Unternehmen liegen hier deutlich zurück. Technisch ist der Unterschied bei Brennstoffzellen zwischen Autos und Nutzfahrzeugen gering: Bei größeren Fahrzeugen werden schlicht mehr Zellen zusammengefasst, der Aufbau selbst ändert sich anders als bei Verbrennungsmotoren nicht. Daimler Truck arbeitet entsprechend bei dem Thema mit Volvo zusammen. Binnen eines Jahrzehnts sollen bis zu 15 Milliarden Euro in die Technologie investiert werden, sagte Daimler-Truck-Chef Daum.

Traton legt nach Aussagen seines Chefs Christian Levin derzeit dagegen den Schwerpunkt auf Batterie-Lastwagen. Brennstoffzellen-Lastwagen seien eine mögliche Ergänzung ab Beginn der 2030er Jahre, sagte MAN-Technikchef Frederik Zohm. Gemeinsam mit Bosch, Faurecia und ZF entwickeln die Münchner einen Brennstoffzellen-Lkw, der Mitte 2024 im Rahmen eines Pilotprojekts an fünf Kunden ausgeliefert werden soll.

Bis Spediteure im größeren Umfang Brennstoffzellen-Fahrzeuge in ihre Flotten aufnehmen können, dürfte es noch dauern. Für die nächsten Jahre seien batteriebetriebene Lastwagen die Fahrzeuge der Wahl, sagt MAN-Technikchef Zohm: Die Batterietechnologie sei in ihrem technologischen Reifegrad soweit, sie in Serienfahrzeugen einsetzen zu können – Wasserstoff sei dann ein Thema für die 2030er Jahre.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

 

 

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie steigt kräftig: Chipgigant begeistert Anleger – Nvidia-Zahlen schlagen Erwartungen
19.11.2025

Die neuesten Nvidia-Zahlen haben die Finanzmärkte erneut aufhorchen lassen. Der Chipriese übertrifft die Erwartungen deutlich und...

DWN
Politik
Politik EU plant Anpassungen an der DSGVO: Mehr Spielraum für KI zu Lasten des Datenschutzes?
19.11.2025

Die Europäische Union plant umfassende Änderungen ihrer Digital- und Datenschutzregeln, um Innovationen im Bereich künstlicher...

DWN
Finanzen
Finanzen Verbraucherumfrage: Debitkarten und Smartphones verdrängen Bargeld in Deutschland
19.11.2025

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass in Deutschland das Bezahlen mit Debitkarte und Smartphone zunehmend das Bargeld verdrängt. Fast die...

DWN
Politik
Politik Russisches Geld soll nach Kiew fließen - trotz Korruptionsskandals: Von der Leyen schreibt Merz & Co.
19.11.2025

Für die Nutzung der russischen Gelder werben insbesondere Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und von der Leyen. Ihr Plan sieht vor, der...

DWN
Finanzen
Finanzen Rheinmetall-Aktie rutscht ab: Friedenspläne der USA zum Ukraine-Krieg belasten den Rheinmetall-Aktienkurs
19.11.2025

Die Rheinmetall-Aktie gerät nach frischen US-Friedenssignalen erneut in turbulentes Fahrwasser. Analysten bleiben optimistisch, doch die...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen im Fokus: Anleger reagieren auf überhitzte KI-Aktien und reduzieren ihre Positionen
19.11.2025

Investoren an den US-Börsen beobachten derzeit starke Bewegungen im KI-Sektor, während große Akteure gleichzeitig ihr Portfolio neu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Nach Exportbeschränkungen für Nexperia-Chips: Niederlande geben Kontrolle über Chip-Firma Nexperia ab
19.11.2025

Ende September hatte die niederländische Regierung die Kontrolle über Nexperia übernommen. China reagierte kurz darauf mit einem...

DWN
Finanzen
Finanzen Rentenplus 2026? Wann Ruheständler steuerpflichtig werden
19.11.2025

Rentner aufgepasst: Kommendes Jahr könnten die Renten in Deutschland erneut steigen. Was einerseits erfreulich ist, kann andererseits dazu...