Wirtschaft

Der Westen hat Afrika für immer verloren

Es ist nicht lange her, dass fast die gesamte Infrastruktur in Afrika vom Westen gebaut wurde. Doch diese Rolle hat nun China übernommen. Denn die Neue Seidenstraße reicht weit.
Autor
13.08.2023 18:08
Aktualisiert: 13.08.2023 18:08
Lesezeit: 4 min
Der Westen hat Afrika für immer verloren
Ein chinesischer Ausbilder der Mombasa-Nairobi Railway unterhält sich mit seinem Schüler. Die Mombasa-Nairobi Standard Gauge Railway in Kenia ist ein Vorzeigeprojekt der Zusammenarbeit zwischen Afrika und China. Foto: Wang Guansen

Noch in den 1990-er Jahren erhielten westliche Unternehmen in Afrika etwa 80 Prozent der Aufträge zum Bau von Infrastrukturprojekten. Doch dann startete China einen Vorstoß auf den Kontinent, bei dem chinesische Unternehmen dazu ermutigt worden, auf der Suche nach Märkten und Rohstoffen ins Ausland zu gehen - auch nach Afrika.

Im Jahr 2013, als Xi Jinping chinesischer Präsident wurde, führten westliche Firmen nur noch 37 Prozent der afrikanischen Infrastrukturprojekte durch. Damit hatte der Westen aber weiterhin einen größeren Anteil als die chinesischen Firmen mit nur 12 Prozent der Infrastrukturprojekte Projekte, so ein neuer Bericht der Hinrich-Stiftung, einer philanthropischen Organisation mit Sitz in Asien.

Doch seitdem hat sich das Blatt genau umgekehrt, wie der Bericht über Afrikas wachsendes Gewicht im globalen Handel und in der Geopolitik zeigt. Im vergangenen Jahr entfielen auf chinesische Unternehmen 31 Prozent der afrikanischen Infrastrukturverträge mit einem Wert von mindestens 50 Millionen Dollar, verglichen mit nur noch 12 Prozent für westliche Firmen.

Neue Seidenstraße reicht bis nach Afrika

Chinesische Unternehmen haben auf dem gesamten afrikanischen Kontinent Projekte im Wert von mehreren Milliarden Dollar fertiggestellt, darunter Häfen, Eisenbahnstrecken, Autobahnen, Brücken und Wasserkraftwerke. Angetrieben wurden diese Projekte von Pekings weitreichender Neuen Seidenstraße (englisch: Belt and Road Initiative oder BRI), die im Jahr 2013 gestartet wurde.

"Dies ist eine große Veränderung gegenüber 1990, als US-amerikanische und europäische Unternehmen 85 Prozent der afrikanischen Bauaufträge erhielten", heißt es in der Studie von Keith Rockwell, einem ehemaligen Direktor der Welthandelsorganisation. Als Beispiele für Megaprojekte im Rahmen Neuen Seidenstraße Megaprojekte nennt er die Eisenbahnstrecken in Kenia und Äthiopien sowie Häfen in Dschibuti und Nigeria.

Nach Schätzungen des Green Finance and Development Centre an der Fudan-Universität in Shanghai hat das Engagement im Rahmen der Neuen Seidenstraße in den letzten zehn Jahren weltweit die Marke von einer Billion Dollar überschritten. Rockwell weist darauf hin, dass China auch der größte Handelspartner für Afrika ist, mit einem Handelsvolumen von 250 Milliarden Dollar im Jahr 2021, verglichen mit 62 Milliarden Dollar im Handel mit den USA.

Der Studie zufolge beliefen sich die chinesischen Infrastrukturprojekte in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara in den letzten zwei Jahren auf insgesamt 155 Milliarden Dollar, und diese Investitionen hätten Peking Einfluss auf die afrikanischen Regierungen verschafft. Im Gegensatz dazu beliefen sich die gesamten ausländischen Direktinvestitionen der USA in Afrika im Jahr 2021 auf 44,8 Milliarden Dollar.

Der Analyst Aly-Khan Satchu sagte, China sei bei der Finanzierung innovativer gewesen und habe seine strategische Ausrichtung auf den Kontinent deutlich schneller vollzogen. "In der Anfangsphase war die Bilanz Afrikas von einer Umstrukturierung und einem Schuldenerlass geprägt, sodass ein beträchtlicher Spielraum vorhanden war, und Chinas Kreditvergabe spiegelte dies in der 'aggressiven' Anfangsphase wider", zitiert ihn die South China Morning Post.

Rockwell wies jedoch darauf hin, dass China bei seinen Geschäften mit Afrika mit einigem Gegenwind zu kämpfen hat. Die Kreditvergabe im Rahmen Neue Seidenstraße sei von 2021 bis 2022 um mehr als die Hälfte auf 7,5 Milliarden Dollar zurückgegangen, während die Gesamtkreditvergabe von 28,4 Milliarden Dollar im Jahr 2016 auf 1,9 Milliarden Dollar im Jahr 2020 gesunken sei.

"Ein Teil davon ist auf die Schwierigkeiten einiger afrikanischer Länder bei der Erfüllung ihrer Schuldenverpflichtungen zurückzuführen", so Rockwell. Zudem seien Projekte wie eine Eisenbahn in Kenia und ein Verkehrsbeleuchtungsprojekt in Ghana in der Öffentlichkeit umstritten gewesen. Dennoch seien die Beziehungen zwischen China und Afrika "breit und tief" und würden wahrscheinlich noch viele Jahre lang stark bleiben.

Der Westen kann China nicht mehr einholen

Der Studie zufolge liegt China im Wettbewerb der Großmächte um die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen in Afrika klar vorn. Während der Ära von Präsident Donald Trump haben die USA Afrika den Rücken gekehrt, und die Beziehungen zwischen Europa und seinen ehemaligen afrikanischen Kolonien verschlechterten sich, und China hat sich "beeilt, diese Lücke zu füllen".

Dazu gehören die Erkundung und der Abbau wichtiger Metalle wie Kobalt und Lithium, die wichtig für die Herstellung von wiederaufladbaren Batterien sind für Elektrofahrzeuge und Solarzellen sind. Die Studie stellt fest, dass chinesische Unternehmen ihren Konkurrenten aus den USA und der Europäischen Union bei der Umwandlung von Metallen in Rohstoffe für Batterien den Rang abgelaufen haben.

Chinesische Unternehmen beziehen jetzt Lithium aus Simbabwe und Namibia, während die Demokratische Republik Kongo und Sambia die besten Quellen für Kobalt sind. Chinas Anteil an der weltweiten Lithiumraffineriekapazität beträgt 58 Prozent, und bis ähnliche Anlagen in Europa, den USA oder Afrika selbst in Betrieb genommen werden, wird China der Hauptabnehmer für Afrikas Lithium sein, so die Studie unter Berufung auf die Internationale Energieagentur.

Um Chinas Neuer Seidenstraße entgegenzuwirken, haben G7-Staaten im vergangenen Jahr 600 Milliarden Dollar über fünf Jahre für die Partnerschaft für globale Infrastruktur und Investitionen zugesagt. Afrika wird wahrscheinlich der Hauptempfänger dieser Mittel sein. Die USA haben zugesagt, den Bau der Lobito-Korridor-Eisenbahnlinie zu finanzieren, die Mineralien aus der Demokratischen Republik Kongo und Sambia zum Hafen an der Atlantikküste Angolas transportieren soll.

Die Europäische Union stellte 2021 das Global Gateway vor, mit dem zwischen 2021 und 2027 bis zu 300 Milliarden Euro an Investitionen mobilisiert werden sollen, um chinesischen Investitionen in Entwicklungsländern, auch in Afrika, entgegenzuwirken. Satchu sagte, China habe in Afrika einen "uneinholbaren Vorsprung" und verfüge nach mehr als zwei Jahrzehnten des Engagements über erhebliche Standbeine vor Ort.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Diplomatie oder Krieg? Der Countdown im Nahen Osten läuft
20.06.2025

Die USA erwägen einen Angriff auf den Iran – in nur zwei Wochen könnte die Entscheidung fallen. Derweil drängen Europa und...

DWN
Technologie
Technologie Europas E-Auto-Interesse schwindet: Verbraucher unzufrieden mit Ladepreisen
20.06.2025

Trotz Klimazielen sinkt Europas Interesse an E-Autos. Hohe Preise und unzufriedene Kunden bremsen die Wende – die USA sind inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Feiertage abschaffen: Wirtschaftlicher Nutzen bleibt fraglich
20.06.2025

Bringt die Abschaffung von Feiertagen wirklich mehr Wirtschaftswachstum? Eine aktuelle Studie analysiert reale Beispiele aus mehreren...

DWN
Politik
Politik Internationales Wirtschaftsforum in St. Petersburg: Putin spricht zur Weltlage – und Selenskyj stellt seine Legitimität infrage
20.06.2025

Während Russland sich beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg als globaler Akteur inszeniert, stellt die Ukraine Putins...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX aktuell: Börse erholt sich zum Start in den Freitagshandel nach mehreren Verlusttagen
20.06.2025

Der DAX hat eine schwierige Woche hinter sich – doch am Freitag zeigt sich Hoffnung. Die Anleger blicken auf politische Entwicklungen und...

DWN
Politik
Politik Iran-Israel-Krieg: Europäische Initiative zur Lösung des Atomkonflikts
20.06.2025

Der militärische Konflikt zwischen Israel und dem Iran spitzt sich weiter zu – doch parallel bemühen sich europäische Diplomaten um...

DWN
Technologie
Technologie EU-Energielabel für Smartphones kommt
20.06.2025

Ein neues EU-Energielabel soll Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Kauf von Smartphones und Tablets künftig zeigen, wie effizient,...

DWN
Finanzen
Finanzen Analysten warnen: Ein globaler Börsencrash rückt näher
20.06.2025

Ein Börsencrash droht – das ist die Meinung einiger Aktienexperten. Der Grund: Der Nahost-Konflikt könnte die Ölpreise treiben und...