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EU-Sanierungsgesetz: Nicht so schlimm wie befürchtet

Lesezeit: 3 min
11.12.2023 11:31  Aktualisiert: 11.12.2023 11:31
Die EU hat sich auf eine finale Version der Gebäuderichtlinie geeinigt. Hausbesitzer können leicht aufatmen: Eine allgemeine Sanierungspflicht wird es nicht geben. Trotzdem werden die energetischen Anforderungen erheblich verschärft.
EU-Sanierungsgesetz: Nicht so schlimm wie befürchtet
Nationale und europäische Vorgaben zur Energieeffizienz machen Immobilien-Eigentümern schwer zu schaffen. (Foto: dpa)

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Die umstrittene EU-Gebäuderichtline (EPBD) wird milder umgesetzt als ursprünglich geplant. Die EPBD-Reform wurde am 7. Dezember im Trialog zwischen Unterhändlern des Parlaments und der EU-Mitgliedsländer und der Kommission vorläufig beschlossen. Jetzt müssen noch der EU-Rat und das Europaparlament formal zustimmen.

Die EU-Kommission hatte den Vorschlag zur Gebäuderichtlinie erstmals Ende 2021 vorgelegt. Gebäude seien für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich. Wenn Häuser besser gedämmt und mit modernem Heizsystemen ausgestattet sind, könne das den externen Energiebedarf massiv senken. Die EPBD-Regelung ist Teil des Klimapakets "Fit for 55", mit dem die EU-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden sollen.

Das Endziel bleibt bestehen. Bis 2050 sollen sämliche Gebäude kliamneutrale Passivhäuser sein, also netto keinerlei CO2-Emissionen mehr verursachen. Neubauten müssen ab 2030 klimaneutral sein.

Kontroverse Sanierungspläne

Ursprünglich war zudem angedacht, dass ab 2033 sämtliche Bestands-Gebäude mindestens die Effizienzklasse D und bis 2030 Klasse E vorweisen müssen.

Die Zwangssanierungspläne hatten im EU-Parlament für kontroverse Diskussionen gesorgt. Denn es hätte faktisch eine Sanierungspflicht für die energetisch schwächsten Immobilien zur Folge gehabt. Es drohten enorme Renovierungskosten, was insbesondere für Eigentümer in strukturschwachen ländlichen Regionen schnell existenzbedrohend sein kann.

EU-Parlamentarier der CDU-Fraktion sprachen von mindestens 100.000 Sanierungskosten für schlecht gedämmte Eigenheime und einem „Angriff auf ländliche Gebiete und Kleinstädte mit vielen Einfamilienhäusern“. Der Eigentümerverband Haus & Grund hatte vor einem dramatischen Wertverlust gerade bei älteren Gebäuden gewarnt, sollten die EU-Regeln tatsächlich so umgesetzt werden.

Die Tragweite wäre enorm gewesen. Laut Zahlen des Bundeswirtschaftsministeriums, das im Rahmen der 2020 veröffentlichten „langfristigen Renovierungsstrategie“ eine Verteilung der Energieklassen ermitteln ließ, sind 59 Prozent aller deutschen Wohnimmobilien in den schlechtesten Effizienzklassen E-H zu finden.

Betroffen sind vor alle Ein- und Zweifamilienhäuser, wovon allein ein Viertel die Energiekategorie H aufweist.

Mildere Energiespar-Vorgaben als befürchtet

So hart wird es nun aber nicht kommen. Statt einer allgemeinen Sanierungspflicht wird es Zwischenziele zur Erhöhung der Energieeffizienz des Immobilien-Bestandes geben.

Die Einigung gibt nun vor, dass der durchschnittliche Primärenergieverbrauch von Immobilien bis 2030 um mindestens 16 Prozent und bis 2035 um mindestens 22 Prozent gesenkt werden muss. Es liegt damit letztlich im Ermessen der einzelnen Mitgliedsstaaten, mit welchen Maßnahmen, Anreizsystemen und möglicherweise Sanktionen sie diese Zielvorgaben erreichen wollen.

Der Fokus soll weiterhin auf den am schlechtesten sanierten Gebäuden liegen. Der Kompromiss sieht vor, dass hier insgesamt 55 Prozent der energetischen Einsparungen erzielt werden müssen. Als "schlechter Bestand" werden in diesem Kontext die 43 Prozent der Gebäude mit dem höchsten Energieverbrauch definiert.

Strenge EU-Vorgaben wird es nur für Nicht-Wohngebäude geben. Die 16 Prozent der am schlechtesten sanierten Objekte müssen bis 2030, die 26 Prozent schlechtesten bis 2033 renoviert werden. Beschlossen wurde auch der Ausstieg aus Heizungen mit fossilen Brennstoffen. Die EU-Staaten sollen hier einen Fahrplan bis zum Jahr 2040 implementieren. Darüber hinaus soll die Installation von Solaranlagen bis 2030 in neuen Wohngebäuden verpflichtend werden, sofern es technisch und wirtschaftlich sinnvoll ist.

Der CDU-Sozialpolitiker Dennis Radtke sagte nach der Einigung: "Für Millionen Eigentümer und Mieter in Deutschland ist das eine beruhigende Nachricht. Omas Häuschen ist sicher." Der Eigentümerverband Haus & Grund zeigte sich erleichtert und erklärte, die Gefahr eines massiven Wertverfalls von Immobilien sei nun vorerst gebannt.

Auch der Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Axel Gedaschko, sprach von einem "großen Schritt in die richtige Richtung". Die Abkehr von den ursprünglich geplanten Mindestenergieeffizienz-Standards, die zu einer gebäudespezifischen Sanierungspflicht geführt hätten, sei ein positives Signal und mache das gesamte Vorhaben umsetzbarer.

Hausbesitzer weiter stark unter Druck

Es bleibt abzuwarten, wie die Zwischenziele in Deutschland umgesetzt werden. Hausbesitzer können indes nur bedingt aufatmen. Das Endziel "Passivhaus bis 2050" ist immer noch intakt. Und das deutsche Gebäude-Energie-Gesetz, welches nach einigen Verzögerungen Anfang September verabschiedet wurde, verursacht schon für sich genommen gewaltige Kosten.

Jede neue Heizung muss nach GEG zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Für bestehende Heizsysteme sind Überhangsfristen geplant, die nun mit der EU-Gebäuderichtlinie in Einklang gebracht werden müssen. FDP-Energieexperte Michael Kruse bezifferte die Kosten nur durch das Heizungsgesetz in einer groben Betrachtung auf mindestens 2.400 Milliarden (80.000 Euro je Wärmepumpe bei 30 Millionen Haushalten mit fossilen Heizsystemen). Auf Immobilienbesitzer kommt also auch bei einer abgeschwächten EU-Richtlinie einiges an Renovierungskosten zu.

Zum Autor:

Jakob Schmidt ist studierter Volkswirt und schreibt vor allem über Wirtschaft, Finanzen, Geldanlage und Edelmetalle.


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