Immobilien

US-Immobilienmarkt: Signale deuten auf Rezession trotz Aufschwung

Während Bauunternehmer clevere Wege finden, um Hypothekenzinsen zu senken, könnte die Fed zurückschlagen.
19.03.2023 09:04
Aktualisiert: 19.03.2023 09:04
Lesezeit: 4 min
US-Immobilienmarkt: Signale deuten auf Rezession trotz Aufschwung
Im US-Immobilienmarkt gibt es momentan viel Unsicherheit. (Foto: dpa)

Der amerikanische Frühling bringt viele schöne Traditionen mit sich, darunter ein Ritual, das in seiner finanziellen Bedeutung alle anderen übertrifft: die Frühjahrsverkaufs-Saison, in der der Immobilienmarkt zum Leben erwacht, oder - in seltenen Fällen - auch nicht.

In dieser Zeit der hohen Zinsen ist der US-Immobilienmarkt ein wichtiger Indikator für die zukünftige Richtung der Immobilienmärkte in anderen großen Volkswirtschaften, und wird daher genau beobachtet.

Dem Economist zufolge liegt die Bedeutung des US-Immobilienmarktes nicht so sehr in seiner absoluten Größe, auch wenn er mit einem Gesamtwert von etwa 45 Milliarden US-Dollar riesig ist. Vielmehr dient er als Indikator für die Leistung der Wirtschaft in Zeiten steigender Zinsen. Hat die US-Federal Reserve (Fed) die Zinsen weit genug angehoben, um die Inflation zu dämpfen, ohne das Wachstum zu bremsen? Ist die Zentralbank zu weit gegangen? Oder vielleicht doch nicht weit genug? Als einer der ersten und größten Sektoren der auf Veränderungen reagiert, bietet der Immobilienmarkt wichtige Antworten auf die aktuelle wirtschaftliche Lage in den USA.

Bis vor einem Monat schien die Situation eindeutig zu sein: Noch bevor die US-Fed ihren Leitzins anhob, hatten die Hypothekarkreditgeber- in Erwartung der Straffung durch die Bank - begonnen, mehr Geld zu verlangen. Von drei Prozent Ende 2021 stieg der Zinssatz für 30-jährige Festhypotheken auf über sieben Prozent und Aktivität ließ schnell nach. Käufer blieben an den Seitenlinien, Bauunternehmen schraubten ihre Neubauprojekte zurück und Verkäufer senkten ihre Preise.

Unerwarteter Markt-Aufschwung

Laut dem Economist gab es jedoch Anfang des Jahres, im Januar, Anzeichen für einen frühen und weitgehend unerwarteten Aufschwung des US-Immobilienmarkts. Dies führte zu der Sorge in der Branche, dass die höheren Zinssätze der Fed nicht den gewünschten Effekt auf dem überhitzten US-Immobilienmarkt haben. „Analysten führen den Aufschwung auf eine Reihe von Faktoren zurück. Nach einem Jahr mit lahmen Verkäufen besteht ein Nachholbedarf und möglicherweise gewöhnen sich die Käufer auch an höhere Zinsen", so die internationale Wochenzeitung.

Am wichtigsten sei jedoch, das verschiedene Bauunternehmen aktuell eine Reihe von Rabatten anbieten, die anders sind als in der Vergangenheit. „Es ist nicht ungewöhnlich, Preisnachlässe zu gewähren, wenn der Markt ins Stocken gerät. Diesmal jedoch ist das neue Element der aggressive Einsatz von Hypothekenkäufen durch eigene Kreditgeber, die im Namen der Kunden einen Teil der Zinsen im Voraus zahlen, um die Hypothekenzinsen zu senken".

Die Rabatten habe es US-Bauträgern ermöglicht, Hypotheken anzubieten, die auf demselben Niveau sind wie in der Zeit vordem die Inflation weltweit rasant anstieg.

Probleme mit aktuellen Bauträger-Rabatten

Laut dem Economist sind die Rabatten ein cleveres Finanz-Engineering. Die große Frage ist, ob sie nachhaltig sind, denn es gibt zwei mögliche Haken: Erstens werden Hauskäufer Schwierigkeiten haben, ihre Häuser zum gleichen Preis an Käufer weiterzuverkaufen, die nicht von der Hypothekenablösung profitieren. Zweitens widersprechen diese Käufe den Bemühungen der Fed, Immobilienkäufe zu verlangsamen, um dadurch Angebot und Nachfrage im Markt in ein besseres Gleichgewicht zu bringen.

Letztes Jahr sprach Jerome Powell, der Vorsitzende der US-Notenbank, von der Notwendigkeit eines „kleinen Resets“ auf dem Immobilienmarkt. Dieser Reset sei aber noch nicht in Bezug auf die Erschwinglichkeit von Immobilien in Markt angekommen, kommentierte der Economist. Hypothekenzahlungen für neue Eigenheime belaufen sich inzwischen auf fast 30 Prozent des durchschnittlichen Haushaltseinkommens in den USA, fast doppelt so viel wie in den 2010er Jahren.

„Ein Anstieg der Einkommen, ein Rückgang der Hypothekenzinsen oder ein Rückgang der Hauspreise würde die Erschwinglichkeit wieder auf das Niveau von vor der Pandemie-Krise bringen. Alle drei Faktoren sind bereits eingetreten, aber es liegt noch ein langer Weg vor uns“.

Mangel an Immobilen zum Verkauf

Ein weiteres Problem ist das fehlende Wohnungsangebot in den USA. Hauseigentümer, die sich niedrige Zinsen gesichert haben, wollen ungern umziehen. Es gibt aktuell nur 1,1 Millionen Häuser auf dem Markt für den Wiederverkauf, halb so viele wie im Durchschnitt seit den späten 1980er Jahren. Gleichzeitig sind Bauunternehmen vorsichtiger geworden als noch vor zwei Jahrzehnten vor der weltweiten Finanzkrise.

Als die Pandemie-Kaufmanie begann, stieg der Wohnungsbau zwar an, kam aber nicht völlig in Schwung, weil Bauträger davon ausgingen, dass der Boom nur von kurzer Dauer sein würde. Dann, als sich der Markt abschwächte, schraubten sie ihre Aktivitäten fast sofort zurück.

Dies sei gut für die Bilanzen der Bauunternehmen, aber schlechte Nachrichten für alle anderen, so die globale Wochenzeitung.

Wohnungsbau-Investitionen sind im vergangenen Jahr real um ein Fünftel zurückgegangen und dürften in diesem Jahr weiter sinken. Dhaval Joshi von BCA Research wies darauf hin, dass Rückgänge bei den Wohnungsbauinvestitionen in ähnlicher Größenordnung in der Vergangenheit fast immer Rezessionen vorausgegangen sind. Robert Dietz von dem US-Handelsverband National Association of Home Builders stimmte zu: „Es gab noch nie eine Zeit, in der es Preisrückgänge und einen erheblichen Rückgang der Wohnungsbauinvestitionen gab, ohne dass es zu einer Rezession kam“.

US-Immobiliensektor könnte schwächer sein als gedacht

Der Economist kommt zu dem Schluss, dass aktuelle Entwicklungen die Hoffnung der Finanzmärkte, dass die USA einen Abschwung vermeiden kann, sowie die Hoffnung des Immobiliensektor, dass das Schlimmste bereits vorbei ist, nicht unterstützen. „Unternehmen, Ökonomen und Anleger haben in den letzten zwei Jahren gelernt, sich vor Inflations-Täuschungsmanövern in Acht zu nehmen: Kurzlebige Schübe zurückgehender Inflation, die dann wieder in einen Preisdruck übergehen. Auch der Aufschwung im Immobiliensektor könnte sich als Täuschung erweisen, weil der Sektor schwächer sein könnte, als angenommen wird und die Fed daher gezwungen sein wird, Zinsen für einen längeren Zeitraum höher zu halten“.

Bloomberg berichtete von Kurzem dass in wichtigen Teilen der Welt globale Immobilienmärkte weiterhin ernsthaft unter Druck stehen, hauptsächlich wegen hohen Zinssätzen, die letztes Jahr dazu geführt haben, dass private Haushalte sich einen Immobilienkauf nicht mehr leisten konnten. Die stark schwankenden Immobilienmärkte sind jetzt ein erhebliches Risiko für die Weltwirtschaft, so das US-Finanzmedienunternehmen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Vera von Lieres

Vera von Lieres gehört seit September 2022 zum DWN-Team und schreibt als Redakteurin über die Themen Immobilien und Wirtschaft. Sie hat langjährige Erfahrung im Finanzjournalismus, unter anderem bei Reuters und führenden Finanzmedien in Südafrika. Außerdem war sie als Kommunikations- und Marketing-Spezialistin bei internationalen Firmen der Investment-Branche tätig.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...